Dortmund. Die Verantwortlichen beim BVB arbeiten mehr gegen- als miteinander. Deswegen müssen weitere klare Entscheidungen fallen. Ein Kommentar.

Es wäre doch mal interessant, wie Matthias Sammer diesen Dienstagabend in Bologna abrechnet: als externer Berater der Geschäftsführung von Borussia Dortmund, oder doch als DAZN-Experte? Beide Rollen hatten ihn ja zum Champions-League-Spiel des BVB beim FC Bologna geführt, und nachdem dieses 1:2 verloren war, sprach der Experten-Berater-Zwitter Sammer bei DAZN vernichtende Sätze über den Zustand der Mannschaft, nach denen spätestens klar war: Nuri Sahin würde als Trainer nicht zu halten sein. Und wenige Stunden später war dann auch offiziell, dass die Borussen zum bewährten Hausmittelchen kriselnder Fußballklubs gegriffen und ihren Trainer gefeuert hatten.

Es musste so kommen. Zu hilflos hatte sich der BVB in Bologna präsentiert, zu klar war er spielerisch unterlegen, zu wehrlos ließen die Schwarz-Gelben die vierte Pflichtspielniederlage im noch jungen Kalenderjahr über sich ergehen. Es fehlte schlicht die Fantasie, dass Sahin das Ruder noch einmal herumgerissen bekommt, obwohl an seinem Fußballsachverstand grundsätzlich niemand zweifelt.

Mislintat, Kehl, Ricken und Sammer – zu viele Stimmen reden mit beim BVB

Aber es braucht eben mehr als Fußballsachverstand, um als Trainer erfolgreich zu sein, gerade an einem komplexen Standort wie Dortmund. Da ist Kaderplaner Sven Mislintat, der gerne Sportdirektor wäre und der vom aktuellen Sportdirektor Sebastian Kehl nicht viel hält, was er sich gar nicht groß zu verbergen müht. Kehl wiederum wäre gerne Sportvorstand geworden und erklärte sich auch öffentlich als sehr geeignet für den Posten.

Tatsächlich aber wurde ihm Lars Ricken vorgezogen, der am Ende eines quälend langen, nicht eben vertrauensbildenden Prozesses den Vertrag mit Kehl verlängerte. Und da ist Sammer, der externe Berater, der Mannschaft und Trainer nonchalant auseinandernahm, als habe er mit all dem nichts zu tun. Als habe er nicht in unzähligen Entscheiderrunden dabeigesessen und mitberaten.

Der BVB muss die Mannschaft und die Chefetage umbauen

Ein vertrauensvolles Miteinander kann es so nicht geben, stattdessen beäugen sich alle Parteien misstrauisch, reklamieren Erfolge für sich und schieben Fehler den anderen zu – letzteres ist aktuell die deutlich häufigere Tätigkeit. Wer nun glaubt, dass ein Trainerwechsel alle Probleme des BVB heilt, der klebt auch ein Pflaster auf einen Kreuzbandriss. Natürlich hat Sahin auch teils gravierende Fehler gemacht. In diesem Umfeld ist für einen jungen, unerfahrenen Trainer das Scheitern fast vorgezeichnet.

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Der BVB braucht einen deutlich stärkeren Wandel: Im Sommer muss die zu Selbstzufriedenheit und widerstandslosem Schönwetterfußball neigende Mannschaft umgebaut werden – und schon vorher muss eine klare Lösung auf der Chefetage her. Die Verantwortlichen müssen mit einer Stimme sprechen, in die gleiche Richtung marschieren und Differenzen, die es immer mal geben kann, intern halten. Mit dem aktuellen Personaltableau allerdings wird das nicht gelingen.