Köln. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hält am Samstag in der Lanxess-Arena eine bereits im Vorfeld umstrittene Rede. Veranstalter und Polizei erwarten aus diesem Grund am Wochenende massive Proteste in Köln: Sie rechnen mit 30.000 Erdogan-Anhängern und 30.000 Erdogan-Gegnern.

In Köln wird an diesem Samstag der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zu seinem kontroversen Auftritt erwartet. Dabei rechnen Veranstalter und Polizei mit etwa 30.000 Erdogan-Anhängern und schätzungsweise 30.000 Demonstranten, die gegen Erdogan protestieren wollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte den konservativen Politiker, gemäßigte Töne anzuschlagen.

Die Polizei wird mit Hundertschaften vertreten sein, um Zusammenstöße zwischen beiden Gruppen zu verhindern. "Aber es wird nicht einfach sein", sagte Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) am Freitag im Südwestrundfunk. Zumindest kommt der Polizei zugute, dass sich die Lanxess-Arena mit den Erdogan-Anhängern auf der rechten Rheinseite befindet, während sich die Gegendemonstranten auf der linken Rheinseite versammeln.

Erdogan bestätigte am Freitag noch einmal, dass er trotz aller Kritik in Köln auftreten will. "Wir gehen dorthin", bekräftigte er in einer Rede vor Provinzpolitikern in Ankara. "Ich habe dort drei Millionen Staatsbürger, natürlich gehe ich nach Deutschland."

Die Kanzlerin ist besorgt angesichts mancher Entwicklungen

Merkel betonte, sie gehe davon aus, dass er wisse, "wie sensibel dieser Termin gerade diesmal ist, und dass er verantwortungsvoll auftritt". Besorgt zeigte sich Merkel über einige Entwicklungen in der Türkei. Als Beispiele nannte sie in einem Interview des "Pfälzischen Merkurs" und der "Saarbrücker Zeitung" das Einschreiten gegen Demonstranten, die Übergriffe auf die sozialen Netzwerke und die Lage der Christen. Gleichzeitig sei "unbestritten, dass die Türkei mit Ministerpräsident Erdogan große wirtschaftliche Fortschritte" erzielt habe.

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2008 hatte Erdogan in der Kölner Arena seine Zuhörer aufgerufen, zwar Deutsch zu lernen, sich aber nicht zu stark anzupassen. Offiziell spricht Erdogan diesmal zum zehnjährigen Bestehen der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die als verlängerter Arm seiner Partei AKP gilt.

Erstmals könnten auch Türken in Deutschland abstimmen

Die Türkische Gemeinde in Deutschland und viele andere vermuten dagegen, dass es Erdogan darum geht, Wählerstimmen zu sammeln. Es gilt als wahrscheinlich, dass er im August für das Präsidentenamt der Türkei kandidieren wird. Dabei können erstmals auch etwa 1,5 Millionen Türken in Deutschland ihre Stimme abgeben.

Dass sich Erdogan weniger als zwei Wochen nach dem schweren Grubenunglück von Soma Zeit für einen Deutschland-Trip nimmt, hat zusätzlich Kritik ausgelöst. Der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff, der sich für seinen Bestseller "Ganz unten" in den 80er Jahren als "Türke Ali" ausgegeben hatte, sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Jemand, der friedliche Demonstranten niederknüppeln lässt und in seiner brutalen Sprache dann auch noch keinerlei Mitgefühl mit den zu Tode gekommenen Bergleuten äußert, der diskreditiert sich selbst." (dpa)