Berlin. . Nach dem Skandal um Pferdefleisch in Nahrungsmitteln haben die zuständigen Minister für Verbraucherschutz bei einem Krisentreffen intensivere DNA-Tests für Fertig-Produkte mit Fleisch beschlossen. Über härtere Strafen für Betrüger wurde geredet, die Verschärfung der Gesetze soll geprüft werden. SPD und Verbraucherschützer kritisieren die „folgenlose Ankündigungspolitik“.

Lasagne, Gulasch, Bolognese-Sauce: Der deutsche Einzelhandel hat bis gestern rund 20 Fertigmahl-Produkte mit nicht deklariertem Pferdefleisch zurückgezogen - doch das ganze Ausmaß des Verbraucherbetrugs mit Fleischgerichten wird wohl erst Ende April bekannt sein. Dann wollen Bund und Länder Ergebnisse eines Untersuchungsprogramm für Fleischprodukte vorlegen, das über die EU-weiten Verabredungen hinausgeht.

Das ist Kernpunkt eines „Nationalen Aktionsplans“, den Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern gestern bei einem Krisentreffen in Berlin beschlossen. Weitere Konsequenzen wie härtere Strafen für Lebensmittelbetrüger oder bessere Kontrollen sollen geprüft werden, beschlossen ist noch nichts.

Fazit der Ministerrunde: „Der Skandal ist noch lange nicht aufgeklärt“. Der Schaden sei noch nicht bekannt, „es geht um ein weit verzweigtes, betrügerisches System“. Allein über den jetzt bekannten Weg sind 360.000 Produkt-Packungen mit untergeschobenem Pferdefleisch nach Deutschland gelangt, berichtete zuvor die Verbraucherzentrale Niedersachsen.

Mehr DNA-Tests für Fleischprodukte

Konsequenz Nummer eins: Die DNA-Tests bei Fertiggerichten mit Fleisch wollen die Bundesländer bis Mitte nächster Woche beginnen. Gesucht wird auch EU-weit nach nicht deklariertem Pferdefleisch und Tierarznei-Rückständen in legal gehandeltem Pferdefleisch. Über die EU-Vorgaben hinaus werden die Bundesländer die Produkte auch auf andere versteckte Fleischzutaten untersuchen.

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Konsequenz Nummer zwei: Parallel versuchen Bund und Länder, die Verbraucher trotz unbefriedigender Rechtslage besser über die Produktmogeleien zu informieren – in Kürze auch bundesweit im Internet. In Nordrhein-Westfalen können Verbraucher bereits seit Montag auf einer Internet-Seite (rueckrufe.nrw.de) verfolgen, welche Fertiggerichte von Unternehmen mit Hauptsitz in NRW aus den Regalen genommen wurden.

Heimliche Rückrufaktionen

Die Aktion von Verbraucherminister Johannes Remmel (Grüne) ist eine Art Notwehr: Aufrufe des Ministers an den Handel, von sich aus eine Übersicht über die Produktrückrufe zu veröffentlichen, waren erfolglos geblieben. Allerdings sind Behörden bislang die Hände gebunden. Solange es sich allein um Täuschung und nicht um konkrete Gesundheitsgefährdung handelt, können sie über konkrete Kennzeichnungsverstöße erst informieren, wenn die Unternehmen selbst die Öffentlichkeit suchen.

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Remmel klagte, in den vergangenen Wochen hätten Händler und Lebensmittelunternehmen stille Rückrufaktionen von verdächtigen Produkten unternommen, ohne dabei in jedem Fall die Verbraucher zu informieren. „Das ist ein Unding“, sagte Remmel. Der Minister forderte eine schnelle Gesetzesänderung.

Mangelhafte Information der Verbraucher

Die mangelhafte Verbraucherinformation ist eine von mehreren überwiegend bekannten Schwachstellen, die Bund und Länder jetzt als Konsequenz Nummer drei möglicherweise schließen werden. Konkret geprüft wird eine Verschärfung des Verbraucherinformationsgesetzes; die Bundesministerin Ilse Aigner (CSU) lehnt das bisher trotz des Drängens der Opposition ab.

Vorbereitet werden außerdem härtere Strafen für Lebensmittel-Betrüger, wozu auch eine Abschöpfung der Gewinne gehören soll. Dies treffe kriminelle Unternehmen an der empfindlichen Stelle, meinte Remmel.

Kontrolle der Betriebskontrollen

„Täuschung darf sich nicht lohnen“, heißt es in dem Aktionsplan. Die Länder wollen zudem das Kontrollsystem, das sich auf Eigenuntersuchungen der Unternehmen stützt, auf den Prüfstand stellen.

Schließlich befürworten die Minister eine EU-weite Kennzeichnungspflicht auch für verarbeitete Lebensmittel, zumindest solche mit Fleischzutat – bislang muss die Herkunft nur bei rohem Rindfleisch angegeben werden, demnächst auch bei anderen Fleischsorten.

„Folgenlose Ankündigungspolitik“

Die Herkunftsangabe auch für bestimmte Bestandteile von Fertiggerichten würde gezielten Betrug zwar nicht verhindern, aber Kontrollen erleichtern; von der EU erwarten Bund und Länder jetzt Eckpunkte bis Ende des Jahres. Aigner hatte die erweiterte Kennzeichnungspflicht auf EU-Ebene bislang verhindert.

Aigners Politik sei verlogen, klagte deshalb die SPD. Die Verbraucherorganisation Foodwatch warf der Ministerin „folgenlose Ankündigungspolitik“ vor.