Essen. Das Bundeskriminalamt ist alarmiert: Mit einer dreisten Betrugsmache werden Senioren um ihre Ersparnisse gebracht. Am Telefon melden sich freundliche Menschen und versprechen einen Gewinnspiel-Erfolg - allerdings müssen die “Gewinner“ vorab Geld überweisen. Eine Gegenleistung bekommen sie nicht.

Eine dreiste Betrugsserie mit angeblichen Gewinnspielen, die offenbar aus der Türkei gesteuert wird, alarmiert das Bundeskriminalamt. Bisher sind ihr nach Schätzungen des BKA bis zu 100.000 meist ältere Menschen, viele davon in Nordrhein-Westfalen, zum Opfer gefallen. BKA-Chef Jörg Ziercke spricht von einer „international operierenden Tätergruppe“.

Die geschätzten Vermögensschäden belaufen sich bisher auf 23 Millionen Euro. Fatal: Opfer melden sich aus Scham, Furcht oder mangelnder Mobilität sehr oft nicht bei der Polizei. Deutsche und türkische Polizei haben inzwischen eine gemeinsame Arbeitsgruppe gebildet, um der Gewinnspiel-Mafia auf die Spur zu kommen.

Die Betrugsmasche ist immer dieselbe. Hochdeutsch sprechende Anrufer geben sich als Anwälte oder Notare aus. Sie informieren das Opfer über einen Gewinn, bei dem es sich meist um ein neues Auto handeln soll. Um den Gewinn zu erhalten, müsse der oder die Angerufene Steuern und Gebühren vorab überweisen – per Bargeldtransfer oder auch per Post im Brief und Paket.

Auf dem Display erscheint eine deutsche Telefonnummer

Die vom Anrufer genutzte Nummer erscheint auf dem Display als deutsche mit deutscher Vorwahl, obwohl die „redegewandten und skrupellosen“ Täter nach bisherigen Erkenntnissen hauptsächlich in der Türkei in Call-Centern sitzen. Sie haben dann die eigene Rufnummer manipuliert, um glaubwürdiger zu erscheinen. Zögern die Opfer und wenden ein, kein Geld zu haben, reden die Anrufer auf sie ein, sie sollten das Geld leihen oder einen Kredit aufnehmen.

Die schlimmste Variante dieser Abzocke kommt aber erst noch: Sind ältere Menschen bereits reingefallen und haben Geld überwiesen, ohne je einen Gewinn gesehen zu haben, werden sie erneut belästigt und sogar bedroht. Die Betrüger geben sich jetzt anders aus: Als Polizeibeamte, Anwälte Staatsanwälte oder auch Richter. Die Opfer werden aufgefordert, frisches Geld zu überweisen, weil sie sich durch Überweisen von Beträgen ins Ausland schon strafbar gemacht hätten.

37.000 Betrugsfälle seit 2010 nachgewiesen

Konkret nachgewiesen sind 37.000 solcher Betrugsfälle seit dem Start 2010. Das Bundeskriminalamt schildert den unglaublichen Fall einer 83-jährigen Frau aus NRW. Das Opfer hatte schon in zwei Einschreibebriefen 24.000 Euro in die Türkei überwiesen, als „Polizeibeamte“ anriefen: Weiteres Geld werde gebraucht, andernfalls werde die Frau von der Polizei zu Hause abgeholt. Es folgte ein dritter Anruf: „Interpol Istanbul“ meldete sich. Es werde wegen Geldwäsche ermittelt. Nur die Zahlung von 4800 Euro verhindere weitere Strafverfolgungen.

Der Fall dieser 83-jährigen, die die Vorgänge hier bei der Polizei gemeldet hat, führte inzwischen zu einem Fahndungserfolg: Echte türkische Kriminalbeamte ermittelten die Empfängeradresse der Geldsumme, fanden dort Beweismittel und nahmen auch Verhaftungen vor. Die Ermittlungen gegen diesen Ring dauern noch an.

BKA-Chef spricht eindringliche Warnung aus

BKA-Chef Jörg Ziercke warnt möglicher Opfer eindringlich: „Skrupellos schüchtern die Täter ihre Opfer ein, um sie zu Zahlungen zu bewegen. Angehörige deutscher Strafverfolgungsbehörden würden Sie niemals am Telefon zu Geldüberweisungen nötigen oder eine Festnahme androhen“. Auch: „Geben Sie keine persönlichen Informationen weiter: Keine Telefonnummern und Adressen, Kontodaten, Bankleitzahlen oder Kreditkartennummern“. Vor allem aber: „Schenken Sie telefonischen Gewinn-Versprechen keinen Glauben!“

Angerufene sollen sich auf jeden Fall bei der Polizei melden.