Moskau. Ein Fahrzeug der UN-Chemiewaffeninspekteure ist in Syrien beschossen worden. Das Experten-Team sei aber in Sicherheit, teilten die Vereinten Nationen in New York am Montag mit. Der syrische Präsident Baschar al-Assad warnte unterdessen die USA vor einem militärischen Eingreifen in Syrien.
Auf die Chemiewaffenexperten der Vereinten Nationen ist in der syrischen Hauptstadt Damaskus nach UN-Angaben mehrmals geschossen worden. Scharfschützen hätten am Montag ein Fahrzeug der Inspektoren beschädigt, sagte ein UN-Sprecher. Man bemühe sich um einen Ersatz. Um wen es sich bei den Schützen handelte, war zunächst unklar.
Die Experten sollen in der Nähe der Hauptstadt einen mutmaßlichen Giftgaseinsatz in der vergangenen Woche aufklären. Dabei kamen offensichtlich Hunderte Menschen ums Leben. Rebellen und die Regierung von Staatschef Baschar al-Assad machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. Wegen der Eskalation wird etwa in den USA, Großbritannien und Frankreich über einen Militäreinsatz diskutiert.
Der syrische Präsident hat unterdessen die USA vor einem militärischen Eingreifen in den Konflikt in seinem Land gewarnt. Den USA drohe ein Scheitern wie in allen bisherigen Kriegen, sagte Assad der russischen Zeitung "Iswestia" in einem am Montag veröffentlichten Interview und verwies darin auf Vietnam.
Zudem wies er die Vorwürfe von westlichen Regierungen zurück, aus politischen Gründen Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt zu haben. Die russische Regierung, die zu den Verbündeten Assads gehört, zeigte sich besorgt über eine mögliche militärische Intervention der USA und rief zu Zurückhaltung auf.
Außenminister Sergej Lawrow habe bei einem Telefongespräch seinen US-Amtskollegen John Kerry darauf hingewiesen, dass die Ankündigungen der USA mit Sorge zur Kenntnis genommen würden. Die USA sind Verteidigungsminister Chuck Hagel zufolge auf ein militärisches Eingreifen in Syrien vorbereitet, sollte sich US-Präsident Barack Obama dafür entscheiden. Ein hochrangiger republikanischer US-Abgeordneter geht davon aus, dass Obama den Kongress um Zustimmung für einen Militärschlag bittet, wenn die Parlamentarier aus der Sommerpause zurückkehren. In der Vergangenheit hatte Obama den Einsatz von Chemiewaffen als rote Linie bezeichnet.
John Kerry sieht wenig Zweifel an der Schuld Assads
Am Montag wollen die Chemiewaffenexperten der Vereinten Nationen (UN) den Ort besuchen, wo am Mittwoch in Syrien mutmaßlich Nervengas eingesetzt worden war. Dabei starben nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen mehrere Hundert Menschen, darunter viele Kinder. Unklar ist aber, wer verbotene Chemiewaffen eingesetzt hat, ob Rebellen oder Truppen der Regierung. Assad sagte, es entspreche nicht der Logik, wenn die Regierung dort Giftgas eingesetzt hätte, denn in unmittelbarer Nähe hätten sich syrische Truppen aufgehalten.
In Telefongesprächen mit mehreren seiner ausländischen Amtskollegen sagte Kerry, es gebe wenig Zweifel daran, dass Assads Truppen die eigene Bevölkerung vergast hätten. Er habe das Thema mit den Vertretern Frankreichs, Großbritanniens, Kanadas und Russlands sowie mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon besprochen, teilte das US-Außenministerium mit.
Auch die Bundesregierung geht dem britischen Premierminister David Cameron zufolge davon aus, dass die Regierung hinter dem Angriff steht. Cameron habe mit Bundeskanzlerin Angela Merkel per Telefon über eine Reaktion der Staatengemeinschaft beraten, erklärte ein Sprecher des Premiers. Von der Bundesregierung lag dazu zunächst keine Stellungnahme vor.
Frankreichs Außenminister Laurent Fabius sagte, bisher sei noch keine Entscheidung zu einem möglichen Militärschlag getroffen. "Alle Optionen werden untersucht. Die einzige, die nicht auf dem Tisch liegt, ist, nichts zu tun", sagte er dem Sender Europe 1. Die Türkei wolle sich einer internationalen Koalition gegen Syrien anschließen, sagte Außenminister Ahmet Davutoglu der Zeitung "Milliyet".
Westerwelle für "Konsequenzen" bei Giftgaseinsatz in Syrien
Sollte sich der Einsatz von Chemiewaffen durch die syrische Regierung bestätigen, wird Deutschland nach Worten von Bundesaußenminister Guido Westerwelle "Konsequenzen" unterstützen. Dann müsse "die Weltgemeinschaft handeln: Dann wird Deutschland zu denen gehören, die Konsequenzen für richtig halten", sagte Westerwelle am Montag in Berlin bei der Eröffnung einer Botschafterkonferenz. Der FDP-Politiker ließ aber ausdrücklich offen, ob damit auch Militäraktionen gemeint sein könnten.
Westerwelle sagte, neben "Entschlossenheit" sei auch "Besonnenheit" nötig, um einen Flächenbrand in der Region zu verhindern. Wichtig sei eine gemeinsame Lösung durch die Weltgemeinschaft. Westerwelle warnte auch mit Blick auf Ägypten: "Wer von der Ohnmacht der Diplomatie spricht, hat möglicherweise eine Allmachtsvorstellung, die nicht realistisch sein kann."
Zuvor hatten sich bereits etliche deutsche Politiker gegen eine Militärintervention in Syrien ausgesprochen. Hintergrund sind Diskussionen vor allem in den USA, Großbritannien und Frankreich über eine militärische Antwort auf die Berichte über den Giftgas-Einsatz. (dpa, rtr)