Dortmund/Heidenheim. Niko Kovac leitet am Sonntag seine erste Einheit als BVB-Trainer. Er muss Mike Tullbergs Arbeit fortführen. Und bekommt Verstärkung.
Niko Kovac war etwas voreilig. Es war 7.45 Uhr am Sonntagmorgen, als Borussia Dortmunds neuer Trainer den Kofferraum des schwarzen Geländewagens öffnete, um die die darin verstauten Trainingstaschen herauszuholen. Kovac, 53, strotzte bereits vor Tatendrang an seinem ersten Arbeitstag, da war die Sonne noch gar nicht so richtig hinter dem Horizont hervorgekrochen.
Doch war er hier überhaupt richtig? Nicht ganz. Die Reisegruppe, zu der neben Kovac dessen Assistenten Robert Kovac und Filip Tapalovic zählten, fuhr an der Sport-Geschäftsstelle in Dortmund-Brackel vor und parkte auf den dazugehörigen Stellplätzen. Doch der Eingang zum Profi-Trakt, in dem Kovac am Vormittag seine erste Debüteinheit leiten sollte, der lag eben auf der anderen Straßenseite. Also verabschiedete sich das Trio und stieg zurück in den Wagen.
Kovacs Mission in Dortmund ist klar: Er soll den BVB in der Tabelle wieder in Richtung der Spitze führen, indem er einen externen Blick auf die Mannschaft wirft, neue Impulse setzt. So wie es in den vergangenen Tagen Interimslösung Mike Tullberg getan hatte, der nun in der U19 wieder seine „Diamanten schleifen“ möchte, jedoch durchaus Eindruck hinterlassen hat und Begehrlichkeiten geweckt haben dürfte. Für Kovac geht es darum, auf diesem Fundament das Team zu entwickeln und in die Lage zu versetzen, spielerische Dominanz über 90 Minuten auszuüben. Am Vortag nämlich gab der 2:1 (1:0)-Erfolg beim 1. FC Heidenheim gut Auskunft über den aktuellen Zustand des BVB.
BVB: Wie Mike Tullberg dem BVB geholfen hat
Da spielten die Profis eine überzeugende erste Halbzeit, doch verloren nach dem Seitenwechsel den Faden. Heidenheim übte plötzlich mehr Druck aus, schnürte die Dortmunder in der eigenen Hälfte. Die Tore von Serhou Guirassy (33.) und des eingewechselten Maximilian Beier (63.) aber reichten für den ersten Bundesliga-Sieg im Jahr 2025. Anteil daran hatte Tullberg, aus dem anschließend die Emotionen heraussprudelten wie Lava aus einem Vulkan. Der Däne, 39, drehte vor dem Gästeblock förmlich durch – und erreichte die Spieler ganz offensichtlich mit seiner leidenschaftlichen Art. „Wie man es auch an der Seitenlinie bei ihm sehen kann: Er hat der Mannschaft viel Energie gegeben“, meinte Innenverteidiger Waldemar Anton, der als Vorlagengeber an Guirassys 1:0 beteiligt war. „Wir haben uns vorgenommen, dass wir zusammenarbeiten, zusammenstehen, und diese Phase durchstehen. Das haben wir in jedem Spiel geschafft – da müssen wir weitermachen.“ Tullbergs Zeit endet mit zwei Siegen und einem Remis.
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Dass sich der BVB damit in der Tabelle oben heran schob, sorgte für große Erleichterung. „Wir haben versucht, von Anfang an sehr positiv zu sein, der Mannschaft Energie zu geben“, sagte Sportdirektor Sebastian Kehl über die Zeit nach der Trennung von Nuri Sahin. „Es gehören am Ende trotzdem Ergebnisse dazu, die haben wir uns erarbeitet. Dann ist die Stimmung besser, dann kommt das eine oder andere an Leichtigkeit dazu.“ Aber, so Kehl, dieser Weg müsse auch unter Niko Kovac der gleiche bleiben. „Wir müssen hart und uns das Glück ein Stück weit verdienen. Und dann ist noch alles drin.“
BVB: Svensson ist schon da, Cherki soll kommen
Der Sportdirektor will dabei helfen, indem er dem neuen Trainer gleich Verstärkungen zur Seite stellt. Am Sonntag hat das schon einmal geklappt. Als Kovac die Profis zum ersten Mal auf den Rasen bat, landete am Dortmunder Flughafen ein Privat-Jet aus Stockholm. Mit an Bord: Daniel Svensson. 22 Jahre alt ist der schwedische Nationalspieler, er steht noch bis 2026 beim dänischen Erstligisten FC Nordsjælland unter Vertrag. Der BVB will ihn erst ausleihen und anschließend fest verpflichten. Dann hätte man eine weitere Kader-Lücke geschlossen. Svensson ist ein Linksverteidiger, der auch im zentralen Mittelfeld einsetzbar ist. In Dänemark schätzt man ihn für seine Zuverlässigkeit und ordentliche Technik, doch Svensson ist eher als Ergänzung zu Ramy Bensebaini zu bewerten, der eine gute Saison spielt. Am Sonntagnachmittag stand eine Verkündung seitens des Klubs noch aus.
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In den letzten Stunden der Transferphase scheint darüber hinaus Schwung in Dortmunds weitere Planungen zu kommen. Der BVB würde sich gerne auch noch qualitativ verstärken, und da ist in den vergangen Tagen Rayan Cherki wieder in den Fokus gerückt. Der 21 Jahre alte Offensivspieler von Olympique Lyon war schon im Sommer Thema, da konnten sich die Bosse aber nicht auf den Franzosen einigen. Nun konkretisiert sich der Transfer offenbar, Cherki soll eine Ablöse in Höhe von 22 Millionen Euro kosten. Das ist zwar deutlich mehr als vor einem halben Jahr – da waren es etwa 15 Millionen Euro – doch das nötige Geld ist ob des Verkaufs von Donyell Malen (25) an Aston Villa vorhanden. Der Niederländer wird mit Bonuszahlungen rund 30 Millionen Euro einbringen.
BVB hat Chukwuemeka und Ramaj im Visier
Und sonst? Interesse hat der BVB zudem an Chelseas Mittelfeldspieler Carney Chukwuemeka (21). Laut Sky plant Dortmund zudem, den deutschen Torwart Diant Ramaj, 23, von Ajax Amsterdam zu verpflichten, um für einen möglichen Abgang von Gregor Kobel (27) im Sommer gewappnet zu sein. Abgänge hat Kehl auch nicht ausgeschlossen. „Lassen Sie sich überraschen“, meinte der Sportdirektor am Samstag in Heidenheim und lächelte vielsagend.