Düsseldorf. Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Staatssekretär Laumann (CDU), hat sich für höhere Pflegezuschläge für Kinderlose ausgesprochen. Das sei eine Maßnahme, um für die Generation der “Babyboomer“ vorzusorgen. Außerdem sollen Senioren über Steueranreize für häusliche Pflege gewonnen werden.
Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann (CDU), hat sich für höhere Pflegezuschläge für Kinderlose ausgesprochen. „Persönlich finde ich den Gedanken nicht falsch“, sagte Laumann im WAZ-Interview. Schon heute zahlen Kinderlose gegenüber Eltern einen 0,25 Prozent höheren Beitragssatz von 2,3 Prozent in die Pflegeversicherung. Ab 2015 steigt der Satz für alle Beitragszahler um 0,3 Prozent. Von den Mehreinnahmen soll jährlich eine Milliarde Euro in die Vorsorge für die Generation der „Babyboomer“ zurückgelegt werden. Der Bundesgesundheitsminister will noch im Frühjahr einen Gesetzentwurf zur Pflegereform vorlegen, der auch die Leistungen für Demenzkranke verbessert. Laumann erläuterte, dass die Eigenständigkeit von Demenzkranken gefördert werden soll.
Rentner sollen Familien künftig bei der häuslichen Pflege entlasten. Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), sprach sich im Gespräch mit dieser Zeitung dafür aus, Senioren ehrenamtlich über eine steuerfreie Aufwandspauschale für die häusliche Pflege zu gewinnen. „Warum soll nicht ein Rentner mit kleiner Rente nebenbei 100 Euro im Monat verdienen, wenn er mit der Pflegeperson Spaziergänge macht?“, so Laumann.
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Weil bundesweit bis zu 50.000 Pflegekräfte fehlen, regt Laumann an, ehrenamtlich tätige Rentner gezielt als Demenzbetreuer einzusetzen. Zwei Drittel der Pflegefälle werden daheim betreut, deshalb hält es der Pflegebeauftragte für sinnvoll, Familien zusätzliche niederschwellige Angebote zu machen. Mit dem Geld aus der Pflegeversicherung könnten Familie die Helfer bezahlen, sagte Laumann. „Mit professionellen Pflegekräften ist das nicht möglich – außerdem gibt es gar nicht so viele.“
Pflegebeiträge steigen
Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt bis 2030 bundesweit von 2,5 auf 3,4 Millionen Menschen. Deshalb will der Bund Anfang 2015 die Pflegebeiträge um 0,3 Prozent anheben – davon wird ein Anteil von 0,1 Prozent in die Rücklage für die geburtenstarken Jahrgänge fließen – das sind mehr als eine Milliarde Euro im Jahr. Dabei soll sichergestellt werden, dass das zusätzliche Geld zweckgebunden wird und nicht vor 2030 ausgegeben werden kann, wenn die Jahrgänge der 50er- und 60er-Jahre ins Pflegealter kommen.
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Zusätzlich will die Bundesregierung einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff umsetzen, der vor allem eine Anhebung der Leistungen für Demenzkranke vorsieht. Laumann nennt ein praktisches Beispiel: „Vor 20 Jahren wurde einem Menschen, der nicht mehr allein essen kann, beim Essen geholfen. Jetzt wollen wir versuchen, ihm wieder beizubringen, wie man ein Butterbrot schmiert.“ Dieses Mehr an Eigenständigkeit erfordert allerdings zunächst einen höheren finanziellen Aufwand für Menschen mit Demenz.
Laumann spricht sich zudem für höhere Pflegezuschläge für Kinderlose zur Finanzierung der Pflegeversicherung aus. Schon heute zahlen Kinderlose mehr als Eltern. Wer keine Kinder hat und älter als 23 Jahre ist, muss einen Zuschlag von 0,25 Prozent auf 2,3 Prozent des Bruttoeinkommens zahlen. Bei einem Bruttogehalt von 3000 Euro zahlen Kinderlose bereits 7,50 Euro im Monat mehr als Eltern. „Eine darüber hinaus gehende Erhöhung steht nicht im Koalitionsvertrag“, räumt Laumann ein. „Wer etwas ändern will, müsste also den Koalitionspartner mitnehmen.“
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Pfleger sollen mehr Geld verdienen
Angesichts der wachsenden Kritik von Pflegekräften über hohe bürokratische Auflagen durch umfangreiche Dokumentationspflichten, will Laumann neue Wege gehen und zu einer Umkehr der Dokumentation beitragen. „Dann wird nicht mehr dokumentiert, was alles in Ordnung ist oder regelhaft gemacht wird, sondern nur, wenn etwas anders ist als normal – ob ein Kranker etwa nicht gegessen hat.“
Zudem setzt sich Laumann für eine höhere Bezahlung des Pflegepersonals ein. Examinierte Pflegekräfte arbeiten häufig für knapp 1900 Euro brutto im Monat und verdienen oft deutlich weniger als Handwerker. Laumann: „Ich werde eine Studie in Auftrag geben, um die regional unterschiedliche Bezahlung von Pflegekräften in Deutschland aufzuzeigen.“