Baku. Am Mittwoch steht ein Weltmeisterschafts-Qualifikationsspiel an, das für die deutsche Nationalmannschaft besondere Brisanz hat: Auf Aserbaidschans Bank sitzt der ehemalige Bundestrainer Berti Vogts.

Es gibt eine Strandpromenade wie auf Mallorca, Wasser, Wellen und angeblich auch gutes Wetter – nur gestern nicht. Es regnete. Wolken hingen über dem Kaspischen Meer. In der Luft lag ein seltsames Gemisch aus dem Duft, der vom Strand herüberkommt, und dem Gestank, den uralte Autos in der Stadt hinterlassen. Ein bisschen sieht es aus wie in der Türkei, hier in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, vier Flugstunden von Frankfurt entfernt.

Büro mit Meerblick

Wenn Berti Vogts aus dem Fenster seines Büros blickt, kann er das Kaspische Meer sehen. „Die Menschen sind sehr freundlich hier”, sagt der 62-Jährige: „Sie werden den Deutschen eine herzlichen Empfang bereiten.” Morgen Abend um 18 Uhr MESZ (in Baku ist uns die Zeit um drei Stunden voraus) spielt Deutschland in der WM-Qualifikation in Aserbaidschan. Ein Nullachtfünfzehn-Spiel für Leute wie Michael Ballack. Wenn da nicht auf der Bank des Gegners Berti Vogts sitzen würde. Es gibt ein Wiedersehen mit dem ehemaligen Bundestrainer, der von 1990 bis 1998 die Verantwortung für den deutschen Fußball trug. Zum Schluss mehr schlecht als recht. Im Herbst 1998 warf er das Handtuch.

Man kennt das noch, was Berti Vogts damals immer gesagt hatte: Nämlich, dass es im Fußball keine Kleinen mehr gibt, rein fachlich. Nun ist er selbst bei den ganz Kleinen gelandet: Aserbaidschan wird in der Fifa-Weltrangliste auf Platz 137 geführt, hinter Äthiopien, vor Neukaledonien. In fünf WM-Qualifikationsspielen unter Vogts hat die Mannschaft noch kein Tor geschossen. Würde es gegen Deutschland einen Treffer geben, wäre das für Vogts wie „ein erstrangiger Lottogewinn”. Realistischer ist: „Wenn wir in Baku knapp und beim Rückspiel nicht zu hoch verlieren, sind wir sehr zufrieden.”

Das Glück in der Fremde nicht gefunden

Es ist schwer zu verstehen, was Berti Vogts antreibt, immer wieder solche Jobs zu übernehmen: Das Glück in der Fremde hat er jedenfalls bei seinen diversen Auslands-Abenteuern nicht gefunden. In Schottland ging er einst als der erfolgloseste Nationaltrainer aller Zeiten in die Geschichte ein, in Kuwait und Nigeria wurde er auch nicht gerade auf Händen getragen, seit 2008 sieht er seine „Mission” nun darin, in Aserbaidschan eine Mannschaft aufzubauen, die in einigen Jahren „europäische Ansprüche erfüllen kann”.

Es muss die Droge Fußball sein, von der er nicht loskommt. Und da sich die Nachfrage aus der Bundesliga seit seinem missglückten Gastspiel bei Bayer Leverkusen in der Saison 2000/ 2001 in überschaubaren Grenzen hält, sieht er sich nun eben als eine Art Rudi Gutendorf der Neuzeit. Obwohl er sich nach wie vor eine Rückkehr in den deutschen Fußball vorstellen kann: „Vielleicht nicht als Trainer, sondern als Technischer Direktor.”

Autofahren ist lebensgefährlich

Draußen wird es dunkel in Baku, auf den Straßen rollt der Verkehr immer noch ungebremst. „Autofahren ist hier lebensgefährlich”, lächelt Uli Stein, „die befahren die dreispurigen Straßen am liebsten fünfspurig.” Uli Stein? Genau der. Vogts hat den Ex-Bundesliga-Keeper als Torwart-Trainer mit nach Aserbaidschan genommen; der frühere Kölner Olaf Janßen ist ebenfalls Assistent. Eine deutsche Combo am Kaspischen Meer, die komplettiert wird durch einen Arzt und einen Physiotherapeuten. Etwa drei Wochen pro Monat leben sie hier in Baku im Hotel, zwischendurch geht es in die Heimat. Wie lange sie noch bleiben werden, ist ungewiss: Zunächst einmal ist eine Zusammenarbeit bis zum Ende der WM-Qualifikation im Oktober vereinbart. Nach dem Rückspiel am 9. September in Hannover soll weiteres besprochen werden.

Bundestrainer Joachim Löw warnte gestern auf dem Hinflug nach Baku eindringlich davor, diese Combo auf die leichte Schulter zu nehmen, weil das sonst „verhängnisvoll” ausgehen könne. Das muss wohl so sein im Fußball. Russland, der deutsche Rivale beim Kampf um die WM-Qualifikation, gewann zu Hause mit 2:0 gegen Aserbaidschan. Vogts hält Deutschland für stärker. Das bisher letzte Mal hat er 2003 gegen die DFB-Elf gespielt, mit den Schotten in der EM-Qualifikation. Zumindest gab es damals einen kleinen Achtungserfolg: Ein 1:1 im Hinspiel, und eine 1:2-Niederlage in Dortmund.