London. Die Schuld liegt auch für arabische Nachbarn beim syrischen Regime: Die arabische Liga fordert vom UN-Sicherheitsrat “eindeutige Maßnahmen“ nach dem Giftgas-Einsatz, der “Völkermord durch das syrische Regime“ sei. London bereitet derweil bereits Plänen für einen Militärschlag vor.

Die Arabische Liga hat dem Regime in Damaskus die Schuld an dem mutmaßlichen Giftgasangriff gegeben, bei dem Hunderte von Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Der Rat der Liga verurteilte am Dienstag in Kairo "dieses abscheuliche Verbrechen". Gleichzeitig forderte er die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates auf, "ihre Differenzen beizulegen, damit eindeutige Maßnahmen ergriffen werden können, die den Menschenrechtsverletzungen und dem Völkermord durch das syrische Regime ein Ende setzen."

Der Irak und Algerien meldeten "Bedenken" gegen die Erklärung an. Der Libanon enthielt sich bei der Abstimmung über das Dokument.

Britische Streitkräfte bereiten Planung für Einsatz vor

Großbritannien und die USA treiben derweil Pläne für einen möglichen Militäreinsatz in dem Land voran. Die britischen Streitkräfte bereiteten entsprechende Planungen vor, teilte die Regierung in London am Dienstag mit. Die USA ziehen laut Zeitungsberichten einen zeitlich und räumlich eng begrenzten Einsatz ihrer Armee in Betracht. Russland warnte in scharfen Worten vor einem Militärschlag ohne UN-Mandat.

Die britische Regierung diskutiere mit internationalen Partner über "die richtige Antwort" auf den mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz in Syrien, sagte ein Sprecher von Premierminister David Cameron in London. Als Teil der Debatte arbeiteten die Streitkräfte an Plänen für einen möglichen Einsatz. Cameron werde im Laufe des Tages entscheiden, ob er das Parlament zu einer Debatte über eine mögliche Militärintervention aus der Sommerpause zurückrufe, sagte der Sprecher.

Am Montag hatte Cameron in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin erklärt, es gebe "wenig Zweifel", dass die syrische Regierung die Verantwortung für den mutmaßlichen Einsatz von Giftgas in Syrien am vergangenen Mittwoch trage. Putin wies dies zurück.

UN-Inspekteure sitzen wegen Sicherheitslage in Damaskus fest

Neben Großbritannien erwägen insbesondere die USA, militärisch auf die jüngsten Ereignisse in Syrien zu reagieren. Ein Einsatz der US-Armee werde aber wahrscheinlich nicht länger als zwei Tage dauern, schrieb die "Washington Post"am Dienstag. Laut "New York Times" ist ein Angriff auf militärische Ziele in Syrien mit Marschflugkörpern denkbar, die von US-Kriegsschiffen im Mittelmeer abgefeuert werden könnten. Beide Blätter beriefen sich auf US-Regierungskreise.

Der mutmaßliche Giftgaseinsatz nahe Damaskus wird derzeit von UN-Experten untersucht. Wegen der schlechten Sicherheitslage konnten die Chemiewaffenexperten der Vereinten Nationen ihre Untersuchung der Giftgas-Vorwürfe am Dienstagmorgen nicht wie geplant fortsetzen. Ein UN-Mitarbeiter sagte, das Team warte noch auf aktuelle Informationen zu Risiken auf dem Weg in das betreffende Gebiet.

Es wird erwartet, dass die Experten Dörfer in dem Bezirk Al-Ghuta Al-Scharkija außerhalb von Damaskus besuchen. Dort und in Moadhamijat al-Scham sollen am Mittwoch vergangener Woche Hunderte von Menschen durch Giftgas umgekommen sein. Auf ihrem Weg nach Moadhamijat al-Scham, wo die Experten am Montag Proben genommen und mit Überlebenden gesprochen hatten, war ein Fahrzeug des Teams direkt beschossen worden.

USA vor Prüfungsergebnis vom Einsatz von Chemiewaffen überzeugt

Obwohl die Prüfung andauert, erklärte US-Außenminister John Kerry am Montag, es seien Chemiewaffen eingesetzt worden. Der Vorfall "verstößt gegen jeden moralischen Kodex", sagte er. Präsident Obama wolle die Verantwortlichen dieser "moralischen Obszönität" zur Rechenschaft ziehen.

Allerdings gibt es laut "New York Times" in Washington kaum Hoffnung auf ein UN-Mandat für ein militärisches Eingreifen. Russland, der mächtigste Verbündete der syrischen Staatsführung, hat im UN-Sicherheitsrat ein Vetorecht. Am Montag hatten Großbritannien und die Türkei die Bereitschaft signalisiert, auch ohne UN-Mandat tätig zu werden. Italien kündigte hingegen bereits an, ohne Mandat des Weltsicherheitsrates bei einer Syrien-Intervention nicht mitzumachen.

Russland warnt vehement vor Eingreifen ohne UN-Mandat

Vor einem Militäreinsatz ohne UN-Mandat warnte Moskau in scharfen Worten. Ein solches Vorgehen "würde neues Leiden in Syrien verursachen und hätte katastrophale Folgen für andere Länder im Nahen Osten und in Nordafrika", erklärte ein Sprecher des russischen Außenministeriums am Dienstag.

Auch der Iran warnte, ein militärisches Vorgehen hätte ernste Folgen "für die gesamte Region". Hinter dem Giftgaseinsatz steckten im Übrigen die syrischen Rebellen, sagte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif laut einem Sprecher bei einem Treffen mit einem hochrangigen UN-Vertreter.

Die syrischen Rebellen werfen der Armee von Präsident Baschar al-Assad vor, bei Angriffen mit Giftgas am vergangenen Mittwoch mehr als 1300 Menschen getötet zu haben. Die syrische Führung beschuldigt hingegen die Rebellen.

Vor dem Hintergrund des möglichen Giftgaseinsatzes verschoben die USA für die kommenden Tage geplante Gespräche mit Russland über eine Friedenskonferenz für das Bürgerkriegsland. Die russische Seite bezeichnete dies als bedauerlich. (afp/dpa)