Moskau. . Zyprische Politiker verhandeln über Finanzhilfen von den Russen. Sie bieten Gas-Förderrechte oder Aufsichtsratsposten in den Banken. Denn die Russen haben Milliarden auf der Insel geparkt. Doch sie lassen die Zyprer zappeln.
„Klein-Moskau“ nennen die Menschen in Limassol auf Zypern ihre Stadt – wegen der zahlreichen Geschäftsleute aus Russland, die hier residieren. Dort, im Süden Zyperns, haben die Holdings russischer Oligarchen ihren Sitz. Nachdem das zyprische Parlament in der Hauptstadt Nikosia den Rettungsplan der Europäer abgeschmettert hat, blickt die zyprische Regierung hoffend und hilfesuchend dorthin, woher in den vergangenen Jahren ungezählte Milliarden auf Bankkonten der Mittelmeerinsel geflossen sind: nach Russland.
Die Regierung eines Euro- und EU-Landes bittet händeringend in Moskau um Rettung vor der Staatspleite – für die Regierenden in Moskau dürfte es weitaus unangenehmere Situationen geben.
Handfeste Interessen der Russen
Die Russen hätten in der Tat ein handfestes Interesse daran, Zypern zu stützen. Zahlreiche steinreiche russische Geschäftsleute haben Milliarden auf Banken des Inselstaates deponiert oder benutzen Zypern als Drehscheibe für ihre Geschäfte. Nach Schätzungen der amerikanischen Rating-Agentur Moody’s haben zudem russische Banken zwölf Milliarden Dollar auf zyprischen Konten gelagert. Und laut Schätzungen bunkern die Russen dort privat weitere acht bis 35 Milliarden Euro.
Ein Großteil dieses Geldes soll allerdings „schmutzig“ sein, nach einem Bericht des Bundesnachrichtendienstes waschen russische Unternehmer auf Zypern massiv Geld. Dafür spricht auch der Rückfluss von über 20 Milliarden Euro, mit denen der Zwergstaat im Jahr 2011 Hauptinvestor in Russland wurde.
Würde die von der EU geforderte Zwangsabgabe von 9,9 Prozent für die Inhaber von zyprischen Konten mit mehr als 100 000 Euro doch noch beschlossen, gingen Russland insgesamt bis zu 7,5 Milliarden Dollar verloren. Außerdem hat sich auf Zypern neben der privaten Promswjas-Bank vor allem die staatliche Großbank WTB engagiert, die als Lieblingsgeldinstitut Wladimir Putins gilt.
Der zyprische Finanzminister Michaelis Sarris flog gestern nach Moskau, um über Hilfen Russlands zu verhandeln. Sarris und seine Delegation waren nicht nur gekommen, um Moskau zu überreden, einen 2,5-Milliarden-Kredit neu zu strukturieren, sondern um Russland als Großinvestor zu gewinnen. „Eine Reise der Hoffnung“, wie die Zeitung Wedomosti schrieb.
Anteile am Gasgeschäft im Angebot
Nach Aussagen von Kremlbeamten boten die Zyprer konkrete Aktiva feil, darunter Förderrechte für Gasvorkommen vor ihrer Küste. Das Wall Street Journal berichtete unter Berufung auf zyprische Delegationsmitglieder, Sarris wolle dem Kreml eine Zwangsabgabe von 20 bis 30 Prozent für russische Großkonten auf zypriotischen Banken schmackhaft machen. Dafür biete er im Gegenzug den Russen massive Aktienanteile an der staatlichen Gasgesellschaft Zyperns, außerdem die Aufsichtsratsmehrheit in allen zyprischen Banken mit russischer Kundschaft.
Die Gespräche mit russischen Regierungsvertretern traten aber zunächst auf der Stelle, heute soll weiter verhandelt werden. Erste Gespräche mit Finanzminister Anton Siluanow sowie Vize-Regierungschef Igor Schuwalow seien ergebnislos verlaufen. Die Russen lassen die Zyprer zappeln.
Die Staatsagentur Ria Nowosti meldete, Russland habe nun auch den zyprischen Präsidenten Nikos Anastasiades zu Gesprächen über die Krise nach Moskau eingeladen.
Mehr Kniefall vor dem ersehnten Retter geht nicht.
Zypern erhält Millionen-Kunstwerke zurück
Mitten in schweren Krisen kann es auch kleine erfreuliche Überraschungen geben. Zypern geht es derzeit so: Die Insel erhält knapp 200 Kunstgegenstände aus Deutschland zurück, darunter ein Bildnis des Apostels Thomas aus dem frühen Byzanz. Ihr Wert wird auf 30 Millionen Euro geschätzt.
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Das Münchener Oberlandesgericht hat in dieser Woche angeordnet, dass die Fresken und Ikonen – meist sind es religiöse Motive – ins Mittelmeerland zurücktransportiert werden müssen. In den letzten 15 Jahren haben sie in der Asservatenkammer des bayerischen Landeskriminalamtes gelegen, das sie 1997 in der Münchener Wohnung des türkischen Kunsthändlers Aydin Dikmen sichergestellt hatte.
Beutekunst aus Bayern
Es handelt sich um Beutekunst. Die Gegenstände aus zyprischen Kirchen sind dort offenbar während der Wirren nach der Besetzung durch die Türkei 1974 abhanden gekommen. Das Land wurde damals geteilt. UN-Truppen sollten den Frieden stabilisieren. Es heißt, unter den Augen der Blauhelme hätten die Kunsträuber die Gotteshäuser geplündert.
Dem Urteil des Oberlandesgerichts ist ein jahrelanger Rechtsstreit vorausgegangen. Das Auswärtige Amt in Berlin hatte der Auslieferung wegen der ungeklärten Eigentumsverhältnisse nicht zugestimmt, und der türkische Kunsthändler kämpfte um die teuren Stücke. Er habe sie legal und teilweise auf Auktionen erworben, argumentierte er.
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