Essen. . Ein Journalisten-Netzwerk aus 46 Ländern hat die geheimen Geschäfte in Steueroasen enttarnt. Die Aufdeckung des Steuerbetrugs ist nicht der erste Coup der Journalisten vom Büro des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).

Das Washingtoner Büro des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), das jetzt die brisanten Steuerdaten öffentlich machte, ist seit Jahren eine Brutstätte für spektakuläre Recherchen. Wenn es um weltweiten Organhandel geht, um industriellen Schmuggel seltener Erden und Edelmetalle aus den Kriegsgebieten Afrikas in die westliche Welt oder um das Unrecht großer Konzerne, die Menschen zugunsten von Profiten wissentlich mit Gift verseuchten.

Die Themen des ICIJ gleichen sich in einem Punkt: internationales Unrecht und Doppelmoral werden aufgedeckt. Die Enthüllung der weltweiten Schwarzgeldkanäle steht in dieser Tradition.

Das ICIJ wurde 1997 als Nebenprojekt des Centers for Public Integrity (CPI) gegründet. Anders als in Deutschland handelt es sich dabei um eine gemeinnützige Journalistenorganisation, die sich vor allem aus Spenden finanziert, nicht um ein Medienhaus, das von Verlegern kontrolliert wird.

Gründervater Charles Lewis

Gründervater des CPI war Charles Lewis, Produzent der investigativen TV-Reihe „60 Minuten“, die in Deutschland am ehesten der ARD-Sendung „Monitor“ gleicht. Lewis fand, dass er in der Sendung zu viele Fesseln angelegt bekam, und regte zusammen mit anderen aus der US-amerikanischen Reporterszene 1989 die Gründung eines unabhängigen Recherchebüros an. 1997 gründete er unter anderem zusammen mit dem investigativen Journalisten Brant Houston das ICIJ.

Charles Lewis (Foto) ist der Gründervater des  Centers for Public Integrity (CPI) und Produzent der investigativen TV-Reihe „60 Minutes“.
Charles Lewis (Foto) ist der Gründervater des Centers for Public Integrity (CPI) und Produzent der investigativen TV-Reihe „60 Minutes“.

Von Anfang an ging es dabei um weltweite Storys. Die Idee hinter dem ICIJ ist einfach: Wenn die Missetäter global agieren, darf die Aufklärung nicht an den nationalen Grenzen halt machen. Finanziert wird das ICIJ vor allem aus Spenden.

Um das ICIJ handlungsfähig zu machen, verzichteten Lewis und Houston auf eine große zentrale Organisation – in der Washingtoner Zentrale arbeiten nur rund ein Dutzend Reporter. Stattdessen förderte das ICIJ internationale Netzwerke. Veranstaltungen wie die „Global Investigative Journalists Conference“ wurden ins Leben gerufen, bei der sich alle zwei Jahre etwa 600 Rechercheure aus aller Welt für drei Tage zusammensetzen, um über Methoden und Themen zu reden. So lernten sich im Laufe der Jahre Hunderte Journalisten auf der ganzen Welt kennen.

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Dieses Netzwerk kam nun zum Tragen. Um das Netzwerk der Steuerhinterzieher auffliegen zu lassen, arbeiteten rund 80 Journalisten über ein Jahr lang zusammen. Jeder kümmerte sich um die Missetäter in seinem Land – und tauschte seine Erkenntnisse mit den Kollegen in den anderen Ländern ständig aus. Das ICIJ gab den Reportern für ihre Arbeit kein Geld. Finanziert wurden die Rechercheure von ihren eigenen Medien.

Recherche vor Ort

Nur die Daten wurden zu einem großen Teil vom ICIJ zentral aufbereitet und den beteiligten Journalisten zur Verfügung gestellt. Mit Hilfe moderner Software-Programme, die auch von Polizeibehörden und Geheimdiensten genutzt werden, konnten die personellen Verflechtungen von den Cayman-Islands bis zu den Virgin-Inseln aufgedröselt werden. Daran schlossen sich vor Ort-Recherchen an, bei denen Handelsregisterauszüge und Gewerbescheine analysiert wurden.

Am Ende der Arbeiten konnte ein Großteil des Systems der Steuerbetrüger aufgedeckt werden. Nun können die Behörden einschreiten und den illegalen Machenschaften ein Ende bereiten. Und das ist das Ziel des ICIJ: ein kleines Stück weit die Welt verbessern.