Berlin. . Zweieinhalb Wochen nach der Bundestagswahl nehmen Union und Grüne an diesem Donnerstag erstmals Sondierungsgespräche zur Bildung einer Regierung auf. Die Grünen zeigten sich jedoch sehr skeptisch, ob vor allem mit der CSU Kompromisse möglich seien. Auch Kanzlerin Merkel geht auf Distanz.
Knapp drei Wochen nach der Bundestagswahl kommen Union und Grüne heute Nachmittag in Berlin zu ihrem ersten Sondierungsgespräch über eine mögliche Koalition zusammen. Kurz vor dem Treffen betonten mehrere Grünen-Politiker, die Partei gehe mit großer Ernsthaftigkeit in das Treffen - gleichzeitig verwiesen sie auf große inhaltliche Unterschiede.
Am Mittwoch hatten die Grünen allerdings die Hürde für Schwarz-Grün mit Forderungen nach mehr Flüchtlingshilfe erhöht. Die Union, die auch schon mit der SPD sprach, hatte in den vergangenen Tagen mehrfach betont, ergebnisoffen sondieren zu wollen.
Kretschmann plädiert für seriöse Verhandlungen
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann - Mitglied im Grünen-Sondierungsteam - plädierte für seriöse Verhandlungen mit CDU und CSU. "Auch in schwieriger Lage muss jemand Verantwortung übernehmen und das Land regieren", sagte er der "Südwestpresse" (Donnerstag). "Dieser Herausforderung müssen wir uns mit allem Ernst stellen." Und weiter: "Wenn die gemeinsame Basis reicht, wäre Schwarz-Grün eine Chance. Das müssen wir aber eruieren."
Eine Koalition sei nur machbar, "wenn grüne Kernbereiche wie ökologische Modernisierung der Wirtschaft oder die Öffnung zu einem Einwanderungsland klar erkennbar abgebildet sind. Sonst macht es keinen Sinn."
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Parteichef Cem Özdemir sagte der "Rheinischen Post" (Donnerstag), er wolle "das Gespräch so führen, dass wir anständig miteinander umgehen - nicht nur heute, sondern auch in Zukunft." Es gehe auch um die politische Kultur. "Wir haben vorher gesagt, dass demokratische Parteien miteinander gesprächsfähig sein müssen, und genau das setzen wir hier um. Von einem Dialog hin zur Zusammenarbeit ist allerdings ein weiter Weg, das ist auch klar."
Grünen-Basis sieht Sondierung mit Union kritisch
CDU-Vize-Chef Armin Laschet sagte der Zeitung: "Ich bin sicher, dass wir die Sondierungen in großer Ernsthaftigkeit führen." Dabei gehe es darum festzustellen, mit wem sich am meisten vom Programm der Union umsetzen lasse. "Im Wahlkampf waren SPD und Grüne von uns gleich weit entfernt", sagte Laschet.
Die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann, die ebenfalls mit sondiert, sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag): "Die Schnittmenge ist klein, und das wissen auch alle Beteiligten." Als eine Hürde nannte sie die Differenzen beim Thema Flüchtlingspolitik.
An der Basis der Grünen überwiegen die kritischen Stimmen gegenüber Schwarz-Grün im Bund. Es gibt aber auch Forderungen nach ernsthaften Gesprächen mit der Union, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur vor dem ersten Sondierungsgespräch der Parteien zeigte. "Wir haben viele kritische Rückmeldungen aus den Kreisverbänden erhalten", sagte der niedersächsische Landeschef Jan Haude. Die Hamburger Landeschefin Katharina Fegebank meinte: "Wir sind Wahlverlierer - ich sehe uns erst einmal gar nicht im Auftrag der Regierungsbildung." Union und Grüne wollten am Donnerstag die Möglichkeit einer Zusammenarbeit ausloten.
"Viele kritische Rückmeldungen" gegen mögliche Koalition von Schwarz-Grün
"Wir haben viele kritische Rückmeldungen aus den Kreisverbänden erhalten", sagte der niedersächsische Landeschef Jan Haude. Die Hamburger Landeschefin Katharina Fegebank meinte: "Wir sind Wahlverlierer - ich sehe uns erst einmal gar nicht im Auftrag der Regierungsbildung."
Der hessische CDU-Politiker Franz Josef Jung, einst Verteidigungs- und später Bundesarbeitsminister, forderte seine Partei auf, sich neuen Bündnisoptionen zu öffnen. "Viele unserer Mitglieder, bis hinein in den konservativen Bereich, wissen, dass es strategisch an der Zeit ist, auch über Schwarz-Grün neu nachzudenken", sagte er der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstag). "Es ist die Zeit der Tabubrüche in Koalitionsfragen, das gilt auch für die Union."
Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, zeigte sich skeptisch, dass CDU/CSU und Grüne zueinander finden. "Ganz schwierig wird es mit der Energiewende. Beide Parteien wollen sie vorantreiben, sie würden sich aber heftig über die Instrumente streiten", sagte Hüther den "Stuttgarter Nachrichten" (Donnerstag). Auch in der Steuerpolitik lägen beide Seiten weit auseinander.
Nach einer ersten Gesprächsrunde mit der SPD hatte es in der Union positive Stimmen zur Variante einer großen Koalition gegeben. Vor allem CSU-Chef Horst Seehofer favorisiert offen Verhandlungen mit den Sozialdemokraten. Am Montag sollen die schwarz-roten Sondierungen fortgesetzt werden. Die Grünen stecken derzeit mitten in einem Prozess der Neuaufstellung nach ihrem 8,4-Prozent-Dämpfer bei der Bundestagswahl.
Für die Union nehmen 14 Politikerinnen und Politiker an den schwarz-grünen Sondierungen teil, je sieben für CDU und CSU. Für die Grünen sind es acht. (dpa)