Essen. . Ein Biedermann ist er. Aber auch ein Einzelgänger und Sonderling. Und ein Waffennarr. 300 Schusswaffen hortete der 46-Jährige in seiner Wohnung in Bochold. Dafür verurteilte die VII. Strafkammer ihn am Dienstag zu zwei Jahren Haft mit Bewährung. Ein Warnschuss soll es sein.

Staatsanwältin Violette Klima hatte in dem Angeklagten eine „tickende Zeitbombe“ gesehen und vier Jahre Gefängnis gefordert. Das Gericht folgte aber dem Antrag von Verteidiger Timo Scharrmann und begründete das vergleichsweise milde Urteil von zwei Jahren auf Bewährung mit der Person des nicht vorbestraften Angeklagten. Richter Rudolf Fink: „Die Staatsanwältin wies auf die Gefährlichkeit hin. Wir haben bei diesem Angeklagten aber keinen Anhaltspunkt dafür gefunden.“

Nur durch einen Zufall kam die Polizei dem ungelernten Arbeiter, der seit dem Hauptschulabschluss ununterbrochen gearbeitet hat, auf die Spur. Der unverheiratete Mann, der seine an Demenz erkrankte Mutter pflegt, war am 18. August zur Arbeit. Nachbarn hatten die Frau schreien gehört und die Polizei alarmiert. Die Beamten gelangten in die Wohnung, halfen der Frau, die einen Schwächeanfall erlitten hatte, und machten gleichzeitig ganz große Augen. Überall in der Wohnung lagen Feuerwerkskörper, Chemikalien und Schusswaffen. Aus den 300 Kilo der Substanzen ließen sich hochexplosive Stoffe mischen. Auch die Waffen hatten es in sich: Zwei Panzergranaten, eine Kalaschnikow, Pistolen, Revolver, Repetierbüchsen.

Keine anderen Hobbys, keine Frau

Richter Fink garniert seine Frage nach der Motivation mit einem Wortspiel: Ob der Angeklagte keine anderen Hobbys hätte, für die er sein Geld verpulvern könne. Oder eine Frau. Der 46-Jährige verneint. Eine Frau gab es noch nicht in seinem Leben. Nur seine Mutter, um die er sich seit Jahren kümmert. Vielleicht sei er zu schüchtern, um Frauen anzusprechen. Fink fragt, ob der Angeklagte sich durch Pistolen mächtiger fühle. Aber auch das verneint dieser. Er wisse selbst nicht, warum er so viele Waffen besessen habe. Dann ergänzt er: „Vielleicht war es eine Leidenschaft, die mit mir durchgegangen ist.“ Nachbarn lobten ihn als freundlich und unauffällig. Sein Feuerwerk sei Sylvester immer besonders prächtig ausgefallen.

Intensiv hatte die Polizei geforscht, ob der 46-Jährige Kontakte zum kriminellen Milieu hat. Fehlanzeige. Schallplatten mit Hitlerreden sowie Ordenssammlungen aus der Nazizeit ließen an rechte Kontakte denken. Fehlanzeige.

Keine Spekulation

Das Gericht ließ sich nicht auf Spekulationen ein. Richter Fink im Urteil: „Von uns kommt keine Deutung der Motivation. Es mag Spleens geben, die nicht zu erklären sind.“ Er stimmte der Staatsanwältin zu, dass der Besitz der Waffen eine schwerwiegende Straftat sei. Der Angeklagte, der auf Waffen und Sprengstoff verzichtet hat, ist nach Einschätzung der Kammer aber ein eher harmloser Mann, der „seine Wohnung wie ein Messi mit Waffen zugemüllt hat, um etwas zu besitzen“.