Berlin. . Etwa sechs Millionen Waffen soll es in Deutschland geben, bislang haben die Behörden keinen genauen Überblick. Eine zentrale Datei soll dies nun ändern – eine Konsequenz aus dem Amoklauf von Winnenden vor drei Jahren.
Jedes Auto wird in Flensburg erfasst, wenn es gekauft, umgerüstet oder abgemeldet wird. Nur über Waffen haben die Behörden keinen genauen Überblick. Das soll sich ändern. Dreieinhalb Jahre nach dem Amoklauf von Winnenden zieht die Politik die letzte Konsequenz. Zum ersten Mal werden alle Waffen zentral registriert.
Bisher sind die Daten über 537 Behörden bundesweit verstreut. Das computergestützte Register wird beim Bundesverwaltungsamt in Köln aufgebaut und soll zum 1. Januar 2013 den Betrieb aufnehmen. Die Innenminister von Bund und Ländern geben am Montag den Startschuss.
In jedem Bundesland anders
Bisher werden private Waffen (also ohne Polizei und Armee) in jedem Bundesland anders registriert, hier bei der Polizei, dort beim Ordnungsamt, beim Landrat. Die Behörden sind nicht miteinander vernetzt. In 15 Fällen werden noch Karteikarten geführt. In den letzten zwei Jahren wurden die Daten nach einheitlichen Standards elektronisch erfasst. „Eine Kärrnerarbeit“, heißt es in Berlin im Innenministerium.
Dort ist man stolz darauf, dass alle Länder mitziehen und dass die Kosten im Rahmen bleiben. Der Aufbau der nationalen Plattform schlägt mit rund 1,5 Millionen Euro zu Buche. Legt man alle Ausgaben um, „kostet uns die Aktion pro Waffe 50 Cent“, heißt es im Ministerium. Zum Vergleich: Für gute Munition für ein Jagdgewehr bezahlt man einen Euro oder mehr – pro Patrone.
Informationen rund um die Uhr
An den Zuständigkeiten ändert sich nichts, die Waffen werden weiter vor Ort genehmigt. Entscheidend ist, dass Polizei, Geheimdienste, Zoll und Staatsanwaltschaft rund um die Uhr die Informationen abrufen können. Bisher musste man oft beim Hersteller anfragen, um den Weg einer Waffe bis zum letzten gemeldeten Besitzer zurückzuverfolgen.
Auch interessant
Rückte die Polizei nachts oder am Wochenende an, so konnte sie oft nicht vorher erfahren, ob in einem Haus ganz legal Waffen vermutet werden müssen. Bisher ist man auf Schätzungen angewiesen. Erst jetzt, nach dem Abgleich aller Daten, wird man die genaue Zahl der Waffen ermitteln können, es dürften rund sechs Millionen sein, vier Millionen weniger als vermutet. Die Zahl illegaler Waffen wird allerdings auf 20 Millionen geschätzt.
Deutschland Vorreiter
Das Register ist eine Vorgabe der EU. Nach dem Schock von Winnenden hat man in Berlin beschlossen, sie nicht erst 2014 zu erfüllen, sondern schon zwei Jahre früher als vorgeschrieben. Nach dem Amoklauf im März 2009 wurden die Vorschriften verschärft.
Unter anderem wurde die Altersgrenze für das Schießen mit großkalibrigen Waffen von 14 auf 18 Jahre erhöht. Sportschützen dürfen nur dann mehr als drei halbautomatische Langwaffen und zwei mehrschüssige Kurzwaffen besitzen, wenn sie regelmäßig an Schießsportwettkämpfen teilnehmen. Es wurden strengere Vorschriften für die Waffenschränke erlassen und verdachtsunabhängige Kontrollen erleichtert.
Auch interessant
Wenig Kontrollen
Doch die Kontrolldichte ist nicht groß. 2010 überprüften die Behörden bei Stichproben vier Prozent der Waffenbesitzer. Jäger und Sportschützen schnitten gut ab. Negativ fielen Erben und Altbesitzer auf, die oft die Vorschriften nicht kannten. Jäger und Schützen waren jedoch meist über die schärferen Waffengesetze informiert.