Barsinghausen. . Beim deutschen Sieg gegen die Färöer zeigte sich, welche vielfältigen Optionen Bundestrainer Joachim Löw im Mittelfeld hat. Beim zweiten WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich am Dienstag in Wien könnte der Zauberfußball der Nationalmannschaft der Sicherheit weichen. Toni Kroos könnte Mario Götze ersetzen.

Irgendwann im Laufe dieser ersten WM-Qualifikationspartie sah sich Mesut Özil sogar dazu veranlasst, eine ziemlich ausgedehnte Strecke recht eilig zu bewältigen. Quer über den Platz, hinüber zur rechten Verteidigungsflanke der eigenen Einheit. Am Ende hatte Özil den Ball an den Füßen und wirkte auf einmal ziemlich sorglos. Welcher von den Nordmännern könnte ihm auch sein Lieblingsspielzeug abnehmen? Lars Olsen, der Trainer dieser Färöer-Auswahl, die ein angenehmer Sparringpartner für die deutsche Nationalmannschaft vor deren Kampf gegen Österreich war, gab nach der 0:3-Niederlage von Hannover zum Besten: „Wir versuchen, ein bisschen mehr Fußball zu spielen.“ Er meinte es allerdings generell, nicht auf den Spezialfall bezogen: „Ich weiß, es hat nicht so ausgesehen.“

Özil lobt seine Mitspieler bei der Nationalelf

Unter anderem hatte es nicht so ausgesehen, weil das Ensemble des Gegners sich erwartungsgemäß als übermächtig erwies und nur die Chancen in so präzisier Regelmäßigkeit liegen ließ, als müssten auf dem Weg Richtung Brasilien Orientierungsmarken hinterlassen werden, um ein Verirren bei der Heimreise auszuschließen. Özil schien das nicht zu beunruhigen. Das dürfte seine Ursache vor allem darin gehabt haben, dass der Madrilene selbst zwei reichlich trockene Treffer zum Erfolg beigetragen hatte. Über die selbstverständliche Zufriedenheit mit seiner eigenen Leistung hinaus zeigte sich Özil jedoch auch außerordentlich einverstanden mit den Akteuren, die sich um ihn herum getummelt hatten. Und das kann als hauchzart formulierter Hinweis an Bundestrainer Joachim Löw gewertet werden.

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Ob es von Özil so geplant war, das ist die Frage. So, wie der 23-Jährige mit seinen großen braunen Augen auf die Welt schaut, könnte er ja auch aus einem Kinderbuch gefallen sein. Unschuldig staunend, sehnsuchtsvoll darauf wartend, dass er wieder zurückgeholt wird. In der Welt der Erwachsenen hat dennoch alles Gewicht, was er äußert. „Ich hatte viele Anspielstationen“, erklärte Özil, und dann hat er die Anspielstationen aufgelistet. Namentlich. Miroslav Klose, Marco Reus, Mario Götze, Thomas Müller. Alles Jungs, die ein bisschen wie er mit dem Ball herumspielen können, und die sich „gut bewegen“, die sich eben so bewegen, dass die Bälle, die er selbst mit bedeutender Kunstfertigkeit arrangiert, nicht irgendwo im Nirgendwo verenden.

Zur Erinnerung: Um ein leistungsförderndes Wohlfühlklima für den damals noch sehr jugendlichen Artisten zu schaffen, hat Löw sich im September 2009 tatsächlich zu einem Systemumsturz entschieden. Der kam überraschend, weil der Bundestrainer sein 4-4-2-Credo bis dahin verteidigt hatte wie ein Adler seinen Horst. Um Özil im nun etablierten 4-2-3-1 glücklicher zu machen, als er es noch bei einer für ihn durchwachsenen EM war, könnte der Chef sich jetzt dazu entschließen, ihn ständig mit möglichst vielen echten Spielkameraden zu umgeben. Gegen die harmlosen Färöer hat er es bereits getan. Klose focht vorn, Özil wie immer mittig dahinter, Reus auf der linken, Müller auf der rechten Offensivseite. Und Götze durfte fast bis zum Schlusspfiff zwischendrin mitmachen.

Lässt Löw Toni Kroos statt Mario Götze spielen?

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Begeistert zeigte sich der Bundestrainer anschließend von seinem Fädchenzieher. „Ich denke, dass Mesut der überragende Spieler auf dem Platz war“, verkündete er und lobte die Länge der bewältigten Strecken, die Zahl der Ballkontakte und der offensiven Aktionen. Dass trotz dieser Fülle lediglich drei Tore auf der Anzeigentafel verzeichnet wurden, missfiel Löw dagegen. Er führte es auf einen Mangel an „Kaltschnäuzigkeit“ zurück, die in näherer Zukunft bei den Auftritten seiner Bayern- und Dortmund-Protagonisten in der Champions League eingeübt werden könne. Recht kaltschnäuzig hatte sich jedoch der erst 20-jährige Götze präsentiert, als er nach rasantem Solo das einzige Tor in Halbzeit eins erzielte. Und durch besonders wenig Kaltschnäuzigkeit machte Klose auf sich aufmerksam, der 34-jährige Extremroutinier.

Für das WM-Qualifikationsspiel Nummer zwei am Dienstag in Wien gegen die als aufstrebend erkannten Österreicher wird Löw sich möglicherweise dazu entscheiden, etwas Spiellust abzulassen und dafür etwas Sicherheit dazuzutanken. Eine besonders vorsichtige Variante wäre in Abwesenheit von Bastian Schweinsteiger: Lars Bender in der Mittelfeldzentrale gemeinsam mit Sami Khedira. Eine ein wenig weniger vorsichtige: Toni Kroos, der nach Hüftproblemen wieder dabei sein kann, statt Götze. Interessant daran ist, dass eigentlich nur noch über die Götze-Personalie spekuliert werden kann, obwohl Löw die Österreicher mit ihren gestandenen Bundesligaprofis für brandgefährliche Widersacher hält. Özil, der bei der EM noch häufig mit Lukas Podolski (links) und Mario Gomez (verletzungsbedingt nicht im Team) kooperieren musste, findet jedoch, man könne seinen Spielkameraden vertrauen. Und zwar in jeder Hinsicht. Nicht kaltschnäuzig genug? „Sonst sind der Miro Klose oder Marco Reus vor dem Tor eiskalt.“