Düsseldorf. SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty hat der Landesregierung Versagen bei der Bewältigung der Corona-Pandemie an Schulen und Kitas vorgeworfen.
- Mammut-Sitzung im NRW-Landtag: Den ganzen Tag über debattieren die Politiker zu verschiedenen Themen zur Corona-Pandemie.
- SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty warf der Landesregierung Versagen im Blick auf die Corona-Politik an Schulen vor. Den Fall Solingen bezeichnete er als Fanal.
- Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann forderte, Tarifverträge in der Pflege müssten die Regel werden.
Zum zweiten Mal binnen zwei Wochen hat die schwarz-gelbe Landesregierung den NRW-Landtag über die aktuelle Lage in der Corona-Pandemie unterrichtet.
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Auch am 11.11. gelte, dass Vorsicht statt Frohsinn das Gebot der Stunde sei, sagte Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zu Beginn der Sitzung. Die Fallzahlen in Nordrhein-Westfalen seien anhaltend hoch, elf Kreise und Städte wiesen eine Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 200 auf. Dafür gebe die Reproduktionszahl einen leichten Grund zur Hoffnung: Im Schnitt infiziere ein Erkrankter aktuell nur noch eine andere Person – um die Pandemie durch Kontaktverfolgung weiter in den Griff zu bekommen, müsse der sogenannte R-Wert aber weiter deutlich gedrückt werden.
Laumann dankte in dem Zusammenhang den kommunalen Gesundheitsämtern, die seit Monaten an der Belastungsgrenze arbeiteten. „Die Pandemie zeigt, dass der öffentliche Gesundheitsdienst unverzichtbar ist“, sagte Laumann. Aktuell seien zudem mehr als 900 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz, um die Kommunen zu unterstützen.
„Corona ist keine Naturkatastrophe, der wir hilflos gegenüberstehen“
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„Die Krise ist, so sagen manche Menschen, eine Naturkatastrophe“, sagte der Minister. „Aber sie ist keine Naturkatastrophe, der wir hilflos gegenüberstehen.“ Jeder könne etwas dagegen tun und durch richtiges Verhalten das Ausbreiten des Virus verhindern. Die Landesregierung bereite derzeit die Impfungen der Bevölkerung vor. Das Gesundheitsministerium stehe dabei „vor einer gewaltigen Aufgabe“.
Erstes Ziel seines Ministeriums sei, Risikogruppen zu schützen, sagte Laumann. „Wir wissen heute mehr über das Virus als im Frühjahr. Die neuen Schnelltests helfen dabei, Betreuung, Besuche und soziale Teilhabe in Alten- und Pflegeheimen zu ermöglichen“, sagte Laumann. Gleichzeitig ging er mit vielen Arbeitgebern hart ins Gericht. Die Pandemie habe einmal mehr gezeigt, wie wertvoll die Arbeit der Pflegekräfte sei. Auch deswegen müsse Tarifbezahlung im Pflege- und Gesundheitsbereich die Regel werden, forderte Laumann.
Landesregierung nimmt keine Stellung zur Corona-Schulpolitik
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Das von der Opposition derzeit drängendste Thema der Corona-Schulpolitik sprach Laumann indes nicht an. Dabei bekommen die Schulen in NRW die Folgen der Corona-Pandemie immer stärker zu spüren. Mehr als 50.000 Schüler (knapp 2,5 Prozent) waren vergangene Woche laut Schulministerium in Quarantäne. Bei mehr als 3660 Schülern wurde eine Corona-Infektion bestätigt - mehr als doppelt so viele wie in der Woche zuvor. Bei fast 560 Lehrkräften wurde das Coronavirus bestätigt, fast 3500 Lehrer waren in Quarantäne.
Trotz landesweit steigender Corona-Zahlen sollen die Schulen in NRW offen bleiben. Das hat die Landesregierung immer wieder bekräftigt. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte zuletzt der Stadt Solingen untersagt, wegen der hohen Corona-Neuinfektionen die Klassen an weiterführenden Schulen zu halbieren und die Schüler im Wechsel daheim und in den Schulräumen zu unterrichten. Das hatte für heftige Kritik gesorgt.
Kutschaty kritisiert Landesregierung für planlose Corona-Schulpolitik
Auch SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty ging hart mit der NRW-Landesregierung ins Gericht: Bei der Bewältigung der Corona-Pandemie an den Schulen habe das Ministerium von Yvonne Gebauer versagt. Der Fall Solingen sei ein Fanal, sagte Kutschaty, der nicht verstehen könne.
Der Bürgermeister von Solingen, Tim Kurzbach, habe gezeigt, wie trotz Pandemie verantwortungsvolle Schulpolitik gemacht werden könne. „Er hat ihren Job gemacht“, kritisierte Kutschaty in Richtung Gebauers, „und Sie haben nicht den Anstand, Ihre Fehler einzugestehen und alle Akteure an einen Tisch zu holen.“ Das wollen SPD und Grüne nun tun und laden für den 17. November zu einem Schulgipfel ein. Ein solches Treffen hatte Gebauer zuletzt abgelehnt.
Josefine Paul (Grüne) warf der Schulministerin Fahrlässigkeit vor: Die Sommerferien seien nicht genutzt worden, um verantwortungsvolle Konzepte für den Schulunterricht zu erarbeiten. Statt Solingen zu unterstützten, seien die praxistauglichen Maßnahmen verboten worden, so Paul.
Gebauer verteidigt ihre Politik und hält Solingen-Pläne für nicht umsetzbar
Schulministerin Gebauer verteidigte ihre Schulpolitik: So gebe es Eltern, die ihre Kinder aus Sorge nicht mehr in den Unterricht schicken wollten und wieder andere, die schlicht nicht die Möglichkeit hätten, ihre Kinder zu Hause zu betreuen. Die Pandemie sei eine Ausnahmesituation: Denn neben dem Infektionsschutz habe sich das Land auch dem Bildungsauftrag verschrieben und vor allem – dem Wohl des Kindes.
Erst wenn alle anderen Maßnahmen wie zum Beispiel ein zeitlich versetzter Unterrichtsbeginn ausgeschöpft seien, dann sei es „selbstverständlich“, dass Schulen in ein solches Wechselmodell gehen könnten. Sie warf der Stadt Solingen vor, mit ihrem Schulsonderweg nur noch die Hälfte der Schüler in den Klassen unterrichten zu wollen.
Gebauer hatte der bergischen Stadt zuvor untersagt, Klassen an den weiterführenden Schulen wegen der hohen Zahl an Corona-Neuinfektionen zu halbieren und die Schüler im Wechsel daheim und in den Schulräumen zu unterrichten.
NRW-Familienminister Joachim Stamp sprang seiner FDP-Parteikollegin bei und sagte, die Bildungschancen aller Kinder in NRW müssten „vollumfänglich erhalten“ bleiben. „Jeder Tag ohne Kita oder Schule ist ein verlorener Tag“, sagte der stellvertretende Regierungschef in der hitzigen Debatte. „Flächendeckende Schließungen von Kitas und Schulen wird es mit uns nicht geben.“ (mit dpa)