Düsseldorf. Nächstes Veto: Die Umgehung der Schuldenbremse sei nicht hinreichend begründet. Ist jetzt der Zeitplan für die Krisenhilfe in Gefahr?
Im Streit um womöglich verfassungswidrige Haushaltstricks der schwarz-grünen Landesregierung hat NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) überraschend erneut einen schweren Rückschlag hinnehmen müssen. In einer am Montag bekannt gewordenen Stellungnahme des Landesrechnungshofs wird auch der zweite Anlauf von Schwarz-Grün zur milliardenschweren Schuldenaufnahme für ein landeseigenes Entlastungspaket in der Energiekrise als rechtswidrig abgelehnt.
Die geplante Umgehung der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse sei „nicht hinreichend begründet“, kritisierte der Landesrechnungshof. Schwarz-Grün habe seinen Finanzbedarf nicht konkretisiert und „nicht hinreichend dargelegt“, ob die Krisenhilfe nicht auch mit weniger als den vorgesehenen Kreditermächtigungen in Höhe von fünf Milliarden Euro zu bewältigen wäre. Zudem sei die gesetzliche Zweckbestimmung des von Schwarz-Grün geplanten „Sondervermögens Krisenbewältigung“ zu präzisieren.
Ist der Zeitplan für das Haushaltsverfahren noch zu halten?
Nach diesem erneuten Veto des Landesrechnungshofs ist fraglich, ob die Landesregierung in der kommenden Woche ungerührt den Landeshaushalt so beschließen kann, wie er in den Landtag eingebracht wurde. Die Opposition aus SPD und FDP hat sich einen Gang vor das Verfassungsgericht ausdrücklich offengehalten. Schon jetzt steht das erste Haushaltsverfahren der neuen schwarz-grünen Koalition unter keinem guten Stern.
In der vergangenen Woche wurde eine „außergewöhnliche Notsituation“ ausgerufen, die Rechtsgrundlage für die Aufnahme weiterer Schulden von bis zu fünf Milliarden Euro sein soll. Damit war NRW dem Beispiel Bremens und Sachsen-Anhalts gefolgt. Die verfassungsrechtliche Schuldenbremse erlaubt nur in strengen Ausnahmefällen die Aufnahme neuer Kredite. „Wann, wenn nicht jetzt, wenn Krieg in Europa ist?“, rechtfertigte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) den Schritt in einem Interview.
Zweckentfremdung von Corona-Krediten war gescheitert
Ein erster Versuch, Milliarden aus dem Corona-Rettungsschirm umzuleiten, war vom Landesrechnungshof bereits in einer sehr seltenen Ad-hoc-Stellungnahme als verfassungswidrig eingestuft worden. Wüst bekräftigte, dass NRW die Kredite für das Entlastungspaket in der Energiekrise binnen 25 Jahren zurückzahlen werde. Der Landesrechnungshof kritisierte diese Ankündigung nun als zu ungenau: „Der Beginn dieses Tilgungszeitraums ist festzulegen. Zudem ist festzuschreiben, dass ein Tilgungsplan aufgestellt wird.“
Bislang ist unklar, wofür genau Schwarz-Grün die schuldenfinanzierten Krisenhilfen ausgeben will. Wüst hatte lediglich ein „Drei-Säulen-Modell“ skizziert. Aus dem neuen Sondervermögen sollten demnach - zusätzlich zu den Entlastungspaketen des Bundes - Hilfen zu Gunsten von Einrichtungen für Kinder und Sport fließen, die trotz Gas- und Strompreisbremse in Nöte geraten könnten. Zudem sei die „Krisenresilienz“ zu stärken und mehr Geld in energiepolitische Unabhängigkeit zu investieren.