Gaza/Tel Aviv. Trotz steigender Opferzahlen will Israel seine Bodenoffensive im Gazastreifen ausweiten. Die Armee rief am Samstag 50.000 Bewohner zweier Flüchtlingslager in Gaza auf, ihre Unterkünfte zu verlassen. Inzwischen sind bereits mehr als 300 Menschen gestorben; am Samstag auch ein israelischer Zivilist.
Israel will trotz steigender Opferzahlen seine Offensive im Gazastreifen ausweiten. Die Armee rief am Samstag rund 50.000 Bewohner der Flüchtlingslager Al-Bureidsch und Al-Maasi im auf, ihre Unterkünfte zu verlassen. Die Lager befinden sich im Zentrum des kleinen Palästinensergebietes am Mittelmeer. "Wir wollen die Operationen ausweiten und nach unseren Erfordernissen ausrichten", sagte der israelische Generalstabschef Benny Gantz bei einem Besuch des Streitkräfte-Kommandos Süd in Beerscheva.
316 Menschen sind nach Angaben der palästinensischen Rettungsdienste seit Beginn der israelischen Luftangriffe am 8. Juli getötet sowie 2283 weitere verletzt worden. Seit dem Vorrücken israelischer Bodentruppen in den Gazastreifen in der Nacht zum Freitag starben mindestens 70 Palästinenser. Zwei Drittel der Opfer seien Zivilisten, hieß es.
Auf israelischer Seite wurden in der Nacht zum Samstag ein Offizier schwer und zwei Soldaten leicht verwundet, wie die Armee mitteilte. Der einzige israelischer Soldat, der bisher getötet wurde, war zu Beginn der Offensive Opfer eines irrtümlichen Beschusses aus den eigenen Reihen geworden, wie eine Untersuchung durch das Militär ergab.
32-jähriger Israeli bei Raketenangriff getötet
Bei einem Raketenangriff militanter Palästinenser aus dem Gazastreifen starb am Samstag auch ein 32 Jahre alter Zivilist in Israel. Zwei Kleinkinder im Alter von einem und vier Jahren sowie zwei 30 Jahre alte Frauen seien mit Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht worden, wie Polizeisprecher Micky Rosenfeld mitteilte. Demnach traf die aus dem Gazastreifen abgefeuerte Rakete ein Haus in einem Beduinendorf nahe der südisraelischen Stadt Dimona. In der Nähe von Dimona steht Israels Atomreaktor.
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Außerdem hat ein Kommando der Hamas-Milizen nach Armeeangaben erneut versucht, durch einen Tunnel aus dem Gazastreifen auf israelischen Boden vorzudringen, um dort einen Anschlag auszuführen. Eine Streife des israelischen Militärs entdeckte den Trupp auf der israelischen Seite der Gaza-Grenze, bevor er eine nahe gelegene israelische Ortschaft zu attackieren vermochte, wie die Armee mitteilte. Demnach wurde bei dem anschließenden Gefecht ein Angreifer getötet. Die anderen zogen sich durch den Tunnel nach Gaza zurück. Zwei israelische Soldaten erlitten Verletzungen.
Es handelte sich um den zweiten derartigen Angriff militanter Palästinenser durch einen Tunnel binnen drei Tagen. Am Donnerstag waren 13 Hamas-Kämpfer aus einem Tunnel beim grenznahen Kibbuz Sufa aufgetaucht. Ein israelischer Luftangriff hatte sie zur Umkehr gezwungen, bevor sie den Kibbuz angreifen konnten.
Ban Ki Moon ruft beide Seiten zu Waffenstillstand auf
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon wolle sich unterdessen für eine Waffenruhe zwischen Israelis und Palästinensern einsetzen, sagte der stellvertretende UN-Generalsekretär Jeffrey Feltman am Freitag bei einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. Ban wollte am Samstag in den Nahen Osten reisen. Der EU-Ministerrat rief beide Seiten auf, umgehend einem Waffenstillstand zuzustimmen.
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Mit dem ersten massiven Vorstoß in das Palästinensergebiet seit 2009 will Israel die militärische Infrastruktur der radikal-islamischen Hamas und verbündeter Gruppen zerschlagen. Dazu zählen zahlreiche Tunnel, mit denen die Hamas Israel auf unterirdischem Weg erreichen will, um dort Anschläge auszuführen oder Menschen zu entführen. Die israelische Bodenoffensive begann nach tagelangem Raketenbeschuss und einer vereitelten Kommandoaktion militanter Palästinenser, die offenbar einen Anschlag in Israel verüben wollten.
Die Türkei beantragte ein Dringlichkeitstreffen des UN-Menschenrechtsrats und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC), wie Außenminister Ahmet Davutoglu ankündigte. "Wir verurteilen die von Israel nach den inhumanen Morden durch Luftangriffe begonnene Bodenoperation in Gaza auf das Schärfste."
Ein Besuch von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ankara blieb am Freitag ohne greifbare Ergebnisse. Die Türkei, die gute Verbindungen zur Hamas hat, hatte sich als Vermittler angeboten. Zugleich ist aber das Verhältnis Ankaras zu Israel wegen der unterschiedlichen Positionen zur Gaza-Frage sehr angespannt. (dpa)