Berlin. . Das traditionelle „Dreikönigstreffen“ der Liberalen lässt sich dramatisch an: Philipp Rösler muss die FDP mitreißen und zur Wahl in Niedersachsen die Wende einleiten. Und genau das ist das Problem - denn eigentlich wollen ihn die meisten liberalen Akteure loswerden
Dieser 6. Januar wird Philipp Rösler so oder so in Erinnerung bleiben. Wohl erstmals beim traditionellen Dreikönigstreffen der FDP wird ein amtierender Parteichef sich einem Rednerwettbewerb zu stellen haben. Ein „Sängerkrieg“, spötteln Liberale.
Bevor nämlich an diesem späten Vormittag im prunkvollen Stuttgarter Jugendstil-Theater Rösler ans Pult tritt, wird dort, abweichend von jeglicher Tradition, Fraktionschef Rainer Brüderle das Wort führen. Und dies auf besonderen Wunsch des gastgebenden baden-württembergischen Landesverbandes: „Wir wollen noch mal eine Rede hören wie auf dem Parteitag“, soll dessen Vorsitzende Birgit Homburger das ungewöhnliche Ansinnen im Bundesvorstand begründet haben.
Kratzen an der Fünf-Prozent-Marke
Beim Frankfurter FDP-Parteitag im April hatte Brüderle mit einem aufpeitschenden Vortrag die Delegierten förmlich in Ekstase versetzt. Trauen die Liberalen ihrem Vorsitzenden derlei nicht mehr zu? Trauen sie ihm noch etwas zu?
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Sonderlich ernst nehmen ihn die Platzhirsche der Partei jedenfalls nicht. Ende November hatte Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel erstmals den Gedanken geäußert, der Parteichef müsse im Bundestagswahlkampf nicht unbedingt auch Spitzenkandidat sein. „Die Debatte schadet der Partei und allen, die diese Debatte führen“, wies ihn Rösler daraufhin öffentlich zurecht. Was Niebel nicht hinderte, seine Idee einen Monat später nochmals unters Publikum zu bringen.
Der Vorsitzende - "ein netter Kerl"
Sind die Liberalen noch zu retten?, lautet wieder einmal die große Frage zum Jahreswechsel. Die Hoffnung vom vorigen Mai, die beiden überraschenden Wahlerfolge in Schleswig-Holstein und NRW könnten die Wende zum Besseren einleiten, hat sich jedenfalls nicht erfüllt. In Umfragen kratzt die FDP im Bund an der Fünf-Prozent-Marke. Wer ist schuld? „Der Vorsitzende ist das Aushängeschild“, heißt es. Ihm wird auch angelastet, jede Aussicht auf Besserung im vorigen Jahr „durch täppisches Gebaren demoliert“ zu haben. Etwa, als er nach dem FDP-Erfolg im Streit um die Nominierung des Bundespräsidenten die Kanzlerin mit einem Frosch verglich. Und dennoch der Stoßseufzer: „Die Partei tut sich unheimlich schwer, Rösler abzuservieren, weil er ein netter Kerl ist.“
Die Herausforderung wird sich gleichwohl stellen, schon bald. Zwei Wochen nach dem Dreikönigstreffen wird in Niedersachsen gewählt. Auftakt zum Bundestagswahljahr. Röslers eigener Landesverband. Er selbst hat die Latte denkbar hoch gelegt, indem er nicht allein den Wiedereinzug in den Landtag, sondern auch die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition als Wahlziel formulierte. Er stünde schon dann als Verlierer da, wenn die FDP es zwar ins Parlament, nicht aber in die Regierung schaffte. Und derzeit sieht es nach beidem nicht aus. Bei 3,5 Prozent wird Röslers Landesverband drei Wochen vor der Wahl gemessen.
Hoffen auf ein Wunder an der Leine
Nun ist es ja nicht ganz ausgeschlossen, dass es nach den Wundern an der Förde und am Rhein auch ein Wunder an der Leine gibt. Außer Rösler selbst mag daran freilich kaum ein Liberaler glauben. Schon werden Stimmen laut, die fordern, den für Anfang Mai geplanten Bundesparteitag vorzuverlegen. Sonst müsste nach Röslers Abgang die Partei womöglich vier Monate mit einem designierten Vorsitzenden leben. Wenn in dieser Zeit die Umfragewerte nicht in die Höhe gingen, wäre der Nachfolger bei seiner Wahl schon beschädigt. Noch indes gibt sich Rösler kampfentschlossen. In den letzten zehn Tagen des Wahlkampfes in Niedersachsen will die FDP das Land mit acht Großkundgebungen überziehen. Sechsmal wird Rösler selbst auftreten. „Die bauen darauf, dem Wähler in der Endkurve vor Augen zu führen, was er an Schwarz-Gelb hat“, lautet die Hoffnung.