Gaza/Tel Aviv. Der Gazakonflikt wird immer blutiger. UN und USA bemühen sich um eine Waffenruhe - bisher vergeblich. Bislang sind 580 Palästinenser und 29 Israelis bei dem Kämpfen ums Leben gekommen. Die USA haben 35 Millionen Euro für humanitäre Hilfe im Gazastreifen angekündigt.
Angesichts immer höherer Opferzahlen wird der Ruf nach einer Waffenruhe im Gazakonflikt immer lauter. Dennoch deutet nichts auf eine unmittelbare Lösung hin. Die "New York Times" zitierte namentlich nicht genannte US-Beamte mit der Aussage, dass die Situation zur Zeit weitaus schwieriger als beim Gazakonflikt im Jahr 2012 sei, als die damalige Außenminister Hillary Clinton ein Ende der Feindseligkeiten auf dem Verhandlungsweg erreicht hatte. "Bemühungen um eine Waffenruhe werden dieses Mal in mancher Hinsicht schwieriger sein, als 2012", sagte ein Ansprechpartner aus dem State Department der Zeitung. Die Region sei heute stärker zerrissen.
Die USA geben 47 Millionen Dollar (34,7 Millionen Euro) für humanitäre Hilfe im Gazastreifen. Das kündigte Außenminister John Kerry in einer schriftlichen Erklärung an. 15 Millionen Dollar gingen an die UN-Organisation UNRWA zur Hilfe für Palästinenserflüchtlinge, der Rest an die US-Hilfsorganisation USAID. Kerry befindet sich derzeit in Kairo und tritt dort für eine Waffenruhe zwischen Israel und den radikalen Hamas im Gazastreifen ein.
In Kairo trafen am Montagabend UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und US-Außenminister John Kerry ein, die sich in den kommenden Tagen um Vermittlung einer Feuerpause bemühen wollen.
Ban forderte nach seiner Ankunft eine sofortige Waffenruhe. Israel und die militanten Palästinenser könnten im Anschluss an eine Feuerpause in einen Dialog über ihre Differenzen treten, sagte er. Mit Blick auf über 580 Tote seit dem 8. Juli fügte er hinzu: "Gaza ist eine offene Wunde, ein Heftpflaster hilft da nicht."
Ban und Kerry treffen sich mit Ägyptens Staatschef
Kerry wollte nach einem Gespräch mit Ban am Dienstag mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und Außenminister Samih Schukri zusammenkommen. Auf dem Programm steht außerdem eine Begegnung mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi. Ägypten hatte eine Waffenruhe im Gazakonflikt vorgeschlagen, die die radikal-islamische Hamas jedoch abgelehnt hat.
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Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und der Führer der Hamas- Exilorganisation, Chaled Maschaal, erörterten in der katarischen Hauptstadt Doha Möglichkeiten für einen Waffenstillstand. Palästinensische Führungskräfte sprachen von gewissen Fortschritten, wiesen aber darauf hin, dass eine Einigung zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas weiterhin nicht in Reichweite sei.
Ein palästinensischer Fernsehbericht über eine fünfstündige humanitäre Feuerpause am Dienstag sei von arabischer Seite gegenüber der Zeitung "Times of Israel" dementiert worden. Das israelische Onlineportal "Ynet" hatte unter Berufung auf den der radikalen Gruppierung Islamischer Dschihad nahestehenden Fernsehsender berichtet, die Waffenruhe solle am Dienstag um 10.00 Uhr beginnen.
Bodenoffensive entwickelt sich zum Häuserkampf
Der bewaffnete Konflikt hat in zwei Wochen schon weit mehr als 500 Menschenleben gefordert und droht noch blutiger zu werden. Die israelische Bodenoffensive gegen militante Palästinenser im Gazastreifen entwickelt sich zu einem verlustreichen Häuserkampf. Mehr als 3300 Menschen wurden bereits verletzt. Bis zu 200 000 sind nach palästinensischen Angaben in dem abgeriegelten Küstenstreifen auf der Flucht.
US-Präsident Barack Obama äußerte "ernsthafte Bedenken" wegen der ständig steigenden Zahl ziviler Opfer in Gaza. Die internationale Gemeinschaft müsse die Gewalt in Gaza stoppen, sagte er am Montag in Washington. Sein Sprecher Josh Earnest erinnerte Israel an "die eigenen Ansprüche" beim Schutz von Zivilisten. "Das wird keine leichte Arbeit werden."
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Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNRWA versorgte in Gaza Zivilisten in Schulgebäuden, die jetzt während der Ferien leer stehen - aber die Zufluchtsstätten sind heillos überfüllt. Andere Palästinenser suchten bei Freunden und Verwandten Unterschlupf. Bunker für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen gibt es nicht.
Selbst Krankenhäuser geraten ins Visier. Bei israelischem Artilleriebeschuss einer Klinik kamen nach palästinensischen Angaben fünf Menschen ums Leben, etwa 50 wurden verletzt. Ein Großteil der Opfer gehörte zum medizinischen Personal der Klinik in Dir el Balah, sagte der Leiter der Rettungsbehörden im Gazastreifen, Aschraf al-Kidra.
Bei einem israelischen Luftangriff auf ein Haus im Zentrum der Stadt Gaza wurden nach palästinensischen Angaben acht Menschen getötet. Die Hälfte davon seien Kinder gewesen, teilten die Rettungsdienste mit. Bei einem weiteren Luftangriff in Rafah wurden neun Mitglieder einer Familie getötet, darunter vier Minderjährige.
29 Israelis und 580 Palästinenser getötet
Der UN-Sicherheitsrat forderte eine Feuerpause und den Schutz von Zivilisten. "Wir sind sehr besorgt um die Zivilisten im Kampfgebiet", hieß es in New York.
Die Bundesregierung appellierte an Israelis und Palästinenser, bei den Kämpfen im Gazastreifen Zivilisten zu verschonen. Es seien bereits zu viele Unschuldige ums Leben gekommen, erklärte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, im Namen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Berlin.
Militante Palästinenser feuerten weiter Raketen auf Israel ab - am Montag heulten erstmals seit drei Tagen wieder die Sirenen in Tel Aviv. Nach Angaben der Armee wurden zwei Raketen über Tel Aviv und drei Raketen über Aschdod abgeschossen. Die Hamas teilte mit, sie habe vier Raketen des Typs M-75 auf Tel Aviv abgefeuert.
Palästinenser bei versuchtem Anschlag getötet
In Gaza wurden allein im dicht bewohnten Viertel Sadschaija bei Gefechten in der Nacht zehn Hamas-Kämpfer getötet, wie der israelische Militärsprecher Peter Lerner mitteilte. Mindestens zehn weitere bewaffnete Palästinenser wurden demnach bei einem versuchten Anschlag getötet. Sie waren durch Tunnel aus dem nördlichen Gazastreifen nach Israel vorgedrungen, wie es hieß.
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In Sadschaija seien mehrere Tunnel gefunden worden, sagte Lerner. Die Tunnel führen unterirdisch auf israelisches Gebiet und sollen für Anschläge und Entführungen genutzt werden. Auch Raketen werden häufig aus den dicht besiedelten Wohnvierteln auf Israel abgefeuert. Seit Beginn des Bodeneinsatzes am Donnerstag nahm die Armee nach eigenen Angaben 20 Palästinenser fest.
Auf israelischer Seite übersteigt die Zahl der Toten bereits die Verluste bei der Operation "Gegossenes Blei", die im Januar 2009 endete. Damals waren zehn Soldaten und drei Zivilisten getötet worden, heute sind es bereits 27 Soldaten und zwei Zivilisten. Die Zahl der getöteten Palästinenser wurde am Dienstagmorgen mit etwa 580 angegeben. Im Gazastreifen leben rund 1,8 Millionen Menschen.
Nach gescheiterten Friedensinitiativen und andauerndem Beschuss aus dem Gazastreifen hatte Israel am 8. Juli mit Luftangriffen auf Ziele der Hamas begonnen. Am 17. Juli startete Israel seine Bodenoffensive, unterstützt von Luftwaffe und Marine. (dpa)