Düsseldorf. Ein mutmaßlicher Sexualstraftäter musste aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Der Grund: Die zuständige Staatsanwaltschaft hat nicht schnell genug ermittelt. Die SPD nutzt den Vorfall für eine Attacke auf Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU).

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat einen mutmaßlichen Sexualstraftäter aus Viersen aus der Untersuchungshaft entlassen. Wie Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) am Donnerstag mitteilte, wurde der Mann am Mittwoch freigelassen, weil nach Ansicht des OLG das Verfahren gegen ihn von der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach nicht mit der gebotenen Schnelligkeit bearbeitet worden sei. Generalstaatsanwalt Gregor Steinforth kündigte an, die Vorgänge zu prüfen. Die Polizei in Viersen teilte mit, es seien Vorkehrungen getroffen worden, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.

Dem 58-Jährigen wird vorgeworfen, mehrere Mädchen aus Viersen sexuell missbraucht zu haben, in fünf Fällen ist von schwerem Missbrauch die Rede. Zuvor soll der Mann sich laut Generalstaatsanwalt Gregor Steinforth das Vertrauen der Kinder erschlichen haben. Anfang September 2008 war gegen den mutmaßlichen Sexualtäter Haftbefehl erlassen worden, seitdem saß er in Untersuchungshaft.

Bis zum Prozess auf freiem Fuß

Erst im Juni 2009 erhob die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach den Angaben zufolge Anklage gegen den Mann. Ihm soll voraussichtlich ab August der Prozess gemacht werden. Bis zu einer möglichen Verurteilung werde der Mann jedoch in jedem Fall auf freiem Fuß bleiben, bestätigte Müller-Piepenkötter. Gegen die OLG-Entscheidung könnten keine rechtlichen Mittel eingelegt werden.

Die Kreispolizei in Viersen teilte mit, man habe sofort nach Bekanntwerden der geplanten Entlassung «alle notwendigen Maßnahmen zum Schutze der bekannten Opfer sowie seines sozialen Umfelds ergriffen». Über den aktuellen Aufenthaltsort des zuvor in Viersen-Süchteln wohnhaften Mannes machte die Polizei keine Angaben. Laut Müller-Piepenkötter wurde der Mann nach seiner Entlassung am Mittwoch bereits von Polizisten in Empfang genommen.

Bei der Haftprüfung hat das OLG den Angaben zufolge vor allem bemängelt, dass ein Gutachten über die Schuldfähigkeit des Mannes von der Staatsanwaltschaft erst Ende Dezember und damit zu spät in Auftrag gegeben und dann auch vom Gutachter zu zögerlich bearbeitet worden sei. Das Schriftstück, das dem Mann volle Schuldfähigkeit bescheinigt, ging erst Ende Mai bei der Staatsanwaltschaft ein.

SPD-Attacke auf Ministerin

Die Freilassung sei «in der Sache ein schier unerträgliches Ergebnis», das ihr sehr zu schaffen mache, sagte Müller-Piepenkötter. Allerdings müsse sie die Entscheidung des OLG akzeptieren. Es sei ein automatisches Verfahren, dass nach sechs und nochmals nach neun Monaten Untersuchungshaft eine Haftprüfung stattfinde. Noch im März habe das OLG entschieden, dass der Haftbefehl gegen den Mann trotz der verzögerten Bearbeitung des Verfahrens aufrecht zu erhalten sei. Nun sei es zu einem anderen Ergebnis gekommen, obwohl auch nach Ansicht der Richter die Fluchtgefahr fortbestehe.

Die SPD kritisierte die Ministerin wegen des Vorfalls. «Trotz der Wahlversprechen von CDU und FDP, eine angemessene Personalausstattung in der Justiz zu sichern, wurde die Zahl der Richter in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwälte zurückgefahren», sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Ralf Jäger. Die SPD-Fraktion werde für den nächsten Rechtsausschuss am 19. August einen ausführlichen Bericht anfordern. (ddp)