Berlin. . 3600 Menschen starben im vergangenen Jahr bundesweit bei Verkehrsunfällen – so wenige wie seit 1950 nicht mehr. 1970 wurden noch 21.300 Menschen im Straßenverkehr getötet. Jetzt schneidet NRW in der Statistik sogar besonders gut ab. Allerdings: Gute Seiten hatte auch das miese Wetter in 2012. Experten warnen auch deshalb vor allzu großer Euphorie.

Auf deutschen Straßen kracht es wieder häufiger, trotzdem kommen bei Verkehrsunfällen immer weniger Personen zu Schaden: Die Zahl der Verkehrstoten lag 2012 mit 3600 sogar so niedrig wie seit 1950 nicht mehr – binnen zwölf Jahren hat sie sich halbiert.

Die am Mittwoch in Berlin vorgelegte Unfallbilanz des Statistischen Bundesamts belegt: Der Langzeittrend der Verkehrssicherheit ist positiv. Trotzdem warnen Experten vor Euphorie. Die wichtigsten Trends:

Die Entwicklung der Zahl der Verkehrstoten seit 1953
Die Entwicklung der Zahl der Verkehrstoten seit 1953

Die Lage im Land: NRW schneidet in der Statistik besonders gut ab, die Verkehrssicherheit ist vergleichsweise hoch: Auf eine Million Einwohner kommen in NRW 30 tödlich Verunglückte, bundesweit sind es 44, in Brandenburg sogar 67. Ein Grund dürfte das relativ dichte Autobahnnetz in NRW sein – denn die meisten schweren, tödlichen Unfälle passieren auf Landstraßen. Gemessen an der Bevölkerungszahl kamen 2012 zehn Prozent weniger Menschen zu Schaden als im Bundesdurchschnitt. Und: Während die Zahl der Unfall-Verletzten bundesweit um 2,1 Prozent sank, ging sie hier um 4 Prozent zurück. Ähnlich bei den Todesopfern: Um 17 Prozent sank die Zahl in NRW auf insgesamt 528, bundesweit wurde ein Rückgang um 10 Prozent registriert.

Die Entwicklung: Innerhalb von 20 Jahren hat das Risiko, im Straßenverkehr ums Leben zu kommen, für die Bevölkerung um zwei Drittel abgenommen, für Kinder sogar um 80 Prozent. Der langfristig positive Trend – 1970 starben noch 21300 Menschen bei Verkehrsunfällen – hat laut Statistikamts-Präsident Roderich Egeler ein ganzes Bündel an Ursachen: Die Einführung von Helmtrage- und Gurt­anlegepflicht oder schärfere Promille-Regelungen hätten ebenso Wirkung gezeigt wie die ständige Verbesserung der Sicherheit und der technischen Ausstattung der Autos.

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Auch sicherheitsorientierte Straßenführungen, mehr Radwege und die bessere Notarztversorgung seien für den positiven Trend verantwortlich. Den beachtlichen Rückgang der Todesopfer im letzten Jahr sehen die Experten aber auch als Folge des nassen, kühlen Wetters – bei solcher Witterung passierten zwar mehr Unfälle, es seien aber weniger ungeschützte Fußgänger und Radler unterwegs.

Wann und wo es kracht: 2,4 Millionen Verkehrsunfälle gab es 2012 – alle 13 Sekunden einer. Ein Anstieg von 1,7 Prozent gegenüber 2011. Die meisten Unfälle wurden im Oktober gezählt, in der Woche ist der Freitag der unfallträchtigste Tag. Fast drei Viertel der Unfälle passieren innerorts, doch zu den schweren kommt es vor allem auf Landstraßen – sechs von zehn Todesopfern starben hier, nur jedes zehnte starb auf der Autobahn.

Die Ursachen: Zu hohe Geschwindigkeit ist die Hauptursache bei Unfällen mit Todesopfern, auch Alkoholeinfluss und Überholmanöver haben oft schwere Folgen. Kurven – vor allem auf Landstraßen – bedeuten für viele Fahrer ein besonderes Risiko, auffallend oft mit tödlichen Folgen.

Die Risikogruppen: Jeder zweite Verkehrstote starb 2012 im Pkw, ­jeder sechste saß auf dem Motorrad, jeder siebte war zu Fuß unterwegs, jeder neunte auf dem Rad.

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Blickt man aber 20 Jahre zurück, dann sank vor allem das Risiko der Pkw-Insassen. Autos werden immer sicherer. Der Nutzen von Sicherheitsausrüstung mit Airbag und Fahrer-Assistenzsystemen ist an den Zahlen ablesbar: 2012 starben in Autos, die 15 Jahre oder älter waren, 5,2 Menschen je 100 000 Fahrzeuge - in jüngeren Autos waren es 3,5.

Das Risiko, auf einem Motorrad getötet zu werden, war im Jahr 2012 fast viermal so hoch wie im Auto. Traurigster Ausreißer der guten Bilanz: Die Zahl der ums Leben gekommenen Radfahrer stieg um 7 auf 406.

Gefahr für Junge und Alte: Junge Erwachsene haben nach wie vor das höchste Risiko, bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen, auch wenn sich die Lage verbessert hat. Das zweithöchste Risiko tragen inzwischen Senioren. Künftige Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit müssten daher ein besonderes Augenmerk auf diese Gruppe richten, so der Bericht.

Experten warnten vor Euphorie: „Nach wie vor werden täglich zehn Menschen auf unseren Straßen getötet und rund 1000 verletzt - die Sicherheitspotenziale sind nicht ausgeschöpft“, erklärte der Deutsche Verkehrssicherheitsrat. Seine Forderungen: Mehr Tempolimits an gefährlichen Stellen von Landstraßen und innerorts, ein Alkoholverbot am Steuer, mehr Kontrollen und mehr Schutz für Fahrradfahrer - auch durch das Tragen von Fahrradhelmen.