Athen. . Mit einer knappen Mehrheit hat die Regierungskoaltion in Athen neuerliche Miliardeneinschnitte durchsetzen können. Kurz vor der entscheidenden Abstimmung war der Protest zehntausender Griechen gegen den Sparkurs in Gewalt abgeglitten. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer gegen Demonstranten ein, die mit Steinen und Brandsätzen warfen.
Die griechische Regierung hat für ihr neues Sparpaket im Parlament nur eine knappe Mehrheit bekommen. Von der Dreiparteienkoalition, die 176 der 300 Abgeordneten im Parlament stellt, stimmten nur 153 dafür. 128 Parlamentarier stimmten dagegen. Die Steuererhöhungen, Rentenkürzungen und anderen schmerzhaften Einschnitte in die Einkommen der meisten Griechen sollen 13,5 Milliarden Euro einbringen.
Von der kleinsten Partei, der Demokratischen Linken, stimmte wie angekündigt niemand ihrer 16 Abgeordneten für das Sparpaket. Von den verbleibenden 160 Abgeordneten der Neuen Demokratie von Ministerpräsident Antonis Samaras und der sozialistischen PASOK stimmten sieben nicht dafür; sie wurden anschließend von ihren Fraktionen - einer von der ND und sechs PASOK-Abgeordnete - ausgeschlossen.
Ohne weitere Kürzungen drohte die Pleite
Das knappe Abstimmungsergebnis unterstreicht die schwierige Lage, in der die Regierung einerseits das Staatsdefizit mit weiteren Kürzungen reduzieren muss, um weiter am Tropf der Rettungskredite von EU und IWF zu bleiben. Ohne die Sparbeschlüsse wäre laut Samaras die bereits überfällige Kreditrate nicht geflossen und Griechenland am 16. November pleite gewesen.
Andererseits nimmt der Druck seitens der Bevölkerung gegen die schmerzhaften Einschnitte weiter zu. Bei Protesten gegen das neue Sparpaket ist es am Mittwoch in Athen zu Ausschreitungen gekommen. Mehr als 80.000 Menschen demonstrierten zunächst friedlich vor dem Parlament, wo die Abgeordneten über die Einsparungen im Umfang von 13,5 Milliarden Euro beraten und abstimmen wollten. Später warfen einige hundert Demonstranten Brandbomben und Steine auf Polizisten. Diese reagierten mit Tränengas und erstmals seit mehreren Jahren auch wieder mit dem Einsatz von Wasserwerfern.
Opposition wirft Regierung Erpressung vor
Für die griechische Regierung war es der schwerste Test seit ihrer Amtsübernahme im Juni. Der Ausschluss der Abweichler in den Reihen der drei Koalitionsparteien hat das noch junge Regierungsbündnis erheblich geschwächt. "Wir müssen für die Maßnahmen stimmen", erklärte der konservative Abgeordnete der Partei Neue Demokratie, Constantinos Tassoulas. "Das ist unsere Pflicht."
Oppositionsparteien warfen der Regierung dagegen vor, mit den geplanten Einschnitten die griechische Verfassung zu verletzen. Die mehrere hundert Seiten umfassende Vorlage sei außerdem zu komplex, um sie in nur einer Sitzung zu debattieren. "Das ist Erpressung", erklärte Zoi Constantopoulou von der Radikalen Linken.
Die Gewerkschaften protestierten mit einem 48-stündigen Generalstreik gegen die Sparmaßnahmen der Regierung. In der öffentlichen Verwaltung wurde nicht gearbeitet, in den Krankenhäusern wurden nur Notfälle behandelt, Schulen blieben geschlossen. Alle Fähren und auch die Zugverbindungen wurden bis einschließlich Donnerstag annulliert. In Athen gab es den Großteil des Tages keinen öffentlichen Nahverkehr. Die größte Gewerkschaft des Landes rief zudem für Sonntag zu einer Demonstration auf, dann soll über den Haushalt für das kommende Jahr abgestimmt werden. (dapd)