Baku. Bundestrainer Joachim Löw vertraut im WM-Qualifikationsspiel gegen den von Berti Vogts trainierten Außenseiter Aserbaidschan auf das Sturmduo Gomez/Klose und auf Torhüter Robert Enke. Unterschätzt werde der Gegner nicht: "Wir wissen um die Bedeutung des Spiels".

Der Einstand von Joachim Löw war schon mal nicht so besonders geschickt. Eigentlich sollte es so sein, dass der Bundestrainer am Tag vor einem Länderspiel selbst zur Pressekonferenz erscheint – das erwarten vor allem auch die Gastgeber. Gestern stand Löw jedoch nur den deutschen Radio- und Fernsehsendern zur Verfügung; zum einzigen offiziellen Termin für die Kollegen aus Aserbaidschan erschien Manager Oliver Bierhoff. Und der musste sich prompt die leicht provokante Frage gefallen lassen: Wird Löw denn wenigstens auf dem Platz die erste Elf aufbieten, wenn er schon zur Pressekonferenz nur einen Ersatzmann schickt? Bierhoff beruhigte die Gemüter der Gastgeber. Es werde die beste deutsche Mannschaft spielen. Ganz sicher.

Bundestrainer Joachim Löw im Training mit Bastian Schweinsteiger. Foto: imago
Bundestrainer Joachim Löw im Training mit Bastian Schweinsteiger. Foto: imago © imago sportfotodienst

Zu etwas anderem gibt es ja auch keinen Grund, auch wenn der Gegner Aserbaidschan heißt und von Berti Vogts trainiert wird. Doch schließlich ist es kein Feld-, Wald- und Wiesenspiel, wie meistens zum Start in eine neue Länderspiel-Saison. Sondern es geht heute Abend (Mittwoch, 12. August, 18 Uhr MESZ, ARD live) in Baku schon um die Teilnahme an der WM 2010 in Südafrika.

Eigentlich herrscht ja immer die Meinung vor, dass sich die Qualifikation der deutschen Mannschaft beim Spiel am 10. Oktober in Russland entscheiden wird. Doch im Grunde genommen ist dies verkehrt. Denn genauso wichtig ist es, in den Spielen gegen die vier anderen Gruppengegner möglichst alle Punkte abzuräumen. Einen Ausrutscher hat sich die DFB-Elf da schon erlaubt: Im vergangenen September beim 3:3 in Finnland. Ein weiterer könnte „verhängnisvoll” sein, warnt Löw. Denn dann wäre die Tabellenführung in der WM-Qualifikationsgruppe 4 – Deutschland (16 Punkte) liegt gegenwärtig vor Russland (15) – möglicherweise vor dem Spiel in Moskau schon futsch. Also gab sich Kapitän Michael Ballack ungeachtet von Gegner und Gegebenheiten gestern fest entschlossen: „Wir wissen um die Bedeutung des Spiels.” Stolpern beim Berti ist verboten.

Auf Bewährtes verlassen

Weil der Schauplatz des Geschehens so weit entfernt ist (Aserbaidschan liegt hinter der Türkei und noch ein Stückchen weiter, im Norden ist Russland, im Süden der Iran), weil also alles so ungewohnt ist, zog Löw mit seiner Mannschaft schon zwei Tage vor dem Spiel ins unbekannte Land. So hatte er die Möglichkeit, noch zwei anständige Trainingseinheiten vor Ort abzuhalten. Dabei hat er sich im Wesentlichen auf Bewährtes verlassen: Mit dem Wolfsburger Linksverteidiger Marcel Schäfer spielt voraussichtlich nur eine weniger erfahrene Kraft, weil Philipp Lahm künftig lieber auf der rechten Seite eingesetzt werden möchte. Ansonsten: Klose und Gomez im Sturm, Ballack im Mittelfeld, Enke im Tor. Kein Raum für Experimente, und auch keiner für Diskussionen.

Dass gestern vornehmlich über die Torwart-Frage gesprochen wurde und den Umstand, dass Robert Enke aktuell einen winzigen Tick vor seinen drei Mitbewerbern liegt, sollte für die Partie heute hoffentlich nur eine untergeordnete Rolle spielen. Immerhin hat Aserbaidschan in der kompletten WM-Qualifikation noch kein einziges Tor geschossen. „Aber sie haben auch wenig Gegentore kassiert”, hält Oliver Bierhoff dagegen. Tatsächlich, so viel zur Ehrenrettung, verlor Berti Vogts mit seinen so unbekannten Jungs in den fünf WM-Qualifikationsspielen niemals höher als mit 0:2.

Und heute? Wie viele könnten es diesmal werden? „Wir spielen nicht gegen Honkatonka, sondern wir spielen gegen die beste Mannschaft der Welt. Das ist Deutschland”, sagte Vogts gestern und sorgte wieder für ein wenig Ernüchterung bei den tapferen Kollegen aus Aserbaidschan. Ob er denn gar nicht auf eine Überraschung hoffen würde, wurde er gefragt. Der einstige Bundes-Berti, der sich auch mit 62 Jahren so gar nicht verändert hat, blickte über die vielen großen Mikrofone auf dem Podium in den Saal und sagte: „Das liegt an Deutschland. Wenn die Deutschen uns nicht ernst nehmen, dann könnte es eine Überraschung geben.”