Witten. Ab Montag (11.10.) muss ein Corona-Schnelltest für den Besuch eines Lokals oder einer Kneipe bezahlt werden. Warum dies Wittens Wirte spaltet.

Wirte in Bochum, Dortmund und Düsseldorf machen es freiwillig: Sie heißen in ihren Innenräumen nur noch Gäste willkommen, die von Corona genesen oder geimpft sind. Über die 2G-Regel wird auch in NRW weiter heftig diskutiert. Judith Caspers und Reinald Assheuer von der Wittener Kulturkneipe „Maschinchen Buntes“ haben sich entschieden: Sie setzen - anders als das Land - auf 2G. Dass Schnelltests in Testzentren ab heute etwas kosten, sieht Caspers kritisch.

Man wolle den Gästen, die meist zwischen 50 und 70 Jahre alt seien, möglichst viel Schutz bieten, erklärt Judith Caspers ihre Entscheidung. Deswegen könnten derzeit auch nur 50 Menschen Veranstaltungen im „Maschinchen“ an der Ardeystraße besuchen. Vor Corona waren es bis zu 120. Dass Schnelltests an offiziellen Teststellen ab Montag (11.10.) etwas kosten, sieht die Wirtin mit Sorge. Unter Umständen würden sich Leute auch nicht testen lassen, um Geld zu sparen, meint sie. Nicht zuletzt könnten Tests, die etwas kosten, auch zu Betrügereien verleiten.

Wittener Wirtin fürchtet, durch kostenpflichtige Schnelltests Gäste zu verlieren

Wirtin Doris Veit vom „Haus Fründt“ vor ihrer Theke, die mit einer dicken Folie vom Gastraum getrennt wurde. So kann hinter dem Tresen ohne Mundschutz gearbeitet werden.
Wirtin Doris Veit vom „Haus Fründt“ vor ihrer Theke, die mit einer dicken Folie vom Gastraum getrennt wurde. So kann hinter dem Tresen ohne Mundschutz gearbeitet werden. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Die Wirtin, die noch Flötenunterricht in der Brenschenschule gibt, ist - „selbstverständlich“ - geimpft - wie ihre sechs Mitarbeiter. „Sie hätten sonst nicht bei uns arbeiten können“, betont Caspers, die ihre Räumlichkeiten nach einer anderthalbjährigen Schließung wieder für private Feiern und Veranstaltungen vermietet. Was der 61-Jährigen wichtig ist: Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht gegen Corona impfen lassen können, wolle man nicht ausschließen. „Diese Leute sollen sich bei uns melden, das regeln wir dann.“

Zwei Herzen schlagen in ihrer Brust, wenn Doris Veit, Wirtin von „Haus Fründt“ an der Bellerslohstraße, über kostenpflichtige Schnelltests spricht. Wenn ein ungeimpftes Paar zum Essen ins Lokal kommen wolle, müsse dieses jetzt vorher erst einmal tief in die Tasche greifen. Zwischen 10 und 25 Euro soll der attestierte Test in Witten kosten. Veit: „Das kann ja keiner bezahlen.“ Ihr Restaurant werde von vielen älteren Leuten besucht, die sich nicht impfen lassen wollten. Die neue Schnelltest-Regelung könnte sie Gäste kosten, befürchtet die 60-Jährige. Fest stehe aber, dass die Impfquote steigen müsse. „Deshalb ist die Maßnahme gut.“ Die Wirtin und ihr Mann sind seit Juni geimpft, auch die Fründt-Mitarbeiter haben sich für einen Piks entschieden. Doris Veit: „Wir haben einen Bekannten, der fast an Corona gestorben wäre.“

In einem Stockumer Restaurant werden Impfnachweise am Eingang angesehen

Gastwirt Jürgen Crämer vom Traditionsrestaurant „Haus Crämer
Gastwirt Jürgen Crämer vom Traditionsrestaurant „Haus Crämer" in Stockum hält die 3G-Regelung für ausreichend. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Jürgen Crämer vom Stockumer Restaurant „Haus Crämer“ versucht, seine Gäste in den zwei Räumen seines Lokal weiter mit Abstand zu platzieren, obwohl er dies laut Coronaschutzverordnung ab Oktober nicht mehr müsste. Die 3G-Regel hält der Gastronom für richtig. „Ich denke, wir werden das so lassen.“ Besucher, die in sein Lokal kommen, müssen zunächst am Eingang warten, wo kontrolliert wird, ob jemand geimpft oder genesen ist oder einen Schnelltest mitbringt.

Was hält Crämer von kostenpflichtigen Schnelltests? „Ich kenne Leute, die sich bis vor ein paar Wochen nicht impfen lassen wollten.“ Jetzt hätten sie sich immunisieren lassen, weil sie „ihre Freiheiten ohne Extrakosten genießen wollen“, sagt er. Dies sei eine gute Entscheidung. Der Corona-Tod eines griechischen Wirtes in Witten im April hat ihn sehr schockiert. „Danach habe ich mich sofort impfen lassen, auch mein Team ist geimpft.“

Vorerst kein Kulturprogramm im „Roxi“ im Wittener Wiesenviertel

„Knuts
„Knuts"-Wirt Waldemar Riedel aus dem Wiesenviertel würde sich freuen, wenn sich alle impfen lassen würden. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Waldemar Riedel, Betreiber des „Knut’s“ im Wiesenviertel, hat seinen Biergarten vor ein paar Monaten mit einem Dach versehen lassen. Ein Kunststoff-Segel soll vor Regen schützen. Damit die Gäste in Pandemie-Zeiten witterungsunabhängiger draußen sitzen können. „Ansonsten machen wir das, was erlaubt ist“, sagt der 36-Jährige, der sich wünschen würde, „dass sich alle impfen lassen“. Obwohl im „Knut’s“ viele junge Gäste verkehren, stellt er fest: „Die meisten sind geimpft oder genesen.“

Dass Schnelltests nicht mehr kostenlos sind, begrüßt Riedel. Er hält dies für ein legitimes Druckmittel in einer Pandemie, „damit Menschen sich impfen lassen“. Die Roxi-Bühne hinter seinem Biergarten wird vorerst nicht bespielt. Der Raum sei nur rund 60 Quadratmeter groß. „Das ist uns derzeit für Veranstaltungen zu klein.“ Das „Roxi“ steht aber nicht leer. „Da ist jetzt eine Holzwerkstatt drin, das sind Freunde von mir.“

Über 790 Menschen dürfen wieder im Theatersaal des Saalbaus Platz nehmen

Indisches Lokal Haveli kaufte Heizstrahler

Im indischen Lokal Haveli in Bommern, in dem nach ayur­vedischen Rezepten gekocht wird, setzt man auch in der kälteren Jahreszeit auf die Außengastronomie. Wirt Manjit Singh hat einen Teil seines Biergartens mit Kunststoff-Planen und Heizstrahlern in einen weiteren Raum vor seinem Restaurant verwandelt.

Die Pandemie-Zeit hat er für eine Renovierung seines Lokals genutzt, das man in einem Fachwerkhaus am Bodenborn findet. Manjit Singh, der in Hattingen noch ein zweites Restaurant betreibt, setzt auf eine Wohlfühlatmosphäre und hofft, dass ihm die Gäste auch im Herbst und Winter die Treue halten.

Apropos Kultur: Jasmin Vogel, Chefin des Kulturforums, betont, sie arbeite gut mit der 3G-Regelung - geimpft, genesen oder getestet. „Alle Wittenerinnen und Wittenern sollten die Möglichkeit haben, den Saalbau zu besuchen.“ Nach der neuen Coronaschutzverordnung könne man jetzt wieder jeden Sitzplatz anbieten. „In unserem großen Theatersaal dürften also 793 Menschen Platz nehmen.“ Bislang habe es jedoch noch keine ausverkaufte Veranstaltung gegeben.

Was Jasmin Vogel freut: Gerade bei Darbietungen für Kinder merke man, „dass die Leute froh sind, dass wir wieder geöffnet haben. Und das lief bislang auch alles reibungslos“.