Bochum. Seit Montag sind die Corona-Schnelltests nicht mehr kostenlos. Betreiber im Ruhrgebiet rechnen nach den Ferien mit einem Einbruch der Nachfrage.

  • Die Corona-Schnelltests sind seit Montag (11.10.) nicht mehr kostenlos. Es gibt aber einige Ausnahmen.
  • Rund 15 Euro kostet ein Schnelltest im Testzentrum. Der Apothekerverband Nordrhein schätzt, dass die Tests in Apotheken etwa 20 Euro kosten. Die Preise könnten laut Anbietern künftig steigen.
  • Ein Anbieter aus Bochum rechnet nach den Herbstferien mit einem Einbruch der Nachfrage. Dann werden die Kinder wieder in den Schulen getestet.
  • Einige Betreiber weiten ihr Angebot aus und bieten Antikörper-Tests an.

„Montag war immer unser Kampftag“, sagt Karin Lucia Niodusch. Die Frau mit den hellblonden Haaren sitzt am Empfang des Testzentrums am Hauptbahnhof in Bochum. Meterlange Schlangen bildeten sich normalerweise zu Wochenbeginn vor dem weißen Zelt. „Viele Arbeitgeber verlangen von ihren Angestellten, dass sie sich nach dem Wochenende testen lassen“, begründet die Schichtleiterin. Doch an diesem Montagvormittag bleibt der Ansturm aus. Nur eine Großmutter mit ihrem Enkel und ein Student, dessen Sputnik-Impfung in Deutschland nicht anerkannt ist, warten um halb elf vor dem Testcenter.

Der Grund, vermutet Betreiber Joseph Kevenhörster: Die Schnelltests, die Ungeimpfte für den Besuch im Restaurant, Kino oder Schwimmbad benötigen, sind seit Montag (11.10.) nicht mehr kostenlos. Ausnahmen gibt es unter anderem für Kinder unter zwölf Jahren sowie für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Für Schwangere und Zwölf- bis 17-Jährige gilt aufgrund der späteren Impfempfehlung durch die Ständige Impfkommission (Stiko) eine Übergangsregelung. Sie können sich noch bis Ende des Jahres kostenlos testen lassen. Gleiches gilt für ausländische Studierende, die mit einem in Deutschland nicht zugelassenen Impfstoff geimpft wurden.

Karin Lucia Niodusch ist Schichtleiterin im Corona-Testzentrum am Hauptbahnhof in Bochum.
Karin Lucia Niodusch ist Schichtleiterin im Corona-Testzentrum am Hauptbahnhof in Bochum. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Am Montag, dem ersten Tag der Herbstferien in NRW, kommen vor allem Eltern mit ihren Kindern in das Schnelltestzentrum am Bochumer Hauptbahnhof. „Wir fahren in den Gasometer nach Oberhausen“, erzählt die Mutter einer fünfköpfigen Familie. Auch eine 35-Jährige möchte mit ihren beiden Kindern einen Ausflug machen und in das Science Center Phänomenta nach Lüdenscheid fahren. Sie selbst ist geimpft, ihre beiden Kinder gelten während der Ferien jedoch nicht mehr grundsätzlich als getestet.

Kosten für den Schnelltest: Betreiber erwarten Preissteigerung

15 Euro kostet ein Antigen-Test im Testzentrum am Bochumer Hauptbahnhof. 14,90 Euro nimmt der Kölner Betreiber Medicare mit rund zehn Testzentren im Ruhrgebiet. Nach Angaben des Apothekerverbands Nordrhein bezahlen Kundinnen und Kunden für einen Schnelltest in der Apotheke rund 20 Euro. „Ich gehe davon aus, dass die Preise in den kommenden Wochen steigen werden“, sagt Testcenter-Betreiber Joseph Kevenhörster. So gehe die Zahl der täglich durchgeführten Tests seit Wochen merklich zurück. Spätestens nach den Ferien, wenn die Kinder wieder in den Schulen getestet werden, werde sich das Geschäft für viele Betreiber nicht mehr lohnen, vermutet er.

Laut Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, wird es aber weiterhin ein flächendeckendes Netz von testenden Apotheken geben. Es werde nicht mehr so dicht sein wie im April oder Mai dieses Jahres, aber sehr viele Apotheken stünden noch zur Verfügung, so Preis. Seiner Ansicht nach erfolgt der Ausstieg aus den kostenlosen Bürgertests zum falschen Zeitpunkt. „Zu viele Menschen in unserem Land werden auf ein Stück mehr Sicherheit durch regelmäßiges Testen verzichten müssen“, sagt er. Die Impfung sei eine Möglichkeit dem Virus zu begegnen, das Testen eine andere. „Das sollte jedoch nicht am Geldbeutel scheitern.“

Auch Pascal Kreilos sieht das Ende der kostenlosen Schnelltests kritisch. „Das ist Zwang“, sagt der 52-Jährige. Eine Impfung sei eine persönliche Entscheidung. Der Druck auf die Ungeimpften werde jedoch immer größer. „Das hat nichts mehr mit Gleichberechtigung zu tun“, sagt auch Anne Beyreuth. Die 29-Jährige ist auf dem Weg nach Köln, möchte dort durch die Stadt schlendern, essen gehen, den Tag genießen. Weil die zwei Wochen nach ihrer zweiten Impfung erst am Dienstag (12.10.) um sind, benötigt sie einen Schnelltest.

Der Betreiber des Corona-Testzentrums am Bochumer Hauptbahnhof, Joseph Kevenhörster.
Der Betreiber des Corona-Testzentrums am Bochumer Hauptbahnhof, Joseph Kevenhörster. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Eine Bochumerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, befürwortet dagegen das Aus der kostenlosen Corona-Tests. „Jeder hat die Möglichkeit, sich kostenlos impfen zu lassen“, sagt die Mutter, die vor dem Bochumer Testzentrum auf die Ergebnisse ihrer beiden Kinder wartet. „Der Staat sollte nicht für die Kosten der Schnelltests aufkommen müssen, die die Menschen für Freizeitangebote benötigen.“ Mitarbeiterin Karin Lucia Niodusch würde sich daher wünschen, dass unterschieden wird zwischen Menschen, die zum Beispiel Angehörige im Seniorenheim besuchen möchten und Menschen, die am Freitagabend in die Bar oder die Disco gehen wollen. „Wenn eine ältere Dame mit einer schmalen Rente vor mir steht, die ihren Mann im Krankenhaus besuchen möchte“, so Niodusch, „dann ist das nicht fair.“

Antikörper-Test: Betreiber weiten Angebot aus

Neben den Schnelltests bieten einige Betreiber auch PCR- und Antikörper-Tests an. Auch Joseph Kevenhörster überlegt, sein Angebot auszuweiten. „Ich könnte mir vorstellen, dass wir künftig auch Antikörper-Tests anbieten“, so der 37-Jährige, der die Teststelle gemeinsam mit seinem Bruder, einem Arzt aus Herne, betreibt. Das DRK-Testzentrum am Flughafen Essen/Mülheim bietet einen solchen Antikörper-Test bereits an. Für 24,90 Euro können Bürgerinnen und Bürger überprüfen lassen, wie gut sie noch gegen das Coronavirus geschützt sind. Ihnen wird dafür ein Tropfen Blut am Finger oder Ohrläppchen entnommen.

Doch noch ist unklar, wie lange das Testzentrum überhaupt noch vor dem Bochumer Hauptbahnhof steht. „Bis mindestens Ende Oktober bleiben wir noch hier“, sagt Joseph Kevenhörster. „Dann werden wir neu entscheiden.“ Denn neben dem erwarteten Einbruch der Nachfrage nach den Herbstferien werde es in dem Zelt, das an beiden Enden offen ist und wie eine Einbahnstraße funktioniert, in einigen Wochen zu kalt. „Wenn wir weitermachen wollen, müssen wir auf Container umstellen“, sagt der Betreiber. Doch ob sich das lohnt? Ende November soll in Bochum der Weihnachtsmarkt beginnen. Kevenhörster: „Ich würde vor dem Hauptbahnhof lieber Glühwein- und Würstchenbuden sehen.“

Testcenter-Betreiber erwartet steigende Impfnachfrage

■ Testcenter-Betreiber Joseph Kevenhörster rechnet in den kommenden Wochen mit einem Anstieg der Impfnachfrage. Das Ende der kostenlosen Schnelltests werde einigen Menschen „einen Ruck geben, sich impfen zu lassen“, sagt er.

■ 68,7 Prozent der Menschen in NRW sind derzeit vollständig geimpft. 73,1 Prozent haben die erste Impfung erhalten.