Essen/Datteln. Für das 2009 gerichtlich gestoppte Steinkohle-Großkraftwerk in Datteln gibt es einen neuen planungsrechtlichen Anlauf. Die Verbandsversammlung des Ruhrgebiets beschloss am Freitag, dazu beim Land ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren zu beantragen. Damit könnten gravierende Planungsfehler bei dem Kraftwerksbau nachträglich geheilt werden.

Der Energiekonzern Eon hat im Streben um einen Weiterbau des umstrittenen Kohlekraftwerks Datteln einen Schritt nach vorne gemacht. Der Regionalverband Ruhr (RVR) beschloss am Freitag in Essen, bei der Landesplanungsbehörde das Verfahren voranzutreiben. Dabei könnte erreicht werden, dass der kritisierte Standort des Kraftwerks und der geplante Einsatz von Importkohle doch noch mit der Landesplanung in Einklang gebracht wird.

Eine Fertigstellung des 1100-Megawatt-Blocks ist aber noch nicht in Sicht. Eon hatte den Grundstein für das Kraftwerk Datteln 4 bereits 2007 gelegt. Im September 2009 hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster nach Bürgerprotesten und Planungsfehlern den Bebauungsplan für ungültig erklärt und die Bauarbeiten weitgehend gestoppt.

Der RVR mit Sitz in Essen ist ein Zusammenschluss von elf kreisfreien Städten und vier Kreisen mit rund 5,2 Millionen Einwohnern im Ruhrgebiet. Er ist als Behörde für die Regionalplanung zuständig. Der Beschluss des Regionalparlaments des RVR wurde am Freitag von SPD, CDU und der FDP unterstützt. Vertreter der Grünen und der Linken sprachen sich dagegen aus. In der Frage von Datteln hat aber auch noch die rot-grüne Landesregierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ein gehöriges Wörtchen mitzureden. Insbesondere innerhalb der Grünen gibt es starke Stimmen gegen das Kraftwerk.

Umweltschützer kritisieren die "Lex Eon"

Auch wenn die Landesplanungsbehörde grünes Licht für das Kraftwerk gibt, bedeutet dies dem RVR zufolge zudem noch keine unmittelbare Genehmigung. So müsse unter anderem noch die Stadt Datteln noch den Bebauungsplan aufstellen. Danach könne die Bezirksregierung Münster die Genehmigung erteilen. Letztlich wird der Fall aber wohl vor Gericht entschieden.

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Umweltschützern ist das Kraftwerk wegen seines Austoßes des klimaschädlichen Kohlendioxids ein Dorn im Auge. In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten der BUND, Campact, Deutsche Umwelthilfe, Klimaallianz, Pro Waltrop, BIB Waltrop und IGM Meistersiedlung das Vorgehen des RVR. "Die Politiker machen sich zu willfährigen Erfüllungsgehilfen des Energieriesen Eon indem sie versuchen, das Kraftwerk nachträglich, sozusagen durch die Hintertür, zu legalisieren. Jeder andere Bauherr, der sich eine Mängelliste nach 'Eon-Art' leistet, müsste seinen Schwarzbau abreißen", sagte Marieluise Greiwing von der Initiative BIB Waltrop.

Eon wirbt damit, dass es sich um eines der modernsten Steinkohlekraftwerke der Welt handele, das umweltschonender Strom erzeugen könne als ältere Kohlekraftwerke. Dem durch die Atomwende ohnehin unter Druck geratene größten deutschen Versorger droht in Datteln eine Investitionsruine. Der Konzern hat bereits über eine Milliarde Euro in die Anlage investiert. Diese soll eines der modernsten Kohlekraftwerke in Europa werden. Das Kraftwerk spielt auch für die Stromversorgung der Deutschen Bahn eine wichtige Rolle.

"Wir arbeiten auf allen Ebenen daran, dass Datteln 4 schnellstmöglich ans Netz gehen kann", erklärte Eon. Wann das der Fall sein wird, will der Konzern nach den Rückschlägen der Vergangenheit nicht mehr vorhersagen. (rtr/dpa)