Mannheim. . Nach einer neuerlichen Gewinnwarnung wird der frühere hessische Ministerpräsident als Vorstand des Baukonzerns abgelöst. In einer Stellungnahme erklärt er den Schritt mit dem Vertrauensverlust aufgrund der negativen Zahlen.

Der Vorstandschef des Bau- und Dienstleistungskonzerns Bilfinger, Roland Koch, räumt vorzeitig seinen Posten. Wie die Bilfinger SE am Montagabend in Mannheim mitteilte, soll Koch zum 8. August ausscheiden und vorübergehend durch das Mitglied des Aufsichtsrates, Herbert Bodner, ersetzt werden. Bodner hatte bereits vor dem Amtsantritt Kochs Mitte 2011 an der Spitze von Bilfinger gestanden.

Hintergrund ist eine erneute Gewinnwarnung. Wegen einer nochmals reduzierten Ergebnisprognose in der Kraftwerkssparte muss der Konzern seine Vorhersagen für das Gesamtjahr abermals anpassen. Ende Juni hatte Bilfinger seine Ziele schon einmal revidiert. Nun gehen die Mannheimer von einem um 25 Millionen Euro reduzierten bereinigten Konzernergebnis zwischen 205 und 220 Millionen Euro aus.

Bilfinger hat Probleme mit Folgen der Energiewende

"Für ein unverändert erfolgreiches Unternehmen wie Bilfinger ist Berechenbarkeit am Kapitalmarkt ein wichtiges Gut", erklärte Koch der Mitteilung zufolge. "Durch zwei kurz aufeinanderfolgende Gewinnwarnungen, für die ich als Vorstandsvorsitzender einstehe, ist dieses Vertrauen erschüttert."

Bilfinger hat derzeit vor allem Probleme mit den Folgen der Energiewende. Unter Koch wurde auch ein Sparkurs mit Stellenstreichungen eingeleitet. Besonders stark ist die zur Kraftwerkssparte gehörende Fertigung von Hochdruck-Rohrleitungen von den Folgen der Energiewende betroffen. Bilfinger setzte mit dem Hochdruckrohrleitungsbau zuletzt rund 400 Millionen Euro um. Für die jüngste Gewinnwarnung war nach Konzernangaben auch ein verlorener Auftrag in Südafrika verantwortlich.

Auch interessant

Koch hatte den Posten im Juli 2011 angetreten. In den vergangenen Jahren hatte er den Konzern umstrukturiert. Unter anderem steht die traditionsreiche Tiefbausparte vor dem Verkauf.

Zuvor war Koch elf Jahre lang Ministerpräsident Hessens und CDU-Landeschef. Sein Rücktritt von allen politischen Ämtern Mitte 2010 im Alter von 52 Jahren hatte die CDU erschüttert. Er galt als einer der profiliertesten Köpfe der Partei und gleichzeitig als streitbarer Politiker, der in der Union oft genug gegen den Strich bürstete. Nach dem vorherigen Abgang von Friedrich Merz und Laurenz Meyer verlor der Wirtschaftsflügel seinen herausragenden Protagonisten.

Koch griff auch zu umstrittenen politischen Mitteln

Roland Koch hat in der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner oft zu höchst umstrittenen Methoden gegriffen. So im hessischen Wahlkampf 1999, als er, mit fremdenfeindlichen Vorurteilen spielend, gegen die doppelte Staatsbürgerschaft für Zuwanderer agitierte.

Oder zuletzt 2008, erneut im Hessen-Wahlkampf, als er mit einer Kampagne gegen seine Kontrahenten Andrea Ypsilanti (SPD) und Tarek Al-Wazir (Grüne) erneut in die fremdenfeindliche Kiste griff.

Dennoch galt er lange als wichtiger konservativer Widerpart von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Beobachter vermuteteten nach seinem Rücktritt, dass er unter ihrer Führung für sich in der Politik keine weiteren Entwicklungsmöglichkeiten mehr sah und deshalb in die Wirtschaft wechselte. (mit dpa)