Berlin. . Nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel stützt die Parteifreundin und Wissenschaftsministerin. Auch ein hochrangiger Forschungs-Experte sieht die Plagiatsvorwürfe gegen Annette Schavan eher skeptisch. Sie selbst will das geordnete Verfahren abwarten, bevor sie sich öffentlich äußert.
Die unter Plagiatsverdacht stehende Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) erhält Unterstützung von kompetenter Seite: „Die Vorwürfe gegen Annette Schavan sind in keiner Weise mit dem Fall zu Guttenberg vergleichbar“, sagte Ernst-Ludwig Winnacker, Ex-Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dieser Zeitung. Eine Täuschungsabsicht sei jedenfalls nicht eindeutig. „Es sind immer Ermessensfragen, wie man Sekundärlitertur zitiert“, so Winnacker.
Die Universität müsse das am Wochenende durchgesickerte Gutachten zurückziehen, ein neues in Auftrag geben und dafür sorgen, dass dieses dann nicht durchgestochen werde. „Die Ministerin hat wie alle Kandidaten ein Recht auf Vertraulichkeit“, so Winnacker.
Akademiker-Szene hält sich bedeckt
Winnacker ist allerdings einer der wenigen aus der Akademiker-Szene, die sich derzeit aus der Deckung trauen. Die großen deutschen Wissenschaftsorganisationen äußern sich zum Fall Schavan nicht. „Keine offizielle Stellungnahme“, heißt es bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Auch Horst Hippler, der Präsident der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz, will zunächst das endgültige Urteil der Uni Düsseldorf abwarten: „Kein Kommentar.“
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Anders sieht es im politischen Berlin aus. Die CDU gab Schavan Rückendeckung – und kritisierte die Hochschule Düsseldorf. „Die Uni Düsseldorf hat sich nicht mit Ruhm bekleckert“, heißt es aus der Unions-Fraktion.
Nur ein einziges Gutachten
Erstaunlich sei nicht allein, wie das streng vertrauliche Gutachten, das Schavan eine Täuschungsabsicht attestiert, „nach draußen“ habe kommen können. Verwunderlich sei vor allem, dass es offenbar nur ein einziges Gutachten gebe.
In anderen Fällen habe mehr Sorgfalt gewaltet. Als vor einiger Zeit ein Kollege, ein CDU-Parlamentarier, ebenfalls ins Visier der Plagiatjäger geraten sei, da habe die betroffene Uni keineswegs einen ihrer eigenen Professoren, sondern gleich drei externe Gutachter beauftragt, die die angezweifelte Dissertation durchleuchtet hätten. Übrigens mit dem Ergebnis, dass am Ende der Plagiatsverdacht vom Tisch war.
Die Opposition feixt
Einen Stoßseufzer entlockt das Missgeschick der Bildungsministerin dem Generalsekretär des Koalitionspartners FDP: Daran müsse man sich als Politiker wohl gewöhnen, stöhnte Patrick Döring, „dass auch hier die Einzelmeinung eines Gutachters öffentlich wird, bevor das Gesamtgremium getagt hat“. Der Promotionsausschuss der Universität wird sich dem Vernehmen nach frühestens am Mittwoch mit dem Gutachten befassen. „Wie in vielen anderen Fällen“ sei das „bemerkenswert“, urteilt Döring und setzt hinzu, er gehe davon aus, dass alle Vorwürfe aufgeklärt würden.
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Bloß nicht beeindrucken lassen. Bis auf weiteres ist das in Sachen Schavan die Verteidigungslinie der Koalition, während die Opposition feixt. „Eine Bildungsministerin, der die Aberkennung ihres Doktortitels droht, wäre eine schwere Belastung“, findet die Linkspartei. „Die Glaubwürdigkeit, die sie für eine gute Amtsführung braucht, hat sie schon verloren“, ätzt die Grüne Renate Künast.
Demonstrative Gelassenheit
Von all dem ungerührt gibt sich die Kanzlerin. Ihren Sprecher lässt sie Schavan als eine „hervorragende, sehr erfolgreiche Ministerin“ preisen, die „für Bildung und Forschung viel erreicht“ habe und ihr „volles Vertrauen“ genieße.
Die Betroffene selbst demonstriert Gelassenheit. Am Wochenende hatte sie sich empört: „Ich lasse mir das nicht bieten.“ Fünf Monate lang habe sie „eisern geschwiegen“, jetzt werde sie sich wehren.
Gestern sagte ihr Sprecher, Schavan wolle sich „an die Spielregeln halten“. Das Verfahren sei in den Händen der Universität. In dessen Verlauf werden „wir dann um eine Stellungnahme gebeten“. So lange will sich Schavan gedulden.