Baku. Michael Ballack, der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, hat sich ganz hohe Ziele gesetzt. Auf dem Weg dorthin war der Sieg in Aserbaidschan Pflicht.
Michael Ballack sieht blendend aus in diesen Tagen. Die verbliebene Urlaubsbräune im Gesicht zeugt von Erholung, und in den Augen spiegelt sich Tatendrang. Ballack hat keine Zeit mehr zu verlieren, wenn er noch etwas mehr erreichen will in seiner Karriere. Er wird demnächst 33 – ein Alter, in dem man als Fußballer nicht mehr langfristig plant, nur noch von Jahr zu Jahr. Dieses Jahr ist die WM-Saison. Südafrika im nächsten Sommer das Ziel.
Obwohl Ballack also anständig eingestellt war, auch der Zehenbruch aus der Vorbereitung keine Belastung mehr darstellte, hat man von dem Kapitän der Nationalmannschaft schon bessere Länderspiele gesehen als beim 2:0-Erfolg in der WM-Qualifikation in Aserbaidschan. Ballack stand damit exemplarisch für die gesamte Mannschaft: „Wir waren nicht in optimalem Zustand. Es ist noch viel Luft nach oben”, erklärte der Mittelfeldspieler in der drangvollen Enge am Mannschaftsbus in Baku. Selbst die aserbaidschanischen Polizisten standen dicht gedrängt um Ballack herum; auch sie wollten einmal einen Blick auf den so prominenten Fußballer des FC Chelsea erhaschen.
Saisonstart kommt erst noch
Für Ballack hat die Saison im Grunde genommen noch gar nicht richtig begonnen, erst am kommenden Wochenende startet er mit seinem Verein in die Premier League. Die Mitspieler hatten zuvor gerade einmal eine Partie in der Bundesliga absolviert, und mit diesem ungünstig wie ungewöhnlich frühen Zeitpunkt in der Saison erklärte Bundestrainer Joachim Löw auch den insgesamt durchwachsenen Auftritt: „Niemand unserer Spieler ist schon in absoluter Top-Verfassung. Das wäre zum jetzigen Zeitpunkt auch ein kleines Wunder.”
Für den Vize-Europameister war es in Aserbaidschan nach den Toren von Bastian Schweinsteiger (12.) und Miroslav Klose (54.) ein Sieg wie für unsereins ein Einkauf beim Discounter: zweckmäßig, preiswert, praktisch. „Ein Pflichtsieg”, sagte Ballack. Denn in einer Gruppe, in der man sich „keinen Ausrutscher leisten” darf (Löw), sind es nun nur noch drei Spiele bis Südafrika. Zweimal tritt die DFB-Elf dabei noch zu Hause an: Im Rückspiel gegen Aserbaidschan (9. September in Hannover) und beim Schlussakkord gegen Finnland (14. Oktober in Hamburg). Zwischendurch steht das vermeintliche Endspiel in Moskau gegen den Tabellenzweiten Russland an.
Löw warnt jetzt schon vor den Finnen
Theoretisch könnte sich Deutschland am 10. Oktober in Moskau vorzeitig das WM-Ticket sichern, doch an einen Sieg in Russland glaubt selbst Löw nicht: „Mein Gefühl sagt mir, dass der letzte Spieltag sehr, sehr entscheidend sein wird. Denn selbst, wenn wir in Russland ein Unentschieden schaffen sollten, müssen wir noch die Finnen schlagen.”
Russland spielt zuvor noch gegen Liechtenstein (5. September) und in Wales (9. September) – und zum Abschluss am 14. Oktober in Aserbaidschan bei den Jungs von Berti Vogts. Das hätte was, wenn ausgerechnet der einstige Bundes-Berti der deutschen Mannschaft Schützenhilfe leisten müsste. Vogts versprach in Baku, dass seine Spieler schon aus historischen und politischen Gründen gegen Russland ganz besonders motiviert sein werden. Doch verlassen sollte man sich lieber nicht darauf. Denn sonst drohen im November die Relegationsspiele. Eine Zitterpartie, wie man von den Duellen gegen die Ukraine im November 2001 noch weiß.
Michael Ballack war auch damals schon dabei; wenn er gesund bleibt, wird er Anfang 2010 sein 100. Länderspiel absolvieren. Eine Karriere auf der Zielgeraden. Viel Zeit bleibt ihm nicht mehr, um sich mit der Nationalmannschaft noch ins Buch der Geschichte einzutragen. Und so verriet der Kapitän in Baku auch, woher der Antrieb kommt, mit dem er in die WM-Saison gestartet ist. Natürlich, sagte er lächelnd, „träumt man vom Titel”.