Köln. . Die Fronten sind verhärtet vor dem Besuch des türkischen Premiers Recep Erdoğan. Rund 30.000 Anhänger und ebenso viele Gegner werden am Samstag in Köln an der Lanxess-Arena erwartet. Die Stadt hat an dem Wochenende insgesamt viel zu bewältigen: Allein sieben Demos und Wahlkampfveranstaltungen.
Solche Veranstaltungen wünscht man keiner Stadt: In Köln werden sich am Samstag Erdoğan-Anhänger und Erdoğan-Gegner zu Zehntausenden gegenüberstehen. Glücklicherweise getrennt durch den Rhein. Dass sich der türkische Premier für seinen Auftritt ausgerechnet die „Schäl Sick“ ausgesucht hat, die „falsche Seite“ des Rheins, gilt selbst Urkölnern als Zufall. Seine Gegner, überwiegend Aleviten, allerdings sollen sich durchaus bewusst für die räumliche Trennung entschieden haben.
Propaganda mit Halbwahrheiten
Dass Recep Tayyib Erdoğan das „deutsche Gastrecht“ missbrauche (offenbar dadurch, dass er überhaupt anreist), ist zum geflügelten Politikerwort geworden. Prompt ließ Erdoğan verbal zurückkeilen. „Besorgniserregend“ finde man es in Ankara, dass die deutschen Behörden gleich acht Demonstrationen genehmigt hätten, die sich zum Teil gegen Erdoğan richteten, schrieb die regierungsnahe türkische Zeitung „Yeni Safak“. Das stimmt allerdings nicht so ganz.
Es gibt tatsächlich nur eine große Gegendemo mit wohl 30.000 Teilnehmern. Bei den Rechtspopulisten von Pro NRW erwartet die Polizei nur 50 ohnehin Türkeibewegte. Und die restlichen sieben Demos und Wahlkampftermine haben erstmal nichts mit Erdoğan zu tun. Ausgeschlossen ist zwar nicht, dass bei der Versammlung „Für sauberen Fußball und Gerechtigkeit“ das Thema angeschnitten wird. Aber voraussichtlich werden doch die „Biker gegen Intoleranz im Straßenverkehr“ mit ihrem Korso rund um die City die Toleranz auch der Erdoğan-Anhänger am stärksten testen – durch die vielen Straßensperren.
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Erdoğan könnte gar von einer Oberhausener Veranstaltung profitieren, glaubt man Organisator Can Burak Naz: „Erdoğan hat seinen Auftritt ganz bewusst exakt auf den Tag unserer Veranstaltung in Oberhausen gelegt, damit in Köln weniger Protestler auf die Straße gehen können.“ Im Effekt ist das nicht ganz so weit hergeholt, da Can Burak Naz Chef des Bundes Türkischer Jugendlicher in Köln ist, der der größten Oppositionspartei der Türkei (CHP) nahesteht. Und bei dem Oberhausener Kulturfest werden tatsächlich 10.000 Türken erwartet, die überwiegend kritisch eingestellt sein dürften. In der Köpi-Arena spricht daher auch Metin Feyzioglu, Präsident der türkischen Anwaltskammer – ein möglicher Präsidentschaftskandidat der Opposition.
Kölns Oberbürgermeister versucht vergeblich, Erdoğan auszuladen
In Köln ist man dennoch höchst alarmiert. Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) forderte den Premier am Freitag auf, zuhause zu bleiben und nicht türkische Konflikte an den Rhein zu tragen. In der Tat ist die Stimmung in der Türkei nicht nur aufgeheizt, sie hat die Temperatur brennender Barrikaden. In der Nacht zu Freitag warfen Demonstranten in Istanbul Brandsätze, zündeten Autoreifen an, errichteten Straßensperren. Der Tod von Ugur Kurt hat die Proteste angestachelt. Eine Polizeikugel traf den Teilnehmer einer Beerdigungsfeier. Sie galt einem Häuflein Demonstranten – die Behörden sagen, es habe sich um einen Warnschuss in die Luft gehandelt, der sich in Ugur Kurts Kopf verirrte.
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Zum Besuch gebeten hat den Gast die „Union Europäisch-Türkischer Demokraten“. Ihr Vorsitzender verteidigte sich im ARD-Morgenmagazin, man habe das Programm extra wegen des Grubenunglücks von Soma geändert – und einem Sänger abgesagt. Erdoğan werde in Köln auch keinen Wahlkampf für die türkische Präsidentenwahl machen. Der wiederum verteidigte seinen Auftritt in der Lanxess-Arena mit den Worten: „Ich habe dort drei Millionen Staatsbürger, natürlich gehe ich nach Deutschland.“