Duisburg. Die Oppositionsparteien im Duisburger Stadtrat und Vertreter der Wirtschaft üben harsche Kritik an den Steuererhöhungs-Plänen der SPD, Grünen und Linken. Die Anhebung des Grundsteuersatzes seien “fantasielos und unsozial.“ Die SPD weist die Kritik zurück: “Die CDU ist zu feige, den Bürgern reinen Wein einzuschenken.“
Die dritte Erhöhung der Grundsteuer innerhalb von drei Jahren, mit der die Stadt die Mehrausgaben an anderen Stellen auffangen will, zieht eine herbe Kritik von Bürgern, Oppositionsparteien im Rat und auch der Wirtschaft nach sich. Bereits am Montag hatte CDU-Fraktionschef Rainer Enzweiler die Pläne zur Anhebung des Hebesatzes von 590 auf 695 Punkte wie berichtet als „fantasielos und unsozial“ kritisiert. Das Drehen an der Steuerschraube entwickelt sich zur breiten Debatte. Oberbürgermeister Sören Link sieht sich bereits gezwungen, das Vorhaben zu verteidigen und die CDU-Kritik zu kontern.
„Rainer Enzweiler hat anscheinend erfolgreich verdrängt, dass die CDU die Haushaltssituation der Stadt Duisburg in den letzten Jahren aktiv mitverantwortet hat. Viele der Probleme, die jetzt angegangen werden müssen, sind nicht in den Monaten meines Amtsantritts entstanden, sondern datieren zurück in die Zeit vor der Abwahl“, sagt Link.
"Straßenschäden in Duisburg notdürftig geflickt"
So habe man dem Thema Brandschutz „anscheinend nicht den nötigen Stellenwert“ beigemessen oder die Straßenschäden, die Jahr um Jahr nur notdürftig geflickt worden seien. „Drängende Probleme verlangen jetzt nachhaltige Lösung, die durch weitere Schließungen von Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge oder den Verkauf des Tafelsilbers nicht erreicht werden können“, sagt Link und verteidigt die Steuererhöhung: „Wer sich in die Materie einliest, wird feststellen, dass die Mehrbelastung durch die Grundsteuer B für den Einzelnen in einem moderaten Rahmen liegt.“
OB Sören Link muss sich Kritik anhören
Dennoch muss sich Link auch die deutliche Kritik des Unternehmerverbands anhören. „Eine Steigerung des Grundsteuerhebesatzes um sage und schreibe 105 Punkte sucht ihresgleichen und ist nur als Wahnsinn zu bezeichnen“, sagt Heinz Lison, Sprecher der regionalen Wirtschaft. Es sei „das völlig falsche Signal zur völlig falschen Zeit“. Lison: „Alle verlieren durch diese radikale Erhöhung: die kleinen Leute, die Hausbesitzer, die Unternehmen, aber vor allem der Standort Duisburg“. Die Wirtschaft habe große Sorge um die Zukunft des Standortes. Die permanenten Negativ-Schlagzeilen, der drastische Anstieg der Armut oder die hohe Kriminalität führten im Ergebnis zu einer Abschreckung von Investitionen und Fachkräften. „Die massiven Steuererhöhungen runden das Bild aktuell ab“, so Lison.
Duisburg sei mit der aktuellen Entscheidung auf dem falschen Weg: „Parteipolitische Schuldzuweisungen helfen nicht weiter, die Stadt braucht einen Plan für ihre wirtschaftliche Zukunft. Hier ist die heimische Wirtschaft jederzeit bereit, sich einzubringen“, bekräftigt der Sprecher der regionalen Wirtschaft. Lison unterstützt Überlegungen zu weiteren Verkäufen von städtischen Anteilen.
Damit liegt der Unternehmerverband wenig überraschend ganz auf der Linie der FDP. Wilhelm Bies, Fraktionsvorsitzender der Duisburger Liberalen, nennt die Steuererhöhung „eine Bankrotterklärung“, weil „dem neuen Oberbürgermeister und voraussichtlich auch SPD, Grünen und Linken nichts Besseres einfällt.“
Wie kann die Grundsteuer steigen?
In einem Antrag für die nächste Ratssitzung fordert die FDP wieder einmal Verkäufe zu prüfen, wie des Klinikums, der RWE-Aktien, der Gebag, des Hafen-Anteils oder der Stadtwerke. Den Verkauf der Anteile am Klinikum nennt die FDP „eine bürgerfreundliche und sozialere Alternative“ zur Steuererhöhung. „Aber Rot-Rot-Grün verweigert sich diesen Ideen aus ideologischen Gründen“, sagt Bies. Der Verkauf von Tafelsilber sei nicht falsch, nur weil der Oberbürgermeister dies für falsch erkläre.
Auch die DWG-Fraktion will eine weitere Erhöhung der Grundsteuer B nicht mittragen. Bereits jetzt liege Duisburg an der Spitze der Städte in NRW. Die Mietnebenkosten würden sich in Duisburg insbesondere bei kleineren Wohneinheiten mittlerweile der Kaltmiete annähern, zumal auch bei allen anderen Gebühren sukzessive Erhöhungen anstünden. Bei der Nähe anderer Städte mit geringeren Nebenkosten sei daher eine Abwanderung zu befürchten.
Am Ende bleibt die Frage, wann denn überhaupt das Ende der Fahnenstange beim Grundsteuersatz erreicht ist. Wie die Stadt argumentiert, könne sie grundsätzlich die Hebesätze „nach dem jeweiligen finanziellen Bedarf“ festlegen. Die Steuer darf gemessen an einer normalen finanziellen Leistungskraft keine „erdrosselnde“ Wirkung haben. Sie darf die betroffenen Bürger nicht „übermäßig“ belasten und ihre Vermögensverhältnisse nicht „grundlegend“ beeinträchtigen. Erhöhungen der Grundsteuer haben bereits die Gerichte beschäftigt: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erkannte die Erhöhung in Selm von 445 auf 825 Prozentpunkte als rechtmäßig an: Die Entscheidung der Gemeinde sei nur durch das Willkürverbot begrenzt.
SPD weist Kritik zurück: CDU zu feige die Wahrheit zu sagen
Der SPD-Fraktionsvorsitzender Herbert Mettler verteidigt den Vorschlag der Verwaltung, die Grundsteuer B zu erhöhen: „Die Erhöhung ist finanzpolitisch solide und vernünftig. Die Grundsteuer B wird konjunkturunabhängig erhoben und bleibt damit stabil. Der Villabesitzer zahlt deutlich mehr als der Mieter. Hartz IV-Empfänger bekommen die Erhöhung zurück erstattet. Nur Eigenheimbesitzer, die sich mit den Fakten nicht auseinandergesetzt haben, reden hier von einer unsozialen Steuer. In dem Verwaltungsvorschlag stehen Berechnungsbeispiele, die man mal lesen sollte.“ So koste z. B. die Grundsteuererhöhung einen Mieter in Mittelmeiderich 1,25 Euro im Monat, in Röttgersbach 1,84 Euro.
An die Adresse der Kritiker sagt Mettler: „Man kann politisch anderer Meinung sein, dann muss man aber ehrlich dem Bürger sagen, welche realistische Alternativen es gibt. Will man z. B. Stadtteilbibliotheken, Schwimmbäder oder Altenbegegnungsstätten schließen?“ Die CDU sei zu feige, den Bürgern reinen Wein einzuschenken. Und die Unternehmer sollten sich freuen, dass die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung weiter unterstützt werde.