Berlin. .
Nach dem angekündigten Rückzug von Hessens Ministerpräsident Roland Koch wird in CDU-Reihen heftig diskutiert. Dabei wächst der Druck auf die Chefin Angela Merkel. Sie soll mehr konservatives Profil zeigen.
Nach dem angekündigten Rückzug von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) aus der Politik diskutieren führende CDU-Politiker über die künftige Ausrichtung der Partei. Dabei wächst der Druck auf Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, mehr konservatives Profil zu zeigen. Koch selbst begründete seinen Abgang in einem Zeitungsinterview mit „schwindender Gestaltungsmacht“ und machte die zehn Jahre zurückliegende Spendenaffäre der CDU für sein Image in der Politik mit verantwortlich. Es gebe seitdem ein Misstrauen der Bürger gegen ihn, sagte Koch.
„Ich kann mir nicht vorstellen, wie die Lücke geschlossen werden kann, die Roland Koch gerissen hat. Er war ein Hoffnungsträger für all diejenigen, die sich klare Aussagen wünschen“, sagte der Vorsitzende der Jungen Union und CDU-Präsidiumsmitglied Philipp Mißfelder. Er betonte, die Kanzlerin sei jetzt gefordert, „in den nächsten Monaten eine neue Mannschaftsaufstellung zu finden“.
Sorge um Aufstellung der Partei
Auch die CDU in Hessen äußerte sich besorgt über die Aufstellung der Partei. Fraktionschef Christean Wagner sagte: „Mit dem Fortgang von Roland Koch und zuvor schon von Friedrich Merz hat die personelle Bandbreite der CDU erheblichen Schaden genommen.“ Das seien „keine Zufallsereignisse“.
Wagner forderte die Initiative Merkels: „Es ist an der Bundesvorsitzenden, jetzt verstärkt darauf zu achten, dass unsere Bandbreite erhalten bleibt.“ Der ehemalige Arbeitsminister Franz Josef Jung (CDU) monierte: „Eigentlich sollte man dafür Sorge tragen, dass man solche Talente wie Roland Koch in der Politik hält.“
„Einerseits, andererseits...“
Kritik an Merkel äußerte auch der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs (CDU): „Die CDU muss sich im Klaren sein, dass wir bestimmte Bereiche zu wenig abdecken.“ Dazu zählten die Wirtschaftspolitik, das konservativ-katholische Milieu und die Innenpolitik.
Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), unterstrich, es gehe nicht nur um Inhalte, sondern auch um einen Politikstil, der in letzter Zeit zu kurz komme. „Ich vermisse ein klares Einstehen für Überzeugungen, auch wenn es mal Gegenwind gibt“, sagte er. Stattdessen heiße es immer öfter „einerseits, andererseits... alles hängt mit allem zusammen... schauen wir mal, wie“s weitergeht“.
„Keine Fahnenflucht“, sagt Koch
Koch hatte vor wenigen Tagen überraschend seinen Rückzug aus der Politik angekündigt, um unternehmerisch tätig zu werden. Bis zum Herbst will er seine Regierungs- und Parteiämter abgeben, auch den Posten des stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden.
Seine Entscheidung bedeute „keine Fahnenflucht“, sagte Koch. An einem bestimmten Punkt trete für Politiker „ein Verschleißprozess ein, der größer ist als seine Gestaltungsmacht. Diesen Punkt muss er aus eigener Kraft finden“, erklärte er. Koch verteidigte zudem seinen umstrittenen Stil. „Polarisierung hat immer starke Aggression, aber auch starke Zustimmung zur Folge. Es muss Politiker geben, die beide Emotionen auslösen“, sagte er.
Seiner Partei wirft Koch vor, ihn in die CDU-Spendenaffäre vor zehn Jahren hineingezerrt zu haben. Er habe „etwas übernommen, was ich hinten und vorne nicht übersehen konnte“, sagte Koch. Die Affäre habe sein Image in der Politik verändert und ein Misstrauen der Bürger „bis zum heutigen Tag“ ausgelöst. „Wenn ich gewusst hätte, in welchem Umfeld ich mich bewege, wäre das nie passiert.“ (ddp)