Essen. Hundesteuern, Friedhofsgebühren, Straßenlaternen - kaum etwas ist tabu im Streichkonzert der notleidenden Kommunen. Im bundesweiten Vergleich bleibt die Lage in NRW besonders angespannt. Die Bürger müssen sich auf weitere Einschränkungen einstellen.
Im Kampf gegen erdrückende Schuldenlasten drehen die Kämmerer der meisten Kommunen in Nordrhein-Westfalen weiter an der Gebührenschraube. 78 Prozent der Kommunen planen, ihre Steuern und Gebühren bis zum nächsten Jahr zu erhöhen. Das geht aus der Kommunalstudie 2013 der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hervor, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. In der repräsentativen Befragung gaben zudem 43 Prozent an, die Leistungen für die Bürger einschränken zu müssen. "Ein Ende der Steuer- und Gebührenerhöhungen ist weiterhin nicht in Sicht", bilanzierten die Wirtschaftsprüfer.
78 Prozent der NRW-Kommunen mit Haushaltsdefizit
Der Studie zufolge bleibt die Finanzlage der Kommunen in NRW weiterhin deutlich schlechter als im Bundesdurchschnitt: Während in NRW fast die Hälfte davon ausgeht, ihre Schulden nicht mehr aus eigener Kraft tilgen zu können, baut bundesweit nur jede dritte Kommune auf fremde Hilfe. Im vergangenen Jahr hatten bereits 78 Prozent der Kommunen in NRW ein Haushaltsdefizit. Im laufenden Jahr wird der Anteil nach Einschätzung der Kämmerer auf 91 Prozent steigen. "Die desolate Finanzlage der Kommunen wird sich weiter verschlechtern", fassten die Wirtschaftsprüfer zusammen.
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Ein Drittel der Kommunen in NRW wählt eine Erhöhung der Grundsteuer als Rettungsanker. Etwa jede vierte Gemeinde plant, Eintrittspreise für Bäder oder Konzerte und Friedhofsgebühren anzuheben. Gut jede fünfte Kommune erhöht die Hundesteuer. In geringerem Maße wird über höhere Gebühren für Kindertagesstätten, Ganztagsschulen, Parkplätze, Müllentsorgung und Wasser nachgedacht sowie über Einschränkungen bei der Jugend- und Seniorenarbeit oder der Straßenbeleuchtung. Wuppertal macht keine Schule: Weitere Schließungspläne für Theater oder Opernhäuser wurden nicht gemeldet.
Unterdessen legte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) in Düsseldorf eine Halbjahresbilanz der Gewerbesteuereinnahmen vor. Sie ist eine wesentliche Säule der kommunalen Einnahmen und Maßstab für die geplante Solidaritätsumlage von reichen für arme Städte. Landesweit sprudelten aus dieser Quelle knapp fünf Milliarden Euro in die Kassen der Städte und Gemeinden - 3,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Allerdings sei die Entwicklung sehr unterschiedlich, teilte Jäger mit. 220 Kommunen verzeichneten ein höheres Aufkommen, 176 erlitten Einbußen.
Die höchsten Steigerungen konnte Ratingen mit einem Plus von 412 Prozent verbuchen, den größten Verlust muss Korschenbroich im Kreis Neuss mit minus 77,6 Prozent hinnehmen. Zu den Gewinnern zähle auch Monheim (plus 86 Prozent), berichtete Jäger. Die Kleinstadt soll mit rund 46 Millionen Euro jährlich den größten Anteil am "Kommunal-Soli" aufbringen. Der Bürgermeister erwägt ebenso wie der Oberbürgermeister der reichen Landeshauptstadt Düsseldorf eine Klage. (dpa)