Stuttgart/Wilhelmshaven. . Die FDP ist angeschlagen. Beim Dreikönigstreffen bleibt Philipp Rösler äußerlich ungerührt von interner Kritik. Aber Niebel machte den Königsmörder und Rainer Brüderle steht schon bereit. Die Krise des liberalen Partners aber belastet auch die CDU vor der Niedersachsen-Wahl.

Beim Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart ist die tiefe Nervosität der Partei offen zutage getreten. Parteichef Philipp Rösler rief seine parteiinternen Kritiker zur Ordnung und warnte sie davor, die Chancen der FDP bei der Niedersachsen-Wahl zu gefährden. Mit Kritik an seiner Person „habe ich kein Problem“, sagte Rösler. Die Partei sei nun aber den FDP-Wahlkämpfern in Niedersachsen verpflichtet, die in zwei Wochen eine Wahl zu bestehen haben.

Entwicklungsminister Dirk Niebel nutzte seine Rede für eine General­abrechnung: „Es zerreißt mich innerlich, wenn ich den Zustand meiner ­Partei sehe.“ FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sprach der verunsicherten ­Partei Mut zu. „Wir müssen an uns selbst glauben, dann glauben wieder viele an uns“, sagte Brüderle in einer mit Ova­tionen bedachten Rede.

FDP-Chef Rösler kann einstecken

Einstecken, ja, das kann Philipp Rösler. Ob von einem Zwischenruf („Arschloch“) oder von der offenen Kampfansage seines Kabinetts­kollegen Dirk Niebel – der FDP-Chef lässt sich nicht aus dem ­Konzept bringen. Er redet auf dem traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart ungerührt über die ­„Flamme der Freiheit“ und erst am Ende – wie beiläufig – über die ­Führungskrise der Partei. Hat er die Ruhe weg, oder ist es schon Realitätsverweigerung?

SPD und Grüne haben ihn nach dem gestrigen Auftritt abgeschrieben. Das Drama ist: Viele Parteifreunde auch. „Es zerreißt mich ­innerlich, wenn ich den Zustand der FDP sehe“, ruft Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel auf der Kundgebung im Staatstheater aus. „So wie jetzt kann es mit der FDP nicht weitergehen“. Er fordert, den für Mai geplanten Parteitag vorzuziehen. „Wir müssen schnell unsere eigenen Entscheidungen treffen, und wir dürfen sie nicht vom ­Ausgang von Landtagswahlen ­abhängig machen“, sagte Niebel.

Rösler hatte mit der Niedersachsen-Wahl am 20. Januar anders­herum argumentiert: Sie sollte disziplinieren. Man sei den Freunden verpflichtet, die Wahlkampf machten. Überhaupt, 2013 stehe ein „Haltungswahlkampf“ bevor. Er frage sich, ob die FDP in den letzten Tagen und Wochen dafür alles getan habe. „Glaubwürdigkeit ist immer auch eine Frage des Stils, der Fairness, der Solidarität“. ­Worte eines verletzten Mannes.

Königsmörder Dirk Niebel

Niebel erzählt, hinter vorge­haltener Hand hätten viele in der FDP die „gleiche Meinung wie er“. Während der bullige Niebel den Königsmörder gibt, übernimmt es ­Fraktionschef Rainer Brüderle, die Partei wieder aufzurichten: „Wer sich klein macht, wird klein­gemacht.“ Die FDP sei es gewesen, die Joachim Gauck als Bundes­präsidenten durchgesetzt habe, ­erinnerte er. Den Parteichef stellt er sogar als einen Aktivposten dar, als „Wachstumsminister und Ent­lastungsminister“. Vielleicht muss Brüderle so reden. Offenbar soll er die Scherben aufsammeln und Rösler ablösen. Der Beifall für ihn fiel schon warmherziger aus als der für Rösler.

Offenbar wird nur noch der 20. Januar abgewartet, die Nieder­sachsen-Wahl. Sie wird politisch so aufgeladen wie 1998 die Wahl von Gerhard Schröder.

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Damals war sie sein Eignungstest als Kanzlerkandidat. Diesmal wird es eine Schicksalswahl für Schwarz-Gelb. Gewinnen FDP und CDU, würden sie der SPD und auch Peer Steinbrück eine Niederlage bescheren. Verlieren die bürgerlichen Parteien, wäre es ein böses Omen für die Bundestagswahl.

Fünf Prozent bei Bundestagswahl vor Augen

Deshalb leidet die CDU mit ­Rösler und auch mit den Liberalen im Land, wie sich am Vortag bei einer Klausur der Bundes-CDU in Wilhelmshaven gezeigt hatte. Der Koalitionspartner taucht in ihrer „Wilhelmshavener Erklärung“ zwar nicht einmal auf. Aber die meisten Christdemokraten waren sich sicher, dass die FDP den Sprung in den Landtag schaffen wird. In den Umfragen ist sie ­momentan bei vier Prozent.

„Die haben die fünf Prozent vor den Augen“, sagte der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Armin Laschet. „Wir müssen jetzt durchstarten, wir tun das“, verkündete Ministerpräsident ­David McAllister. Fast jeder CDU-Politiker, mit dem man sprach, ­erwar­tete, dass viele bürgerliche Wählen sich taktisch verhalten werden. Es gibt keine offene „Zweitstimmen-Kampagne“. So was wird vor Ort subtil geregelt.

Entsetzen in der CDU über FDP-Querelen

In der Merkel-Partei ist man entsetzt darüber, wie die FDP mit ihrem Chef und Wirtschaftsminister umgeht. Er soll noch vor dem 20. Januar den positiven Jahreswirtschaftsbericht verkünden.

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Die CDU ist hin- und herge­rissen. Zunächst einmal achtet sie darauf, nicht mit der FDP identi­fiziert zu werden. Eine Debatte über den Kündigungsschutz ließ man gar erst nicht aufkommen. Und über den Mindestlohn sagte Merkel, darüber müsse man mit der FDP noch „ein Wörtchen ­reden“. Angela Merkel will in der Sozialpolitik wenig Angriffsfläche zu.