Düsseldorf. NRW-Ministerpräsident Wüst (CDU) zeigt sich offen für kostenlose Bürgertests. Die SPD im Landtag fordert 2G für Veranstaltungen und Gastronomie.

Die Landesvorsitzende der Grünen in NRW, Mona Neubaur, spricht sich angesichts der rapiden Zunahme der Neuinfektionen sowie der steigenden Krankenhausauslastung dafür aus, die Schutzmaßnahmen „signifikant“ hochzufahren. „Aus meiner Sicht gehört dazu auch ein landesweit flächendeckendes 2G-Modell beispielsweise für die Gastronomie, Clubs, Diskotheken und Veranstaltungen in Innenräumen“, sage Neubaur, die für die Grünen als Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl 2022 antritt der Redaktion.

Zusätzlich sei auch die Wiedereinführung der kostenfreien Bürgertests sinnvoll, „um das Monitoring breiter aufzustellen und Infektionsketten im Zweifel früher unterbrechen zu können“. Beides wäre schnell umsetzbar, meint Neubaur. Sie sagte weiter: „Ministerpräsident Hendrik Wüst muss jetzt die Möglichkeiten nutzen, die ihm zur Verfügung stehen und die Maßnahmen zum Schutz aller anpassen. Weiter abzuwarten und die Hände in den Schoß zu legen, wäre definitiv der falsche Weg.“

Wüst offen für Rückkehr zu Gratis-Tests – nur für Geimpfte

Angesichts bundesweit stark steigender Corona-Infektionszahlen war die Debatte über eine Wiedereinführung kostenloser Testangebote neu entbrannt. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat am Wochenende erstmals Gesprächsbereitschaft erkennen lassen. Er verlangte als zusätzliche Sicherheit zumindest Gratis-Tests für Geimpfte und Genesene. „Die hohen Infektionszahlen unter Ungeimpften führen zu immer mehr Durchbrüchen auch bei den Geimpften“, sagte Wüst der „Bild am Sonntag“. Kostenlose Schnelltests für Geimpfte und Genesene würden es auch für Menschen mit wenig Geld leichter machen, sich und andere zu schützen, ohne den Anreiz zum Impfen auszusetzen, so der NRW-Regierungschef.

Die bundesweite Corona-Inzidenz ist zum Montag auf 201,1 gestiegen – Höchstwert seit Beginn der Pandemie. Am vergangenen Sonntag lag sie noch bei 149,4. Seit 11. Oktober sind Corona-Tests kostenpflichtig. Ausnahmen gibt es nur noch für Minderjährige und Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.

Kostenlose Schnelltests für Geimpfte und Genesene würden es auch für Menschen mit wenig Geld leichter machen, sich und andere zu schützen, ohne den Anreiz zum Impfen auszusetzen, so NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).
Kostenlose Schnelltests für Geimpfte und Genesene würden es auch für Menschen mit wenig Geld leichter machen, sich und andere zu schützen, ohne den Anreiz zum Impfen auszusetzen, so NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). © dpa

Von der Kostenpflicht hatte sich auch die NRW-Landesregierung einen Motivationsschub erhofft, sich impfen zu lassen. Die Gemeinschaft der Steuerzahler solle nicht mehr dafür aufkommen müssen, wenn jemand ein kostenloses Impfangebot des Staates bewusst ausschlage, hatte Wüsts Amtsvorgänger Armin Laschet (CDU) noch im August erklärt. Die Bundesregierung hatte den Teststellen in Deutschland bis zum September allein 5,2 Milliarden Euro erstattet.

Tests kosten seit Anfang Oktober rund 20 Euro

Mit der Einführung der Kostenpflicht müssen unabhängig vom Impfstatus rund 20 Euro pro Test bezahlt werden. Viele private Anbieter zogen sich aus dem Markt zurück.

Die Apotheken in NRW hielten zwar weiter eine flächendeckende Testinfrastruktur vor, doch die Gesamtzahl von täglich 200.000 Abstrichen pro Tag noch bis Oktober soll drastisch rückläufig sein. Der Apothekerverband Nordrhein hatte vor dieser Entwicklung bereits vor Wochen gewarnt: Zu viele Menschen würden „auf ein Stück mehr Sicherheit durch regelmäßiges Testen verzichten“.

Forderung nach Gratis-Tests auch für Ungeimpfte

Immer mehr Stimmen fordern nun die grundsätzliche Rückkehr zum kostenlosen Testen. Das Ende der Kostenübernahme bei Bürgertests habe nicht dazu geführt, Impfunwillige zu einer Impfung zu motivieren, sagte Bundesärztekammer-Präsident, Klaus Reinhardt, unserer Redaktion.

Er forderte Bund und Länder auf, diese „Fehlentscheidung“ rückgängig zu machen. Ähnlich hatten sich auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Grünen-Chef Robert Habeck geäußert. Befragungen hatten gezeigt, dass sich hartleibige Impfgegner auch von Alltagsrepressionen nicht umstimmen lassen.

Auch die SPD im Düsseldorfer Landtag fordert mehr Maßnahmen, um die vierte Welle der Corona-Pandemie zu brechen. So soll nach den Vorstellungen der SPD-Fraktion in NRW flächendeckend die 2G-Regel (geimpft oder genesen) für Veranstaltungen und die Gastronomie eingeführt werden. Sie spricht sich außerdem dafür aus, befristet wieder kostenlose Coronatests einzuführen - konkret in den „kalten Monaten“, wie es in einem 10-Punkte-Papier der Opposition heißt. Darin wird auch gefordert, den Expertenrat des Landes zu reaktivieren.

Das Gremium - darunter Virologe Hendrick Streeck und Jurist Udo Di Fabio - hatte zuletzt Ende Juni getagt und die aktuelle Situation damals bereits recht gut vorhergesagt: So warnten die zwölf Experten vor mehr Infektionen im Herbst, Impfdurchbrüchen und einer stärkeren Polarisierung innerhalb der Gesellschaft. Eine neue Welle könne „erneut Gefühle von Ohnmacht, Panik oder Schuld hervorrufen."

„Die Zeit des Abwartens muss vorbei sein. Je länger sie noch dauert, umso härter werden wir in die Bremse gehen müssen. Das will keiner“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty der Deutschen Presseagentur. Der neue Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) habe zahlreiche Instrumente in der Hand, so Kutschaty: „Er muss sie nur nutzen.“ Dazu gehöre auch die Reaktivierung der Maskenpflicht an Schulen. (mit dpa)