Essen/Mannheim. .

Roland Koch wird neuer Chef beim zweitgrößten deutschen Baukonzern Bilfinger Berger. Kritik an seinem schnellen Wechsel von der Politik in die Wirtschaft weist er zurück.

Roland Koch wird neuer Vorstandschef bei Deutschlands zweitgrößtem Baukonzern Bilfinger Berger. Der ehemalige hessische Ministerpräsident wechselt zum 1. März kommenden Jahres in den Vorstand des Mannheimer Konzerns und soll am 1. Juli Herbert Bodner ablösen, der in den Ruhestand geht. Anleger reagierten irritiert auf die Benennung. Die Bilfinger-Berger-Aktie gab gestern zeitweilig um 4,5 Prozent nach.

Also doch Roland Koch. Seit Monaten beschäftigte die Personalie die Republik und ließ Bilfinger Bergers Aufsichtsratschef Bernhard Walter nicht gut aussehen. Walter hatte anfangs dementiert, Koch ins Boot holen zu wollen. Die Spekulationen gingen nicht spurlos an Bilfinger Berger vorbei. Die Aktie gab in den vergangenen Wochen um mehr als zwei Prozentpunkte nach, nur, um am gestrigen Tag die Talfahrt fortzusetzen. Die Anleger vertrauen der Personalie Koch wohl nicht. Der versuchte Bedenken zu zerstreuen. Er wolle am bisherigen Konzern-Kurs nicht rütteln, gab Hessens ehemaliger Landesvater gestern zu Papier.

Kritik an seiner Entscheidung, fast nahtlos von der Politik in die Wirtschaft zu wechseln, wies Koch routiniert zu­rück. Sowohl die hessischen Grünen als auch die Or­ganisation „Transparency In­ternational“ hatten nach Be­kanntwerden des Wechsels von ei­nem „Ge­schmäckle“ ge­sprochen. Koch habe als Re­gierungschef in Wiesbaden den umstrittenen Ausbau des Frankfurter Flughafens mitzuverantworten. Da­von habe Bilfinger Berger maßgeblich profitiert. Koch konterte. Er habe „in keinem einzigen Fall etwas mit Entscheidungen für oder gegen die Firma Bilfinger Berger zu tun“ gehabt.

Unersetzbarer Erfahrungsaustausch

Mehr noch, der 52-Jährige ging in die Offensive: In Deutschland ge­be es „eine be­dauernswert ge­ringe Tendenz zum Wechsel zwischen Wirtschaft und Politik“. Dieser Erfahrungsaustausch sei durch nichts zu er­setzen.

Er wolle daran mitwirken, dass sich Bilfinger von einem Bau- und Ingenieurkonzern hin zu einem Baudienstleister weiterentwickle, sagte Koch gestern. Gerade in Fragen der Energiewirtschaft und bei Projekten, in denen die öffentliche Hand mit der Wirtschaft zu­sammenarbeite, könne er helfen, sagte der 52-Jährige auf einer eigens für die Presse an­beraumten Telefonkonferenz, „auch wenn ich weiß, dass ich in neues Fahrwasser komme“.

Keine Hilfe für Hochtief

Auf die Frage, ob Bilfinger Berger sorgenvoll nach Essen schaue, wo sich Deutschlands größter Baukonzern Hochtief mit allen Mitteln gegen eine Übernahme durch den spanischen Konkurrenten ACS wehre, wollte Koch nicht antworten. Er wies allerdings jegliche Form staatlicher Intervention zurück. Diese könne einem Un­­ternehmen eher schaden als nützen. In seiner neuen Rolle sei es seine Aufgabe, den Aktionären von Bilfinger Berger klarzumachen, dass „ein Halten der Aktie eine größere Wertsteigerung für sie selbst bedeutet“ als das Verkaufen an einen Interessenten, so Koch. Hilfe für Hochtief schloss Herbert Bodner, den Koch 2011 beerbt, aus: „Bilfinger Berger kommt als weißer Ritter nicht infrage.“

Pfusch bei U-Bahn-Bau

Roland Koch ist nicht der erste Berufspolitiker, der mit seinem schnellen Wechsel in die Wirtschaft Kritik einstecken muss. Vor ihm heuerten der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) beim russischen Gasversorger Gazprom und Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) als Berater beim Stromkonzern RWE und bei BMW an.

Koch übernimmt mit Bilfinger Berger einen Konzern, der sich mehr und mehr als Baudienstleister ausrichtet. Der Wechsel macht sich auch beim Gehalt bemerkbar. Als Ministerpräsident verdiente Koch 190.000 Euro im Jahr. Als Vorstandschef bei Bilfinger Berger wird er etwa 1,4 Millionen Euro verdienen. Die Baufir­ma steht wegen möglichen Pfuschs beim Kölner U-Bahn-Bau in der Kritik, durch den das Stadtarchiv einstürzte und zwei Menschen ums Leben kamen.