München. Aus einem Spaß der Bayern-Spieler Tonis Kroos und Franck Ribery wird jetzt bitterer ernst. Im Spiel gegen Hertha BSC hatten sie mit “Schnick Schnack Schnuck“ ausgeknobelt, wer den nächsten Freistoß schießen darf. Für viele Fachleute ein Zeichen von unnötiger Arroganz und Respektlosigkeit gegenüber dem Gegner.

Respektlosigkeit oder nur ein Zeichen der wiedergefundenen Spielfreude? Das Ausknobeln des Freistoßschützen zwischen Franck Ribery und Toni Kroos beim 6:0-Kantersieg Bayern Münchens bei Hertha BSC sorgte im Nachgang für einigen Gesprächsstoff. 'Man sollte immer berücksichtigen, dass es bei der Hertha um gnadenlosen Abstiegs- und Existenzkampf geht. Dementsprechend müssen wir uns professionell und respektvoll verhalten', sagte Sportdirektor Christian Nerlinger: 'Natürlich ist die Stimmung bei uns gut, da passiert so etwas mal.'

Insgeheim dürfte es Nerlinger aber auch egal sein, was die Bayern-Spieler auf dem Feld machen - wenn sie nur immer so dominant und spielfreudig auftreten wie in der vergangenen Woche. 'Wir wollten eben beide schießen', sagte Kroos und beschrieb den Vorgang in der 26. Minute, wollte aber von Respektlosigkeit oder Verhöhnung nichts wissen: 'Das hatte doch mit dem Gegner wenig zu tun.'

Ribery verteidigt Spielerei und kündigt weitere Knobelduelle an

Und Ribery, der das Schnick-Schnack-Schnuck mit 'Papier gewann', kündigte bereits weitere heiße Knobelduelle an: 'Das ist Spaß für ihn und mich. Das ist positiv. Das nächste Mal hoffe ich wieder, dass ich gewinne.' Auch beim unterlegenen Gegner wollte man von Verhöhnung nichts wissen. 'Sie können sich so etwas im Moment eben einfach leisten', sagte ein demoralisierter Christian Lell. Ach ja, der Freistoß brachte im Übrigen nichts ein.

"Ich finde, dass so etwas nicht in den Fußballsport gehört. Das ist despektierlich dem Gegner gegenüber", sagte Mario Basler, selbst früherer Profi beim FC Bayern, in der Sportsendung "Doppelpass" am Sonntag.

Bremens Trainer Schaaf vermisst Respekt bei Bayern-Spielern

Auch Thomas Schaaf sah die Aktion kritisch. "Ich hätte so ein Verhalten bei meinen Spielern intern und öffentlich angesprochen. Bei Hertha brennt der Baum, in dieser Situation muss man dem Gegner den nötigen Respekt zollen", sagte der Trainer von Werder Bremen.

Bereits am 14. Spieltag dieser Saison hatten sich die Gladbacher Marco Reus und Mike Hanke beim 3:0-Sieg beim 1. FC Köln auf dieselbe Art und Weise über die Ausführung des Freistoßes geeinigt.

Eindrucksvolle Dominanz von Bayern München

Die Bayern wirkten nach drei Pflichtspielsiegen und 20 erzielten Toren innerhalb einer Woche gelöst. Und Nerlinger, der nach Bayern Münchens 6:0 (3:0) in Berlin den kranken Trainer Jupp Heynckes auf der Pressekonferenz vertrat, wollte gerne darüber reden, wie das ist mit der wiederentdeckten Stärke und dem "Ruck", der durch die Mannschaft gegangen ist. Ohne Frage, wer den Aussagen der Münchner Spieler und den ausgelassenen Gesängen der Fans noch weit nach Spielende lauschte, bekam durchaus ein Gefühl für das, was die vergangene Woche beim FC Bayern ausgelöst hat.

Rein sportlich haben die Bayern zurzeit alle Argumente auf ihrer Seite. Mit eindrucksvoller Dominanz gingen sie wie schon zuvor gegen Basel und Hoffenheim in das Spiel gegen eine sichtbar verunsicherte und taktisch schlecht eingestellte Berliner Mannschaft. Ribery nutzte die Freiräume und fehlende Klasse des jungen und überforderten Berliner Verteidigers Fanol Perdedaj (Rehhagel: "Das war ein Fehler") auf dem linken Flügel. Mit aggressivem Pressing, hohem Tempo bei eigenem Ballbesitz und direktem, vertikalem Spiel wirbelte Bayerns Offensivabteilung Herthas Hintermannschaft im Minutentakt durcheinander. Nichts war mehr zu sehen vom pomadigen und einfallslosen Ballgeschiebe im Mittelfeld, das den Bayern zuletzt vor allem auswärts zwar stets katalanische Ballbesitzstatistiken, aber eher Berliner Punkteausbeute beschert hatte.

Für Christian Nerlinger waren es daher die kleinen Dinge, die passten. "Wie die Mannschaft zusammen jubelt oder gemeinsam arbeitet auf dem Platz", stimme ihn zuversichtlich. Es waren die bereits dokumentierten Grundtugenden, die Heynckes nach dem 0:2 in Leverkusen gefordert hatte. Selbst die schlechten Platzverhältnisse, in Mönchengladbach (1:3) und Basel (0:1) noch oft als Verhinderer bajuwarischer Spielkunst ausgemacht, konnten die Spiellaune des Rekordmeisters nicht trüben. (sid/dapd)