Berlin/Düsseldorf. Annette Schavan muss um ihren Doktortitel bangen - und damit auch um ihre politische Zukunft. Am Dienstag eröffnete die Heinrich-Heine-Uni Düsseldorf wegen der Plagiatsvorwürfe ein Verfahren gegen die CDU-Politikerin. Wie es dazu kam und wie es jetzt weitergeht - Fragen und Antworten im Überblick.
Für Annette Schavan (CDU) geht es um alles: ihre Reputation als Wissenschaftlerin und ihre politische Zukunft. Nach Vorwürfen, sie habe in ihrer 32 Jahre alten Doktorarbeit Gedanken anderer Wissenschaftler nicht kenntlich gemacht (Plagiat), wird die Uni Düsseldorf nun offiziell ein Verfahren gegen die Bildungsministerin einleiten, um ihr den Doktortitel zu entziehen. Sollte es zur Aberkennung kommen, wäre sie wohl nicht mehr im Amt zu halten.
Wie ist die Affäre ins Rollen geraten?
Im Mai 2012 veröffentlicht ein anonymer Plagiatsjäger im Internet Vorwürfe gegen Schavan, sie habe 1980 in ihrer Doktorarbeit „Person und Gewissen“ im Fach Erziehungswissenschaften nicht sauber gearbeitet. Er findet auf 97 Seiten Passagen, wo die Ministerin nicht korrekt zitiert oder geistiges Eigentum verschleiert haben soll.
Wie geht es nun weiter?
Der Fakultätsrat der Universität Düsseldorf wird eine erste, vernichtende Bewertung des Promotionsausschusses sorgfältig prüfen, womöglich weitere Stellungnahmen einholen und dann über die Aberkennung des Titels entscheiden. Die nächste Sitzung des Gremiums ist für den 5. Februar angesetzt.
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Wie dürfte Schavan reagieren?
Mit einer Kurzschlussreaktion rechnet niemand in der Unions-Führung. Am Freitag will sich die 57-Jährige von ihrem Kreisverband als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl nominieren lassen. Sollte es zur Aberkennung des Titels kommen, wird Schavan dagegen wohl rechtliche Schritte einleiten. Dekan Bruno Bleckmann von der Uni Düsseldorf hat betont, dass Plagiate in einer Doktorarbeit „nicht verjähren“ und Schavan selbst bereits vom Promotionsausschuss persönlich angehört worden sei.
Wer könnte Schavan beerben, falls sie doch zurücktreten sollte?
Hier kommt es auf den Zeitpunkt an. Für eine kurze Zeit vor der Bundestagswahl im September könnte Merkel selber das Amt zusätzlich auf sich nehmen. Der normale Anwärter wäre Schavans bisheriger Parlamentarischer Staatssekretär Thomas Rachel, ein Parteifreund aus dem NRW-Verband. Es heißt in der Union allerdings, dass die baden-württembergische CDU Anspruch auf eine Nachfolge erheben würde. Spekuliert wird in Berlin auch über David McAllister. Merkel hat in der Vergangenheit einige Landespolitiker ihrem Schicksal überlassen – beim Wahlverlierer McAllister scheint sie bereit, eine Ausnahme zu machen. Ihm wird nachgesagt, dass es ihn in die Bundespolitik drängt.
Steht die Wissenschaft zu der Bildungsministerin?
Führende Köpfe stärken sie. Der Erziehungswissenschaftler Jürgen Oelkers von der Uni Zürich wertet Schavans Arbeit nicht als Plagiat, trotz vieler „Flüchtigkeitsfehler“. Ähnlich sieht das der ehemalige Präsident der Berliner Humboldt-Uni, Christoph Markschies. Andere Wissenschaftler kritisieren das als Parteinahme. Schavan müsse sich „in erster Linie selbst fragen, ob ihr Verbleib im Kabinett dem Amt der Bundesministerin für Bildung und Forschung wirklich gut tut", sagte Matthias Jaroch vom Deutschen Hochschulverband dieser Zeitung.
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Hat die Uni Düsseldorf die Dissertation korrekt geprüft?
Gegen die Hochschule steht der Vorwurf im Raum, nicht sauber gearbeitet zu haben. Sogar die Allianz der Wissenschaftsorganisationen, ein Verbund von Forschungseinrichtungen, hat sich mahnend zu Wort gemeldet und einen weiteren Gutachter gewünscht. Ein ungewöhnlicher Schritt. Die Uni Düsseldorf hat sich massiv gegen die Einmischungsversuche gewehrt. Sie hat auch einen Bericht in Auftrag gegeben, der ihr Vorgehen entlastet.
Könnte Schavan die Affäre auch unbeschadet überstehen?
Kaum. Selbst bei einem „Freispruch“ muss sich die 57-Jährige wohl den Vorwurf gefallen lassen, unsauber zitiert zu haben. Das ist nicht nur peinlich, weil Schavan als Ministerin ausgerechnet die Wissenschaft und Forschung vertritt. Es ist auch pikant, weil sie mit ihrer Kritik an Karl-Theodor zu Guttenbergs abgekupferter Doktorarbeit die Jagd auf den Verteidigungsminister erst richtig eröffnet hatte.