Düsseldorf/Brüssel. . Im Streit um die Doktorarbeit der Ministerin wächst der Druck auf die Uni Düsseldorf. Der Vorsitzende des Promotionsausschusses hat die Dissertation Schavans geprüft - das vertrauliche Ergebnis wurde öffentlich gemacht.
Im Fall Annette Schavan wächst der Druck auf die Universität Düsseldorf. Wie der „Spiegel“ berichtet, war zunächst gar nicht vorgesehen, dass der Vorsitzende des Promotionsausschusses der Philosophischen Fakultät, Stefan Rohrbacher, selbst die Dissertation der Bundesbildungsministerin auf mögliche Plagiate untersucht. Vielmehr habe der Ausschuss dafür plädiert, die Erziehungswissenschaftlerin und ehemalige Lehrstuhlinhaberin Christine Schwarzer mit der Begutachtung der Arbeit zu beauftragen. Schwarzer habe jedoch „aus persönlichen Gründen“ abgelehnt.
Rohrbacher hatte in einer 75-seitigen Analyse Schavan eine „leitende Täuschungsabsicht“ attestiert, was bereits vor einer ersten Beratung des Promotionsausschusses öffentlich geworden war. In Wissenschaftskreisen wird es als mindestens ungewöhnlich bezeichnet, dass der Vorsitzende eines Gremiums, das eine Empfehlung für die abschließende Entscheidung des Fakultätsrates über eine Aberkennung der Doktorwürde erarbeiten soll, eigenhändig die Erstbegutachtung vornehme.
Weitere Prüfung auf Plagiate soll fortgesetzt werden
Rohrbacher ist zudem als Professor für Judaistik nicht in Schavans Promotionsfach Pädagogik zu Hause. Ungewöhnlich sei auch, dass er bei seiner kleinteiligen Begutachtung im Stile der Plagiatsjäger im Internet vorgegangen sei. Gegen die Vorabveröffentlichung des vernichtenden Rohrbacher-Urteils ist die Uni Düsseldorf strafrechtlich vorgegangen. Die weitere Prüfung auf Plagiate soll dennoch fortgesetzt werden.
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Der Düsseldorfer Uni-Rektor Michael Piper hat die Kritik am Vorgehen seiner Hochschule zurückgewiesen: „Weil es um eine verdiente Ministerin geht, sind die Maßstäbe plötzlich andere. Das hat nichts mit wissenschaftlicher Aufklärung zu tun“, sagte Piper der Süddeutschen Zeitung. Nach der Plagiatsaffäre des früheren Bundesministers Karl-Theodor zu Guttenberg habe sich der akademische Betrieb eigens strengere Richtlinien gegeben. „Nun soll hinter diese Standards zurückgetreten werden“, kritisierte Piper.
Die FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin, der die Uni Heidelberg 2011 den Doktortitel entzogen hatte, sagte, es sei falsch, wenn Fälle wie der von Schavan „in der Öffentlichkeit mit Vorverurteilungen und ohne Kenntnis des Sachverhalts diskutiert werden. Ich habe großen Respekt davor, dass Frau Schavan um ihren Titel kämpft und nicht gleich zurücktritt.“
Koch-Mehrin spricht von Blockwart-Mentalität
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Koch-Mehrin, die bei der Europawahl 2009 FDP-Spitzenkandidatin war, kritisierte, dass Plagiatsvorwürfe anonym im Internet erhoben werden. „Es stört mich, dass im Schutz der Anonymität Beschuldigungen erhoben und Urteile gefällt werden“, sagt sie dem „Spiegel“. „Die Methoden in den einschlägigen Internetforen entspringen einer Blockwart-Mentalität.“ Das Internet dürfe den Rechtsstaat nicht untergraben: „Wo soll das hinführen – werden im Internet bald Plagiatsvorwürfe gegen den unfreundlichen Chef erhoben oder gegen den Nachbarn, weil er die Hecke nicht geschnitten hat?“
Koch-Mehrin kündigte an, bei der Wahl 2014 nicht erneut für das EU-Parlament zu kandidieren. „Ich werde dann nicht wieder antreten“, sagte die Ex-Vizepräsidentin des Parlaments.