Berlin. Die SPD lehnt es nach den Worten ihrer Generalsekretärin Andrea Nahles ab, mit der Union Koalitionsverhandlungen zu führen, während gleichzeitig über ein mögliches schwarz-grünes Bündnis gesprochen wird. “Parallele Verhandlungen Union-SPD und Union-Grüne werden wir nicht akzeptieren“, sagte Nahles.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat die Union aufgefordert, sich möglichst schnell für einen Wunschpartner zur Regierungsbildung zu entscheiden. Bundeskanzlerin Merkel werde in absehbarer Zeit sagen müssen, ob sie mit SPD oder Grünen Koalitionsverhandlungen aufnehmen wolle, sagte Nahles am Samstag im WDR-Hörfunk. "Parallele Verhandlungen werden wir jedenfalls nicht akzeptieren." Bei den ersten Sondierungsgesprächen am Freitag sei es zunächst um das Ausloten von Gemeinsamkeiten gegangen. Ohne tief ins Detail zu gehen, sei ein gemeinsamer Rahmen abgesteckt worden, was in den nächsten Jahren angepackt werden müsse. Dabei sei man sich relativ einig gewesen.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig sagte im Deutschlandfunk, beide Seiten hätten die großen Aufgaben definiert wie etwa Europa, die Energiewende, Investitionen in die Infrastruktur, Bildung und Familie. Es gebe aber auch unterschiedliche Vorstellungen, wie diese Aufgaben gelöst werden sollten. Die Frage der Finanzierung sei noch nicht auf den Tisch gekommen. Beide Seite seien sich allerdings einig, dass solide Finanzen nötig seien, aber auch bestimmte Investitionen. Die Gespräche sollen am 14. Oktober fortgesetzt werden. Am Donnerstag will die Union ein erstes Sondierungsgespräch mit den Grünen führen.
Albig signalisiert Kompromissbereitschaft bei Steuererhöhung
Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig hat Kompromissbereitschaft der SPD in den Koalitionssondierungen mit der Union bei der Forderung nach Steuererhöhungen angedeutet. "Steuererhöhungen sind für die SPD kein Selbstzweck", sagte er dem Magazin "Focus" laut Vorabbericht von Samstag. Entscheidend sei, ob genug Geld in Zukunftsaufgaben wie Infrastruktur und Bildung investiert werde. Die Bildung einer großen Koalition hänge sehr vom Gestaltungsspielraum ab. Wenn die SPD ihre wichtigsten Ziele in angemessener Weise durchsetzen könne, werde es auch gelingen, die Partei-Basis von einer Regierungsbeteiligung zu überzeugen. Albig warnte die Sozialdemokraten allerdings vor zu hohen Erwartungen. "Man darf bei der Beurteilung dann auch nicht vergessen, dass wir die Wahl leider verloren haben", sagte der Kieler Regierungschef.
Torsten Albig hat die CSU zudem vor Übermut bei möglichen Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD gewarnt. "Zur Not geht es auch ohne CSU, das stimmt. Dann hätten wir eine schwarz-rote Regierung gegen eine schwarz-grüne Opposition. Das wäre doch mal eine innovative Antwort", sagte der SPD-Politiker dem Magazin "Focus".
Gabriel bezeichnet erstes Gespräch als "Abtasten und Aufwärmen"
Auch nach der ersten Sondierungsrunde mit den Unionsparteien sehen viele Sozialdemokraten eine große Koalition skeptisch. Nach Einschätzung von Parteichef Sigmar Gabriel ist die Koalitionsfrage so offen wie vor dem Gespräch am Freitag. In den sozialdemokratischen Landesverbänden gibt es weiterhin Bedenken.
Laut Gabriel geht es der SPD darum, sozialdemokratisches Profil zu zeigen - "Dinge in Deutschland zu verändern, die wir glauben, verändern zu müssen", wie er am Freitagabend im ZDF sagte. Wichtige Themen des Sondierungstreffens seien der Erhalt der Infrastruktur, Bildung und Familie sowie der Arbeitsmarkt gewesen. Zwar würden viele Probleme von beiden Seiten ähnlich eingeschätzt - keine Einigkeit bestehe aber bei der Antwort auf die Frage, wie man Schuldenabbau einerseits und mehr Zukunftsinvestitionen andererseits finanzieren könne. Für die SPD seien Steuererhöhungen in diesem Zusammenhang kein Selbstzweck, betonte Gabriel. Er erwarte von der Union aber eigene Finanzierungsvorschläge.
Merkel feiert ihren Triumph
Die SPD-Parteibasis stellt hohe Anforderungen an die Verhandlungen in Berlin. Eine Regierungsbeteiligung als Selbstzweck dürfe es ebenso wenig geben wie eine Ablehnung ohne ernsthafte inhaltliche Gespräche, sagte der Bremer SPD-Landeschef Andreas Bovenschulte der dpa. Auch eine dpa-Stichprobe bei Unterbezirksverbänden in Rheinland-Pfalz zeigte: Die meisten Mitglieder sind zwar dafür, dass die SPD mit der Union reden sollte. Vor allem aber sollten Sozialdemokraten ihre Inhalte unterbringen. "Die Meinung ist unisono gleich: große Bedenken", sagte die Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Alzey-Worms, Kathrin Anklam-Trapp.
Laumann umwirbt die SPD
Umworben wird die SPD unter anderem vom CDU-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, Karl-Josef Laumann. "Man muss ja auch Gesetze machen können", sagte er der der "Mitteldeutschen Zeitung" (Samstag). Auf wichtigen Feldern wie der Energie- und der Industriepolitik sowie beim Mindestlohn seien die Differenzen zwischen Union und SPD eher überbrückbar, hatte Laumann, der auch Chef des Arbeitnehmerflügels der CDU ist, zuvor in Rundfunkinterviews gesagt. "Ich bin fest davon überzeugt, wenn man das will, wird man auch einen Weg finden."
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Die Linke würde ebenfalls gern mit der SPD regieren. Parteichef Bernd Riexinger hält das kategorische Nein der SPD zu einem rot-rot-grünen Bündnis für einen "schweren Fehler". Seine Partei werde zwar von einer großen Koalition politisch profitieren, sagte er in einem SWR-Interview (Ausstrahlung Samstag). Aber für die Menschen in Deutschland wäre ein solches Bündnis nicht gut. Riexinger erneuerte das Angebot, mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken im nächsten Bundestag schon vor dem Zustandekommen einer neuen Regierung gemeinsame Projekte aus den Wahlprogrammen von SPD und Grünen zu beschließen. Damit würden beide Parteien auch ihre Verhandlungsposition gegenüber der Union verbessern.
Bei dem ersten Sondierungstreffen von Union und SPD für eine schwarz-rote Koalition am Freitag gab es nach SPD-Angaben keine Annäherung etwa beim Thema Steuererhöhungen. Die SPD hatte Steuererhöhungen zur Finanzierung von Mehrausgaben gefordert. Unions-Politiker hatten dies strikt abgelehnt. Am 14. Oktober wollen beide Seiten ihre Gespräche fortsetzen. Am Donnerstag will die Union mit den Grünen ein erstes Sondierungsgespräch führen. (dpa/afp/rtr)
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