Düsseldorf. An Stelle der ursprünglich geplanten 110 Millionen Euro muss sich NRW mit “nur“ rund 44 Millionen Euro an der Hochwasserhilfe von Bund und Ländern beteiligen. Für besseren Hochwasserschutz bleibt weiterhin viel zu tun. Die Opposition nutzt die Debatte zur Abrechnung mit der rot-grüner Mehrheit im Landtag.
Nordrhein-Westfalen wird sich jährlich mit rund 44 Millionen Euro an der Hochwasserhilfe von Bund und Ländern beteiligen. Das kündigte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag an. Ursprünglich hätte Nordrhein-Westfalen mit rund 110 Millionen Euro rechnen müssen. Die Ministerpräsidenten hatten sich am Mittwoch mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf einen geringeren Länderanteil an dem Acht-Milliarden-Euro-Fonds geeinigt als zunächst vom Bund geplant.
Mit den Stimmen von SPD, Grünen und Piraten forderte der Landtag die Landesregierung auf, mit der Bundesregierung Gespräche über eine langfristig angelegte Finanzierungshilfe für Hochwasserschutz aufzunehmen. Abgelehnt wurde ein Gegenantrag von CDU und FDP, die im Landeshaushalt vorgesehenen Abstriche für die Aufgabe zurückzunehmen.
Laumann: "Hochwasserschutz ist eine staatliche Aufgabe"
Das Land kürzt die reinen Landesmittel für den Hochwasserschutz im Vergleich zum Vorjahr um ein Viertel. "Die Haushaltslage hat uns gezwungen, diesen Ansatz auf 30 Millionen Euro zu begrenzen", begründete Kraft. "Allerdings haben wir zeitgleich ein zinsgünstiges Kreditprogramm der NRW-Bank im Umfang von bis zu 20 Millionen Euro aufgelegt." CDU-Oppositionsführer Karl-Josef Laumann hielt dagegen: "Hochwasserschutz ist nicht Privatsache, sondern eine staatliche Aufgabe, weil die den Einzelnen überfordert."
NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) stellte klar, Polder und Deichrückverlegungen würden weiter zu hundert Prozent vom Land finanziert. Für Deichsanierungen gebe es geringere Zuschüsse. Remmel warf den Regierungen in Baden-Württemberg und Hessen vor, seit Jahren die Einrichtung von Poldern zu verschleppen, die NRW für seinen Hochwasserschutz brauche. Dies gelte insbesondere für den vor allem für Köln wichtigen Polder Trebur in Hessen.
Lindner: Einzelinteressen dürfen Hochwasserschutz nicht verhindern
Strittig debattierte der Landtag, welchen Anteil Klimawandel und Widerstand von Anwohnern gegen Polderpläne an der Flutkatastrophe haben. "Es kann nicht sein, dass Einzelinteressen den für alle Bürger wichtigen Hochwasserschutz verhindern oder verzögern", kritisierte FDP-Fraktionschef Christian Lindner. Solche Anklagen stellten die Verhältnisse auf den Kopf, hielt Piratenfraktionschef Joachim Paul dagegen: "Nicht, wer demokratische Rechte in Anspruch nimmt, steht unter Rechtfertigungszwang, sondern wer sie in Abrede stellt."
Einig waren sich Regierung und Opposition, dass Genehmigungsverfahren für Deichsanierungen zu lange dauern - teils bis zu 20 Jahre, kritisierte die CDU. Zum Jahresende will die Landesregierung Vertreter von Deichverbänden und Kommunen einladen, um Anträge voranzubringen und die Finanzierung sicherzustellen. Ziel sei es, die notwendigen Maßnahmen bis 2025 abzuschließen.
Kraft: "Wir stehen in der Not zusammen"
Kraft dankte allen Helfern aus NRW: "Wir sind kein Volk von Individualisten. Wir stehen in der Not zusammen." Rund 10.000 Männer und Frauen waren in den Hochwassergebieten im Einsatz. Das Land stellte 1,3 Millionen Sandsäcke zur Verfügung, um Deiche zu verstärken und Flutsperren zu errichten.
Künftig sei aber bei der zentralen Koordination der Hilfsmaßnahmen "eine andere Sensibilität notwendig". Kraft bedauerte ausdrücklich, dass 29 Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr Erwitte von Bürokraten "in ihrer Hilfsbereitschaft zunächst gebremst" worden seien und bedankte sich für deren doch noch genehmigten Einsatz in Sachsen.
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CDU und FDP nutzten die Debatte auch zur Abrechnung mit der rot-grünen Koalition - vor genau einem Jahr war Kraft im Landtag zur Ministerpräsidentin gewählt worden, diesmal als Chefin einer Mehrheitsregierung. Die Regierung habe es versäumt, den Landesetat strukturell zu konsolidieren, kritisierten Laumann und Lindner. Deswegen habe sie - anders als der Bund und andere Länder - keine Reserven, um Sonderbelastungen wie die Fluthilfe zu schultern und rufe "reflexhaft" nach Steuererhöhungen. Kraft parierte: "Bei Ihnen scheint offensichtlich nicht angekommen zu sein, dass der Bund acht Milliarden Euro neue Schulden aufnimmt, um das Ganze zu stemmen." (dpa)