Essen. Die ARD-Männer Tom Bartels und Reinhold Beckmann fanden beim 4:1 der deutschen Nationalmannschaft gegen Kasachstan selbst das feinste Haar in der Suppe. Bartels gab sich wankelmütig, Beckmann spürte schwedische Gefühle. Währenddessen blieb Mehmet Scholl cool und Jogi Löw trank Espresso. Ein Kommentar.

Gut, dass es Mehmet Scholl gibt. Denn mit ihm gab es zumindest einen ARD-Mann, der dem Zuschauer am Dienstagabend nicht weismachen wollte, dass die DFB-Elf bei ihrem 4:1 der Fußballmacht Kasachstan gerade eben noch von der Klinge gesprungen sei.

Zugegeben: Die Torausbeute der DFB-Elf in der zweiten Halbzeit und die Tatsache, gegen den 139. der Weltrangliste beinahe zwei Treffer kassiert zu haben, spricht nicht für einen Gala-Auftritt. Gegen einen mit Mann und Maus verteidigenden Gegner jedoch bereits in den ersten 45 Minuten mit drei herausgespielten Toren alles klar zu machen, ist eine Qualität, die deutschen Auswahlteams noch vor nicht allzu langer Zeit abging.

Früher gab es keine Kleinen

Zumindest ist es schwer vorzustellen, dass Carsten Jancker und Jens Nowotny jemals in der Verfassung gewesen sind, mit einem doppelten Doppelpass fünf Gegenspieler auf zehn Quadratmetern aussteigen lassen. Damals hätte Fußballdeutschland schon vor zwei Wochen damit angefangen, die Messlatte runterzuschrauben - Motto: "Es gibt keine Kleinen mehr". Heute kann man sich in aller Ruhe unterhalten über Tarnstürmer, die Beschaffenheit von Kunstrasen und eine Neun, die gar keine ist.

Gut für alle Pessimisten, dass die ARD am Dienstag Tom Bartels und Reinhold Beckmann ins Rennen schickte. Bartels, der Mann für den Live-Kommentar, jubelte erst über das variable Offensivspiel ("Wir brauchen keinen Mittelstürmer, wir haben drei"), um später eine "beinahe wankende", Nationalelf auszumachen und über den Verbleib von Stefan Kießling und Mario Gomez zu sinnieren.

Beckmann wittert Drama, Löw trinkt Espresso

Beckmann fragte den Bundestrainer nach "schwedischen Gefühlen" und mutmaßte, wie immer garniert mit einer melodramatischen Gestik, das leicht verspätete Eintreffen von Joachim Löw müsse etwas mit einer saftigen Kabinenpredigt zu tun gehabt haben. Schließlich habe es deutliche Mängel in Sachen Konzentration und unübersehbare Parallelen zum 4:4 gegen Ibrahimovic und Co. gegeben. Löw ließ ihn glücklicherweise in aller Nüchternheit auflaufen. "Ich war nicht in der Kabine. Ich war einen Espresso trinken."

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Die ARD-Männer hätten gut daran getan, das Spiel als das zu bewerten, was es war. Ein ungefährdeter Sieg, ein weiterer Schritt Richtung WM in Brasilien. Nicht grandios, nicht grottig. Alles andere war Jammern auf hohem Niveau. Mit Mehmet Scholl: "Wollen wir ein 4:1, nachdem uns die Augen wehtun, oder wollen wir ein 4:1, bei dem vielleicht zehn Minuten mal nicht so toll waren?"

Werten wir das als rhetorische Frage.