Düsseldorf/Singapur. . Die NRW-Regierung hat nach eigenen Angaben Hinweise auf systematische Geldtransfers aus der Schweiz nach Singapur. Dort soll ein großer Teil der 32 Trillionen US-Dollar liegen, die Superreiche vor der Steuern verstecken. Die Informationen stammen offenbar von den jüngst gekauften Steuer-CDs.
Die Geschichte der Steuer-CDs entwickelt sich zum Wirtschaftskrimi: Deutsche Steuerfahnder haben auf angekauften Steuer-CDs offenbar Belege gefunden, dass Schweizer Banken Steuersündern bei der Kapitalflucht nach Fernost helfen. Die „Financial Times“ (FTD) zitierte einen Steuerexperten aus dem NRW-Finanzministerium mit den Worten: „Wir haben erstmals eine Papierspur nach Singapur.“
NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wurde im WDR deutlich: „Wir wissen, dass die Schweizer Banken dazu tatkräftige Mithilfe leisten.“ Die in den Fokus gerückte Schweizer Großbank UBS wies Vorwürfe zurück, sie helfe Kunden bei der Steuerhinterziehung nach Singapur. Ein Sprecher: „Wir bieten unseren Kunden in diesem Geschäft keine Steuerberatung an.“
Videos mit Hinterziehungs-Tipps
Steuerfahnder sehen jetzt Chancen, auch Steuersünder aufzuspüren, die Schwarzgeld von der Schweiz in eine asiatische Steueroase verschoben haben. So finden sich laut FTD auf der CD Videos, auf denen UBS-Mitarbeiter Anleitungen geben, wie Kunden Geld vor dem Fiskus verstecken können.
Neun Millionen Euro soll das Land NRW für die letzten vier CDs mit Daten zu Schwarzgeldkonten in der Schweiz gezahlt haben. Ein winziger Bruchteil jener 150 Milliarden Euro an Schwarzgeld, die deutsche Steuersünder nach Schätzungen der Steuergewerkschaft illegal auf Konten in der Schweiz lagern.
Hinweise auf Aushebelung des Steuerabkommens
Walter-Borjans warf Schweizer Banken vor, Strategien zur Aushebelung des vereinbarten Steuerabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz zu entwickeln. Der NRW-Finanzminister bestätigte im ZDF-Morgenmagazin, es gebe Hinweise darauf, dass „in großem Stil“ über Wege zur Verschiebung des Schwarzgeldes in Steueroasen nachgedacht werde. Nun werde ermittelt gegen Banken und Mitarbeiter, die systematisch Produkte zur Steuerflucht entwickelt haben sollen.
Das Steuerabkommen mit der Schweiz lehnt er ab, es würde erlauben, dass bis Ende Dezember „alle dort geparkten Gelder noch in andere Länder oder auf andere Arten von Anlagen verschoben werden können“. Nach seiner Rechnung brachten Daten-CDs Bund und Ländern bisher 300 Millionen Euro Steuern ein. Trotzdem lehnt das Bundesfinanzministerium die Aufkäufe als „rechtlich fragwürdig“ ab und will sich nicht mehr daran beteiligen.
Manfred Lehmann, NRW-Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, plädiert dagegen für einen weiteren Ankauf von Dateien, „um Steuersündern auf die Schliche zu kommen“. Aus Furcht vor harten Strafverfahren hatten sich bisher rund 6500 Steuersünder selbst angezeigt – und gezahlt.
Die Steueroase in Südostasien
Andere könnten auf Geldtransfers nach Singapur setzen. Wer dort mit mehr als 30 000 US-Dollar Bargeld in der Tasche einreist, muss nur einen Fragebogen ausfüllen, auf dem es beruhigend heißt: „Es handelt sich nicht um Devisenkontrolle. Wir wollen verhindern, dass Terror- oder Drogengelder ins Land kommen.“ Der Hinweis verhindert, dass internationale Fahnder dem Finanzgebaren der Banker in Südostasien genau auf die Finger schauen. Der Vier-Millionen-Stadtstaat gilt seit vielen Jahren als eins der wichtigsten Verstecke für Gelder aus aller Welt.
Dass Singapur zu einer führenden Adresse für Steuerflüchtlinge wurde, liegt auch an seinem strengen Steuergeheimnis. Wer redet, riskiert mehrere Jahre Haft und rund 100 000 US-Dollar Geldstrafe. Günstige Steuersätze – nur vor Ort erwirtschaftete Profite sind gegenüber der lokalen Behörde zu erklären – machen Singapur zusätzlich attraktiv. Hier liegt auch ein Teil jener 32 Trillionen US-Dollar, die „ehrliche Superreiche“ nach Angaben des „Tax Justice Network“ weltweit in Offshore-Konten verstecken – inclusive der 280 Milliarden US-Dollar, die als Steuern abzuführen wären.