Essen. Jede dritte Frau in den Wechseljahren leidet unter heftigen Symptomen. Hormonersatztherapien versprechen Hilfe. Doch es gibt einiges zu beachten.

Schlafstörungen, Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Ängste: Etwa jede dritte Frau in den Wechseljahren leidet unter den Symptomen dieser Zeit der hormonellen Umstellung. Hilfe erhoffen sich viele von ihnen von Hormonersatztherapien. Doch die eignen sich nicht für jede, wie die Hormonexpertin Prof. Dr. Petra Stute erklärt.

Wann sollte eine Frau mit ihrer Gynäkologin über die Wechseljahre sprechen?

Im besten Fall sollten die Frauen lange vor den ersten Symptomen der Wechseljahre das Gespräch mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt suchen, rät Petra Stute vom Universitätsklinikum Bern, das zur „Insel Gruppe AG“ gehört. Die meisten Frauen kommen mit Anfang bis Mitte 40 in die Wechseljahre. „Spätestens, wenn die Blutungen nicht mehr regelmäßig sind, sollten sie aber zu ihrem Arzt gehen.“ Etwa jede dritte Frau leidet unter besonders schweren Symptomen der Wechseljahre. Stute mahnt eindringlich, dass sich gerade diese Frauen Hilfe holen: „Bitte nicht jahrelang die Zähne zusammenbeißen“, sagt die Leiterin des Menopausen-Zentrums des Inselspitals.

Wann ist es Zeit, auch über Hormonersatztherapien zu sprechen?

Hitzewallungen sind das wohl bekannteste Symptom der Wechseljahre. Doch tatsächlich gibt es über 30 Begleiterscheinungen, die Frauen unterschiedlich stark betreffen. Sobald Frauen Veränderungen wie Schlafstörungen, Gelenk- oder Muskelbeschwerden, Haut- oder Haarveränderungen oder eben die berühmten Hitzewallungen wahrnehmen, sollten sie mit ihrer behandelnden Ärztin auch über Therapieformen sprechen, rät Stute.

Petra Stute ist stellvertretende Chefärztin an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde des Inselspital Bern. Sie gilt als Expertin für Hormontherapien.
Petra Stute ist stellvertretende Chefärztin an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde des Inselspital Bern. Sie gilt als Expertin für Hormontherapien. © Inselspital Bern | Inselspital Bern

Was genau ist eine Hormonersatztherapie?

Bei einer Hormonersatztherapie wird der Hormonmangel künstlich durch Medikamente ausgeglichen. Es geht insbesondere um Östrogene und Progesteron (Gelbkörperhormon). Frauen können die Östrogene als Pflaster, Sprays, Gel oder in Tablettenform erhalten. Die Therapie hat nicht das Ziel, den bisherigen Hormonspiegel zu halten, sondern will gezielt Beschwerden, die durch den Hormonmangel entstanden sind, beseitigen. Frauen sollten darauf achten, dass Fragen zur medizinischen Vorgeschichte, möglichen Vorbelastungen oder Vorerkrankungen geklärt sind.

Welche unterschiedlichen Hormonersatztherapie gibt es?

Die wichtigste Frage sei, ob die Frau noch eine Gebärmutter habe oder nicht, so Stute. Frauen, die ihre Gebärmutter noch haben, sollten unbedingt immer eine Kombination von Östrogenen und Gelbkörperhormon erhalten. Das schützt die Gebärmutterschleimhaut und senkt das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen der Gebärmutter. Frauen ohne Gebärmutter können auch nur Östrogen einnehmen. Die Dosis der Hormone orientiere sich daran, wie stark die Symptome der Frau sind. Entscheidend seien zudem bestimmte Vorbelastungen: Bei Risikofaktoren wie starkes Übergewicht, Rauchen oder Herzkreislauf-Erkrankungen sei von Östrogen in Tablettenform abzuraten, warnt Stute. Gefäßbedingte Risiken wie Thrombosen könnten so weitestgehend umgangen werden.

Für wen eignet sich die Hormonersatztherapie nicht?

Für Brustkrebspatientinnen und Frauen, die bereits einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten haben, sagt Stute. Bei allen anderen Erkrankungen wie Migräne oder Rheuma komme es oft auf die Höhe der Östrogen-Dosis und die Östrogen-Applikationsform an.

Welche Nebenwirkungen gibt es?

Am Anfang könne es manchmal zu Wassereinlagerungen kommen. Auch Zwischenblutungen seien in den ersten drei bis sechs Monaten möglich, so Stute. Nicht alle Frauen vertragen zudem das bioidentische Progesteron nicht ohne Weiteres: Müdigkeit oder Schwindel treten gelegentlich auf. In diesen Fällen gibt es zahlreiche andere Gelbkörperhormone, die eingesetzt werden können.

Durch die kombinierte Einnahme von Östrogen und Gelbkörperhormon kann zudem das Brustkrebsrisiko steigen. Das hat erstmals 2002 eine aufsehenerregende Studie, die sogenannten Women‘s Health Initiative (WHI), gezeigt. Stute versucht, diese Sorge in die heutige Studienlage einzuordnen: „Bei 1000 Frauen zwischen 50 und 59 Jahren, die kein Hormonpräparat genommen haben, erkranken rein statistisch nach fünf Jahren 14 Frauen an Brustkrebs. Erhalten all diese Frauen aber eine Kombi-Hormontherapie, sind es 17.“ Es komme also ganz entscheidend auf die Dauer der Einnahme an.

Gibt es auch positive Nebenwirkungen?

Ja. Man geht von einem vorbeugenden Schutz für Knochen, Herz und Hirn aus.

Welche Alternativen zur Hormonersatztherapie gibt es?

Es gebe zahlreiche pflanzliche Präparate wie Traubensilberkerze oder Soja, mit denen viele Frauen gut zurechtkämen, so Stute. Zu beachten sei, dass diese Präparate einzelne Symptome behandeln, also etwa gezielt die bekannten Hitzewallungen.

Und was können Männer in dieser Phase tun?

Interesse zeigen, sagt Stute. „Sie sollten die Wechseljahre nicht als Frauenkram abtun, sondern Interesse für das haben, was mit ihrer Partnerin los ist.“

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Dieser Artikel ist in Vorbereitung auf den Frauengesundheitsgipfel „Aktion Gesundheit“ entstanden. Er wird am 29. Februar zum zweiten Mal von der „Bild der Frau“ ausgerichtet, die wie diese Redaktion auch zur Funke Mediengruppe gehört.