Düsseldorf. Versuch und Irrtum: Wie sich CDU und Grüne in NRW seit Monaten mit einem landeseigenen Krisen-Hilfspaket abmühen.

Wie schnürt man eigentlich rechtssicher ein Hilfspaket? Schwarz-Grün in NRW experimentiert an dieser Frage seit Monaten herum. Ein Überblick:

12. September:

NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) warnt: Die „Ampel“ im Bund plant ein drittes Entlastungspaket, und die Länder müssen es wohl mitfinanzieren. Dadurch könnten schwarz-grüne Wunschprojekte in NRW platzen. „Der Spielraum ist gering bis null“, sagt er.

Pläne für ein NRW-Hilfspaket in der Energiekrise sind noch nicht in Sicht. Aber die Opposition wird sich zum Jahresende an Optendrenks Warnung erinnern und mutmaßen, CDU und Grüne strebten ein Sondervermögen nicht nur für ein NRW-Hilfspaket in der Energiekrise, sondern auch dafür an, um sich eigene Wünsche erfüllen zu können.

CDU und Grüne werden sagen, dass es Monate dauerte, bis alle Details zum Ampel-Entlastungspaket geklärt wurden. Dies habe die Landesplanung erschwert.

25. Oktober:

Die SPD fordert von Schwarz-Grün, endlich ein Landes-Hilfspaket für Bürger und Wirtschaft aufzulegen. Andere Bundesländer handelten fürsorglicher als NRW.

26. Oktober:

Marcus Optendrenk schließt neue Landesschulden zur Bewältigung der Energiekrise nicht mehr aus. Wegen der Unwägbarkeiten legt er dem Landtag nur einen „Basishaushalt“ für 2023 vor. Die grundgesetzliche Schuldenbremse verhindert eigentlich eine Neuverschuldung. Möglicher Ausweg: Die Ausrufung einer „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ wegen der Krise.

4. November:

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) kündigt ein eigenes Hilfspaket des Landes in Höhe von 3,5 Milliarden Euro an. So viel Geld liegt noch unter dem „Corona-Rettungsschirm“ des Landes NRW. Die Idee: „Corona-Kredite“ könnten dem Kampf gegen die Energiekrise dienen. Bisher war ein solcher Trick in Regierungskreisen tabu.

9.November:

SPD und FDP wittern hinter der Umetikettierung von Geld aus dem „Corona-Rettungsschirm“ rechtswidrige Buchungstricks.

25. November:

Der Landesrechnungshof (LRH) sieht „sowohl Kreditaufnahmen 2022 als auch deren vorgesehene Verwendung für die Krisenbewältigung als verfassungswidrig an.“ Die „Verschiebung von Kreditmitteln“ aus dem Corona-Rettungsschirm in den Haushalt 2023 verstoße gegen Grundgesetz und Haushaltsordnung.

29. November:

Nach der Kritik des Rechnungshofes lässt Schwarz-Grün die Pläne fallen, Geld aus dem Corona-Rettungsschirm für den Haushalt 2023 zu nutzen. Stattdessen soll jetzt ein „Sondervermögen“ von bis zu fünf Milliarden Euro zur Krisenbewältigung geschaffen werden. CDU und Grüne planen dafür einen zweiten Nachtragshaushalt 2022. Dann könnten die ersten Hilfen für Bürger und Betriebe noch zum Jahresende ausgezahlt werden.

7. Dezember:

Der Landtag macht mit schwarz-grüner Mehrheit den Weg für ein Sondervermögen und damit für weitere Schulden zur Bewältigung der Krise frei. Die Abgeordneten stellen eine „außergewöhnliche Notsituation“ für NRW fest. Das ermöglicht die Aufnahme von Krediten trotz Schuldenbremse. Finanzminister Optendrenk erklärt, NRW leide mehr als andere Länder. „Die Rezession ist längst angekommen.“

12. Dezember:

Der Landesrechnungshof liest der Regierung zum zweiten Mal die Leviten: Das Sondervermögen von bis zu fünf Milliarden Euro sei nicht hinreichend begründet. Es gebe keine schlüssige Erklärung für das Aushebeln der Schuldenbremse, außerdem fehlten Informationen, wozu genau die Kredite ausgegeben und wie sie getilgt werden sollen.

15. Dezember:

Optendrenk räumt Fehler bei Haushaltsaufstellung ein: „Wir haben handwerklich nicht alles geschickt gemacht. Das betrifft auch mich persönlich.“ Er hält aber am Ziel fest, am 20. Dezember einen Nachtragshaushalt 2022 verabschieden zu lassen, der neue Schulden von bis zu fünf Milliarden Euro für ein NRW-Entlastungspaket vorsieht.

16. Dezember:

Die Landesregierung schnürt ein erstes 1,6 Milliarden Euro umfassendes Hilfspaket. Kinder, Familien, Geflüchtete und die Wirtschaft sollen davon profitieren.

19. Dezember:

Praktisch über Nacht ist die Notlage für 2022 vorbei: „Entgegen aller Erwartungen“ seien die Steuereinnahmen im Dezember mit bis zu 1,3 Milliarden Euro so gut gewesen, „dass wir es uns nicht erlauben können, jetzt eine Störungslage zu verkünden“, erklärt Optendrenk.

Das Sondervermögen von bis zu fünf Milliarden Euro ist allerdings nicht vom Tisch. Es soll vom Parlament aber erst zum 1. Januar 2023 beschlossen werden. Begründung: Die Konjukturprognosen für das erste Halbjahr 2023 seien besorgniserregend und das Risiko zusätzlicher Ausgaben groß. Daher sei zwar nicht mehr im laufenden Jahr, aber für 2023 eine außergewöhnliche Notsituation zu erwarten.

20. Dezember:

CDU und Grüne beschließen die Ausrufung der finanziellen Notlage für 2023 und damit die Aufweichung der Schuldenbremse. Über das „Sondervermögen“ stimmt der Landtag am heutigen Mittwoch ab. Womöglich muss sich der Verfassungsgerichtshof damit beschäftigen.

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