Berlin. . Meinungsforscher Manfred Güllner, Chef des Forsa-Instituts, blickt auf seine Umfragezahlen und die politischen Trends des neuen Jahres. Demnach wäre das Schicksal von FDP-Chef Rösler besiegelt und bei der Bundestagswahl Peer Steinbrück ohne Chance gegen Angela Merkel.

Die Zeit ist reichlich lange her, dass Auguren die Zukunft aus dem Vogelflug zu lesen pflegten oder aus Eingeweiden. Ihre heutigen Kollegen konsultieren demoskopische Daten. Was also sagen die Zahlen? Was bringt das politische Jahr 2013? Manfred Güllner, Chef des Berliner Forsa-Instituts, meint immerhin zu wissen, was es nicht bringen wird, nämlich einen Bundeskanzler Peer Steinbrück. Jedenfalls sei dies „sehr unwahrscheinlich“. Gegen Angela Merkel ist, wie es derzeit aussieht, kein sozialdemokratisches Kraut gewachsen.

Nun ist die Bundestagswahl neun Monate entfernt. Viel näher, nämlich im Abstand von nur drei Wochen, liegt die Landtagswahl in Niedersachsen, das erste innenpolitische Großereignis des neuen Jahres. Da lassen sich Vorhersagen schon mit höherer Präzision treffen, und Güllner ist nahezu überzeugt: Der Christdemokrat David McAllister hat als Ministerpräsident keine Zukunft, weil ihm der Koalitionspartner zerbröselt. Die FDP wird es „sehr wahrscheinlich“ nicht in den Landtag schaffen.

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Damit wäre dann auch das Schicksal ihres ewig schwächelnden Bundeschefs Philipp Rösler besiegelt, und das Publikum dürfte sich auf einen mindestens tagelangen personellen Selbstfindungsprozess der Liberalen als das erste politische Drama nach dem Jahreswechsel freuen. Bereits zwei Wochen vor der Niedersachsen-Wahl wird beim traditionellen Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart ein ungewohntes Spektakel zu erleben sein. Da werden abweichend von der Tradition fünf Hauptredner auftreten, nämlich drei vom gastgebenden baden-württembergischen Landesverband sowie außer dem Bundesvorsitzenden noch der Fraktionschef im Bundestag, Rainer Brüderle. Ein ausdrücklicher Wunsch der Gastgeber, die von Rösler keine mitreißende Rede mehr erwarten.

Eine Bundestagswahl, zwei Landtagswahlen, das sind, soweit heute absehbar, die politischen Fixpunkte des neuen Jahres. Abgesehen von den Niedersachsen sind, und zwar Mitte September, auch die Bayern aufgerufen, über einen neuen Landtag zu entscheiden, und auch hier ist der Einsatz hoch. Jedenfalls für die CSU. Für die jahrzehntelang mit dem Nimbus einer Staatspartei verwöhnten Christsozialen geht es um die Frage, ob die Wähler ihnen die 2008 eingebüßte absolute Mehrheit wenigstens der Mandate wieder bescheren, sie also vom leidigen Bündnis mit der FDP erlösen. Gelänge dies, wofür nach derzeitigen Zahlen die Chancen gut stehen, Horst Seehofer sähe sich am Ziel aller Pirouetten und politischen Bocksprünge seiner Amtszeit.

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Als erstes internationales Großereignis des neuen Jahres in Berlin stehen am 22. Januar die Feierlichkeiten zum Jubiläum der deutsch-französischen Freundschaft im Kalender. Vor einem halben Jahrhundert haben Konrad Adenauer und Charles de Gaulle den Elysée-Vertrag unterzeichnet. Im Reichstagsgebäude versammeln sich die Parlamente beider Länder zu einer gemeinsamen Sitzung. Die deutsche Kanzlerin, der französische Präsident halten Ansprachen, in denen geflissentlich unerwähnt bleiben wird, dass es in der Beziehung neuerdings ernsthaft kriselt.

Es ist nicht das einzige runde Jubiläum. Die Sozialdemokraten blicken auf 150 Jahre Parteigeschichte zurück. Der Jahrestag fällt in den Mai; gefeiert wird passend zur heißen Wahlkampfphase im August am Brandenburger Tor. Wie es bis dahin um die Wirtschaftsdaten und vor allem die Befindlichkeit des Euro stehen wird, damit wären derzeit auch Auguren überfragt. Es ist freilich von politisch überragender Bedeutung.

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Von Miguel Sanches und Gregor Boldt

Fortsetzung der Koalition

Zum Jahreswechsel blicken Ökonomen und Unternehmen mit gedämpfter Euphorie in die Zukunft, und was den Euro betrifft: „Die Schuldenkrise ist nicht gelöst“, warnen Experten. „Es kann jederzeit zu einer erneuten Eskalation kommen.“ Dabei ist die Krise der Hauptgrund dafür, dass sich Merkel nach derzeitigem Erkenntnisstand um ihre Kanzlerschaft keine Sorgen machen muss. Die Leute hätten den Eindruck: „Sie rackert sich ab und spannt Rettungsschirme für die Menschen auf“, sagt Güllner. „Deshalb braucht man Steinbrück nicht“, auch mit all seiner finanzpolitischen Kompetenz. Die heutige Kanzlerin ist also die künftige? Wahrscheinlich. Und die Koalition? „Recht unwahrscheinlich, aber nicht undenkbar“ nennt der Augur die Fortsetzung des schwarz-gelben Bündnisses.