Berlin. . Stephan Weil, der künftige Ministerpräsident von Niedersachsen, ist im Rest der Republik weitgehend unbekannt. Die Unauffälligkeit ist bei dem 54-jährigen Sozialdemokraten Programm. Und sein Sieg belegt: Popularität nicht alles ist in der Politik.

Stephan Weil hat sich nie beirren lassen. Der 54-jährige Sozialdemokrat hat in den Umfragen Halt gefunden. Sie sahen Rot-Grün stets vorn und dabei blieb es bis zum Fotofinish gestern in Hannover. Weil hat sein Ziel erreicht: Er ist der designierte Ministerpräsident von Niedersachsen. „Damit sind wir auf dem absoluten Höhepunkt“, bejubelte Weil am späten Wahlabend den rot-grünen Sieg.

Für den Jogger ist es das Ende eines gewaltigen Marathons. Seit Januar 2011 tourte er durchs Land. Er hat schätzungsweise 40.000 Kilometer im Auto zurückgelegt, um den inneren Widerspruch seiner Kandidatur zu überwinden. Stephan Weil, der Oberbürgermeister von Hannover, war beides gleichzeitig: Favorit und großer Unbekannter, jedenfalls abseits der Landeshauptstadt.

Bundestagswahl 2013Die Kraftanstrengung zahlte sich aus, wie sein Triumph jetzt zeigt. Der Sieg belegt auch, dass Popularität nicht alles ist in der Politik, Weil wäre sonst chancenlos geblieben gegenüber dem CDU-Mann David McAllister mit seinem Amtsbonus. Es kommt auf das Gesamtpaket an, auf die Harmonie von Programm, Partei, Kandidat.

Kein Volkstribun

Ein Volkstribun ist der Jurist nicht. Der künftige Landesvater ist ein ruhiger, zurückhaltender, pragmatischer Politik. Typ: Der Sozialdemokrat von nebenan. Solidität ist sein Markenzeichen. Gefühlsausbrüche wie in der Stunde der Siegesgewissheit am späten Sonntagabend, sind ihm eigentlich fremd.

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Dem gebürtigen Hamburger stehen jetzt schwere Verhandlungen mit den deutlich erstarkten Grünen bevor. Zu vielen Infrastrukturprojekten wie der umstrittenen Küstenautobahn oder dem Thema Massentierhaltung – Niedersachsen ist ein starkes Agrarland –, müssen die Wunschkoalitionäre erstmal auf einen Nenner kommen. Im Bundesrat, wo SPD und Grüne nun ebenfalls die Mehrheit haben, wird Weil am Fonds Deutscher Einheit rütteln. Man könne Strukturschwäche nicht länger nach der Himmelsrichtung definieren, mahnt er. Das erfährt man gerade im Harz. Der Osten wird gesondert gefördert, der Westen nicht.

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Personalpolitisch wird er mit Doris Schröder-Köpf einen Akzent setzen. Die Ehefrau des Altkanzlers ist für den Posten der Integrationsbeauftragten einer künftigen rot-grünen Landesregierung gesetzt.

Eine der ersten Maßnahmen der Regierung Weil dürfte die Abschaffung der Studiengebühren sein. Das ist für ihn nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. „Das ist Wirtschaftsprüfung pur“, hat er dazu häufig im Wahlkampf gesagt.

Unter Beobachtung

Seine Ehefrau ist Rektorin der Universität Hannover; bei dem Thema steht er daheim unter verschärfter Beobachtung. Niedersachsen ist neben Bayern eines von zwei Bundesländern, in denen noch Studienbeiträge an den Universitäten erhoben werden.

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Als Regierungschef wird er nicht mehr so viel Zeit haben, um zu den Heimspielen von Hannover 96 zu gehen – und kann sich als Ministerpräsident auch nicht länger um die VIP-Tribüne drücken.