Berlin. . Der Skandal um Pferdefleisch in Lebensmitteln nimmt kein Ende. Supermärkte in Deutschland nehmen immer mehr Produkte aus den Regalen. Bundesverbraucherministerin Aigner stellt einen “Aktionsplan“ für eine bessere Kennzeichnung vor. Laut Medienbericht soll Pferd sogar in Döner gefunden worden sein.
Das Institut für Produktqualität ifp hat nach Medien-Auskunft in einem Döner Pferdefleisch entdeckt. Das RTL-Magazin "EXTRA" hatte nach eigenen Angaben von ifp in 20 Imbiss-Läden in Leipzig und Berlin Döner-Stichproben untersuchen lassen. In einer Probe sei ein Anteil von knapp einem Prozent Pferdefleisch entdeckt worden, teilte der Sender am Sonntag mit. Darüber hinaus hätten drei weitere Proben bis zu sieben Prozent Schweinefleisch enthalten, das Muslime nicht verzehren. Döner werden normalerweise mit Rind- oder Lammfleisch oder auch Puten- und Hühnerfleisch gemacht.
Angesichts der wachsenden Dimension des Pferdefleisch-Skandals will sich Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) für eine erweiterte Kennzeichnung von verarbeiteten Lebensmitteln einsetzen. Der Entwurf für einen Nationalen Aktionsplan, der am Sonntag bekannt wurde, sieht zudem zusätzliche Tests von Fleischproben vor. Über den Sieben-Punkte-Plan will Aigner am Montag mit den Verbraucherschutzministern der Bundesländer beraten.
Aigner sieht Vertrauen in Lebensmittelindustrie dauerhaft schwer beschädigt
"Der Betrugsfall nimmt immer größere Dimensionen an. Hier wurde offenbar mit großer krimineller Energie gehandelt", sagte Aigner der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Sie sieht durch den Pferdefleisch-Skandal das Image der Lebensmittelindustrie dauerhaft schwer beschädigt. "Es wird schwer sein, das verspielte Vertrauen zurückzugewinnen", schrieb die Ministerin in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag".
Aigner will sich für eine europaweite Herkunftskennzeichnung auch für verarbeitete Fleischprodukte stark machen. Ziel müsse es sein, noch in diesem Jahr über Eckpunkte einer erweiterten Kennzeichnung zu beraten, "die EU-weit eingeführt wird und verbindlich für alle Unternehmen" gelte, heißt es in dem Entwurf. Bislang muss die Herkunft der einzelnen Zutaten auf verarbeiteten Lebensmitteln nicht angegeben werden.
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Das EU-Programm zur Untersuchung von Fleischprodukten auf nicht deklariertes Pferdefleisch soll bis Ende März abgeschlossen sein. Zusätzlich will Aigner in Deutschland Fleischproben auch auf andere nicht gekennzeichnete Fleischzutaten untersuchen. Zudem soll auf einer zentralen Internetseite über alle zurückgerufenen Produkte informiert werden. In zahlreichen europäischen Ländern - auch in Deutschland - wurden in den vergangenen Tagen Spuren von Pferdefleisch in Fertiggerichten entdeckt, die eigentlich Rindfleisch enthalten sollten.
Pferdefleisch-Verdacht - Supermärkte nehmen immer mehr Produkte aus den Regalen
Während die Supermärkte in Deutschland immer mehr Produkte aus den Regalen nehmen, ist das ganze Ausmaß des Pferdefleisch-Skandals noch nicht absehbar. Medienberichten vom Wochenende zufolge könnten in den vergangenen Monaten weit mehr als 100 Tonnen verdächtige Hackfleischware nach Deutschland gelangt sein. Die Verbraucherminister von Bund und Ländern beraten am Montag in Berlin über Konsequenzen aus dem Skandal.
Nach einem Bericht des "Spiegel" wurden allein zwischen November 2012 und Ende Januar 2013 rund 144 Tonnen Hackfleischware aus einem verdächtigen Betrieb in Luxemburg nach Deutschland geliefert. Auf diesem Wege seien mindestens 359.722 Packungen Lasagne und Cannelloni nach Deutschland gelangt. In Luxemburg waren von einem französischen Tiefkühlhersteller falsch etikettierte Fertigprodukte hergestellt worden. Diese gingen an mindestens 28 Firmen in 13 europäischen Ländern.
In Deutschland hatten Edeka, Real, Rewe und Kaiser's Tengelmann sowie der Tiefkühl-Heimservice Eismann Lasagne-Produkte aus dem Handel genommen. Lidl stoppte den Verkauf von Rindfleisch-Tortelloni der Eigenmarke Combino, nachdem Kontrolleure in Österreich darin Anteile von Pferdefleisch gefunden hatten.
CDU-Innenpolitiker Bosbach sieht Einsatz von BKA in Pferdefleischskandal gefordert
Spuren von Pferde-DNA wurden auch in einem in Deutschland produzierten Dosengulasch nachgewiesen. Aldi Süd nahm den Rindergulasch wie auch Ravioli Bolognese aus dem Handel. Der Gulaschhersteller Dreistern-Konserven betonte, er habe das Fleisch bereits vorzerlegt gekauft. Rewe zog am Sonntag verdächtiges Chili con Carne und Spaghetti Bolognese aus dem Verkauf. Bei einer Stichprobe des RTL-Magazins "Extra" in 20 Döner-Imbissen in Leipzig und Berlin fanden sich in einem Fall geringe Anteile Pferdefleisch.
Die Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern wollen am Montag das weitere Vorgehen abstimmen. Neben den von der EU angestoßenen DNA-Tests bei Fertiggerichten mit Rindfleisch soll es in Deutschland zusätzliche Tests geben, wie Aigner der "FAS" sagte.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, mahnte mehr Transparenz für die Verbraucher an. Es sei "ein Skandal, dass die Behörden die Verbraucher nicht informieren dürfen, in welchen Produkten welcher Hersteller Pferdefleisch gefunden wurde", erklärte er am Sonntag.
Auch die Grünen forderten eine Mitteilungspflicht für die Lebensmittelbranche. Auch reine Täuschungsfälle müssten künftig gemeldet werden, sagte Fraktionschefin Renate Künast der "Passauer Neuen Presse" vom Samstag.
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach regte einen Einsatz des Bundeskriminalamts (BKA) im Pferdefleisch-Skandal an. "Sollte es auch deutsche Unternehmen geben, die in diesem Skandal kriminelle Aktivitäten entfaltet haben, muss wegen der internationalen Dimension das BKA die Ermittlungen übernehmen", sagte Bosbach dem "Focus". (dpa/afp)