Essen. Im Einkaufszentrum am Limbecker Platz eröffnen heute weitere 100 Geschäfte. Der Oberbürgermeister von Essen ist zufrieden - zweitausend neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Kritiker sind derweil entsetzt. Von einem "überdimensionierten Riesenmonster" ist die Rede.

„Der Duisburger”, sagt Marcella Crespo, „der geht doch nicht in Essen einkaufen.” Wenn dem so wäre, würden sie das in Essen gar nicht gut finden. Denn nur vom Essener allein kann das Center am Limbecker Platz schlecht leben. Ab heute noch schlechter: 100 Geschäfte machen auf, der Koloss wächst mit nun 200 Läden auf 70 000 Quadratmeter. Da muss schon viel Ruhrgebiet zum Shoppen anreisen. „Wir saugen alles in die Stadt”, dröhnt Andreas Mattner, Geschäftsführer des Center-Bauers ECE. Bis auf Marcella Crespo vielleicht. Die arbeitet allerdings ohnehin als Sprecherin für die Konkurrenz - das Forum Duisburg.

Reinhard Pass, gerade elf Stunden als Essener Oberbürgermeister im Amt, darf sich sofort wieder freuen. „Der Ruf Essens als Einkaufsstadt wird neu belebt”, glaubt der SPD-Politiker. Das Ganze sei auch „stadtplanerisch ein Gewinn”, man müsse immer bedenken, „was die Alternative an der Stelle gewesen wäre”. Es klingt fast wie eine Entschuldigung.

Denn Kritiker, die gibt es. „Essen hat zwar in den letzten Jahren Kaufkraft an andere verloren”, räumt Peter Fuhrmann ein, der als Experte für Einzelhandelsentwicklung von Düsseldorf aus berät. „Aber dieses Riesenmonster ist völlig überdimensioniert, und es schert niemanden mehr, ob so etwas langfristig funktioniert.” Das gesamte Ruhrgebiet rüste auf. „Gucken Sie mal nach Bochum oder nach Mülheim.” Dabei gingen die Einzelhandelsumsätze zurück. „Wohin soll das führen?”, fragt Fuhrmann.

Genauso sieht es der Essener Geschäftsimmobilienmakler Eckhard Brockhoff. „Es gibt genug Leerstand in der Innenstadt, man sieht jetzt schon, was die Verdrängung mit sich bringt. Wer wegzieht, hinterlässt Spuren.” Zwar schwärmt Thomas Glindmeyer, bei ECE für Vermietung zuständig, wie viele neue Marken man nach Essen gelockt habe. Doch es gibt auch manche, die innerhalb der Stadt umziehen, weil sie die vermeintlich schlechtere Adresse gegen die bessere eintauschen wollen. So reißen C&A oder Saturn Löcher. Unbeirrt behauptet ECE-Geschäftsführer Mattner, am Limbecker Platz würden „zweitausend neue Arbeitsplätze” geschaffen.

Brockhoff prophezeit dem Center schwere Zeiten: „Da ist im Januar Totentanz. Wer von außen gekommen ist, um es einmal zu sehen, kommt nicht unbedingt ein zweites Mal.” Gerüchte, wonach die Umsätze schon jetzt hinter den Erwartungen herhinkten, weist ECE-Geschäftsführer Stephan Kugel zurück. „Hier war noch Baustelle, die volle Anziehungskraft bekommen wir ja erst in der Endstufe, wenn alles geöffnet hat.” Centermanager Ulrich Schmitz kalkuliert mit einem Jahresumsatz von 250 Millionen Euro.

Die muskelbepackten Mitbewerber im Kundenkampf stellen Gelassenheit zur Schau. „Das ist ein Wettbewerber wie jeder andere auch, das macht uns keine Sorgen”, behauptet Oliver Kraft, Chef des Rhein-Ruhr-Zentrums in Mülheim. Nach eigenen Angaben strömen an normalen Verkaufstagen immer noch 40 000 Menschen ins RRZ, der Leerstand sei marginal. Dass Kraft eine Spielhalle zulässt, zeigt allerdings, dass der Druck auch bei ihm wächst.

Der bisher ungezügelte Flächenappetit des Oberhausener Centro wird ebenfalls von Schluckauf begleitet: „Wir gucken auf die Finanzmärkte”, sagt Sprecher Jörg Knetsch auf die Frage, ob's mit der avisierten Erweiterung noch was wird. 23 Millionen Besuchern im Jahr langt es auch so. Leere Läden? Fehlanzeige. „Wir haben eine Liste von Nachrückern, falls mal einer zumacht.” Dass der Limbecker Platz im Centro spürbar wird, glaubt Knetsch nicht. Auch Lutz Müller, Geschäftsführer des Forum in Duisburg mit 80 Geschäften auf 57 000 Quadratmetern, bleibt mit Blick auf Essen entspannt: „Wir zielen mehr auf den Niederrhein, weniger auf das Ruhrgebiet.” Da werden sie am Limbecker Platz schon mal aufatmen.